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Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
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verabredete ich mich mit ihr. Sie legte die Karten gleich auf den Tisch: Für sie sei das Leben sehr schwer geworden, seitdem ihr Mann mit dem Trinken aufgehört habe, weil sie nun nicht länger über ihn und ihr gemeinsames Leben bestimmen könne. Sie sprach über ihre Wut auf seine A. A.-Meetings und vor allem auf seinen Sponsor. Ein Wunder, dass sie noch immer mit ihm verheiratet sei, sogar glücklich verheiratet. Dabei habe ihr Al-Anon ungeheuer geholfen. Ich müsse sie unbedingt zu einem Meeting begleiten.
    Ich hörte nur mit einem Ohr hin. Ich glaubte noch immer, bei mir wäre alles in Ordnung und Robbie schulde mir einiges dafür, dass ich es all die Jahre bei ihm ausgehalten hatte. Ich fand, dass er jetzt erst einmal an mich denken sollte, statt dauernd zu irgendwelchen Meetings zu gehen. Ich hatte keine Ahnung, wie schwer es ihm fiel, trocken zu bleiben. Er wagte es nicht, mit mir darüber zu sprechen, weil ich ihm dann sofort gesagt hätte, wie er es anstellen müsse – ich, die ich wirklich nicht das Geringste über diese Krankheit wusste, mich aber trotzdem für eine Expertin hielt.
    Ungefähr zu dieser Zeit begann einer unserer Söhne, zu stehlen und in der Schule Schwierigkeiten zu machen. Robbie und ich gingen zusammen zum Elternabend, und dort kam irgendwann auch zur Sprache, dass er ein trockener Alkoholiker war und an A. A.-Meetings teilnahm. Nach Meinung der Schulpsychologin sollte sich unser Sohn unbedingt Alateen anschließen. Außerdem wollte sie wissen, ob ich Kontakt zu Al-Anon hatte. Ich fühlte mich in die Enge getrieben, aber diese Frau hatte viel Erfahrung mit Familien wie unserer und ging sehr behutsam mit mir um. Nach diesem Gespräch besuchten alle unsere Söhne Alateen-Meetings, nur ich hielt mich noch immer von Al-Anon fern. Ich bereitete alles für die Scheidung vor und zog mit den Kindern in eine andere Wohnung. Als es Zeit wurde, die Einzelheiten festzulegen, erklärten mir meine Söhne ganz ruhig, dass sie bei ihrem Vater leben wollten. Ich war am Ende. Nach meiner Trennung von Robbie hatte all meine Aufmerksamkeit nur meinen Söhnen gegolten, und dennoch zogen sie ihren Vater mir vor! Ich musste sie gehen lassen. Sie waren alt genug, um eigene Entscheidungen zu treffen. Und so blieb ich ganz allein zurück. Noch nie zuvor war ich allein mit mir selbst gewesen. Ich war voller Angst und depressiv und hysterisch, alles auf einmal.
    Nachdem ich ein paar Tage lang zu überhaupt nichts fähig gewesen war, rief ich die Frau von Robbies Sponsor an. Ich wollte ihrem Mann und A. A. die ganze Schuld für meinen Schmerz geben. Sie hörte mir lange zu, obwohl ich sie die ganze Zeit nur anschrie. Dann kam sie in meine Wohnung und blieb bei mir, während ich weinte und weinte. Am folgenden Tag nahm sie mich zu einem Al-Anon-Meeting mit, und ich hörte zu, obwohl ich eine furchtbare Wut und genauso viel Angst hatte. Ganz allmählich begann ich zu erkennen, wie krank ich war. Die nächsten drei Monate ging ich jeden Tag zu einem Meeting, und dann lange Zeit drei- bis viermal pro Woche.
    In diesen Meetings lernte ich tatsächlich, über Dinge zu lachen, die ich früher so ernst genommen hatte – beispielsweise über meine Versuche, andere zu ändern, zu erziehen, zu kontrollieren. Ich hörte aufmerksam zu, wenn in meiner Gruppe darüber gesprochen wurde, wie schwer es jedem einzelnen fiel, sich um sich selbst zu kümmern, statt sich völlig auf den Alkoholiker zu konzentrieren. Darin konnte ich mich wieder erkennen. Ich wusste überhaupt nicht, was ich brauchte, um mich selbst glücklich zu machen. Ich hatte immer geglaubt, alle anderen müssten sich ändern, damit ich glücklich sein konnte. In der Gruppe lernte ich Menschen kennen, die großartig zurechtkamen, selbst wenn ihre Partner noch immer tranken. Sie hatten gelernt, loszulassen und sich auf ihr eigenes Leben zu konzentrieren. Aber sie vermittelten mir auch, wie schwer es ihnen gefallen war, radikal damit aufzuhören, sich um alles und jeden zu kümmern und sich dem Alkoholiker gegenüber wie eine Mutter oder ein Vater zu verhalten. Einige Leute sprachen darüber, wie sie mit den Problemen des Alleinseins und dem Gefühl innerer Leere fertig geworden waren, und auch das half mir, meinen eigenen Weg zu finden. Ich musste damit aufhören, mir selbst leidzutun. Stattdessen lernte ich, Dankbarkeit für all das zu empfinden, was ich tatsächlich vom Leben bekam.
    Schon bald brauchte ich nicht mehr stundenlang zu weinen. Und da ich eine

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