Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wenn Frauen zu sehr lieben

Wenn Frauen zu sehr lieben

Titel: Wenn Frauen zu sehr lieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Norwood
Vom Netzwerk:
wäre gern mein Leben lang in der High School geblieben. Dort konnte ich Erfolge erzielen. Ich war «Homecoming Queen» [2] , stellvertretende Klassensprecherin und führte bei Paraden den Spielmannszug der Schule an. Robbie und ich wurden einmal sogar zum «Pärchen des Jahres» gekürt. Alles sah einfach gut aus.
    Dasselbe galt für mein Zuhause. Mein Vater war Vertreter und verdiente hervorragend. Wir hatten ein hübsches großes Haus mit Swimmingpool und so gut wie alles, was wir in materieller Hinsicht brauchten. Äußerlich fehlte es uns an nichts, nur innerlich, aber das bekam ja niemand zu sehen.
    Mein Vater war ständig unterwegs. Er genoss es, in Motels zu übernachten, Frauenbekanntschaften in Bars zu machen. Wann immer er zu Hause war, kam es zwischen ihm und meiner Mutter zu einem Riesenkrach, in dessen Verlauf sie, aber auch wir Kinder, uns anhören mussten, wie er sie mit all den Frauen verglich, deren – nähere – Bekanntschaft er gemacht hatte. Manchmal wurden aus diesen Streitereien sogar gewalttätige Auseinandersetzungen. In solchen Fällen versuchte mein Bruder, dazwischenzugehen, oder ich rief die Polizei an. Es waren schreckliche Szenen.
    Wenn er dann wieder unterwegs war, führte meine Mutter lange Gespräche mit meinem Bruder und mir. Sie fragte uns, ob sie ihn verlassen sollte. Weder mein Bruder noch ich wollten die Verantwortung für diese Entscheidung tragen, obwohl wir ihre ständigen Streitereien hassten. Wir antworteten ihr deshalb immer nur ausweichend. Sie verließ ihn jedoch nicht, weil sie zu große Angst vor dem Verlust seiner finanziellen Unterstützung hatte. Stattdessen ging sie immer häufiger zum Arzt und ließ sich Beruhigungsmittel verschreiben, um die ganzen Querelen durchhalten zu können. Es interessierte sie dann auch nicht mehr, was mein Vater tat: Sie ging einfach in ihr Zimmer, nahm ein, zwei Tabletten zusätzlich und blieb drin – bei geschlossener Tür. Wenn sie sich zurückzog, musste ich ziemlich viele ihrer Aufgaben übernehmen, aber das machte mir nicht allzu viel aus. Es war besser, als ihre Streitereien mitanzuhören.
    Als ich meinen späteren Ehemann kennenlernte, war ich beinahe eine Expertin im Übernehmen von Verantwortung für andere Leute.
    Wir lernten uns im Jahr vor dem Highschool-Abschluss kennen, und schon damals hatte er Probleme mit Alkohol. Sein Spitzname war «Burgie», weil er so viel «Burgermeister»-Bier trank. Aber darüber machte ich mir keine Sorgen. Ich war mir sicher, ich könnte mit jeder schlechten Angewohnheit von Robbie fertigwerden. Man hatte mir schon oft gesagt, ich sei sehr erwachsen für mein Alter, und daran glaubte ich auch.
    Robbie machte einen liebenswerten Eindruck auf mich, und ich fühlte mich sofort von ihm angezogen. Er hatte etwas von einem Cockerspaniel, etwas Sanftes, Flehentliches, und dabei riesengroße braune Augen. Wir verabredeten uns regelmäßig, nachdem ich seinen besten Freund hatte wissen lassen, dass ich mich für Robbie interessierte. Ich habe praktisch die ganze Sache eingefädelt, denn er wäre viel zu schüchtern gewesen, um den ersten Schritt zu wagen – das hatte ich ihm sofort angesehen. Von da an gingen wir jedenfalls miteinander. Gelegentlich hielt er eine unserer Verabredungen nicht ein, was ihm am nächsten Tag dann immer furchtbar leid tat; er entschuldigte sich damit, dass er zu viel getrunken, den Überblick verloren und dabei alles vergessen hätte. Daraufhin hielt ich ihm eine Standpauke, schimpfte ihn aus und vergab ihm schließlich. Er schien beinahe dankbar zu sein, dass er in mir jemanden hatte, der ihn immer wieder auf den «rechten Weg» zurückbrachte. Ich war ihm nicht nur Freundin, sondern auch Mutterersatz. Ich nähte seine Hosen um, erinnerte ihn an Geburtstage in seiner Familie und gab ihm Ratschläge, wenn es um seine schulischen und beruflichen Pläne ging. Robbies Eltern waren sehr nett; sie hatten sechs Kinder, und außerdem lebte der kranke Großvater bei ihnen. Der familiäre Druck setzte allen etwas zu, und ich gab Robbie daher mit größter Bereitwilligkeit die Aufmerksamkeit, die er zu Hause nicht bekommen konnte.
    Etwa zwei Jahre nach seinem Highschool-Abschluss sollte er zum Militär eingezogen werden. Damals war die Truppenstärke in Vietnam noch relativ gering, und die verheirateten Männer wurden vom Militär befreit. Ich wagte nicht, mir auszumalen, was Robbie in Vietnam passieren würde. Ich könnte jetzt behaupten, ich hätte Angst davor gehabt, er

Weitere Kostenlose Bücher