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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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Stadt würde gestreikt.
    Weil ich vor meinen endgültigen Gelübden nicht zu Hause gewesen war, wurde mir ein zweiwöchiger Besuch bei meiner Familie erlaubt, ehe ich mich in Bourke meldete. Ich hatte Mühe, mit den »neuen« öffentlichen Fernsprechern zurechtzukommen, schaffte es aber, Mama vom Bahnhof aus anzurufen. »Wer ist das denn, der mich Mama nennt?«, fragte sie verwirrt. Dann merkte sie, dass ich es war, und wurde sehr aufgeregt. Mama rief meine Schwester an, und gemeinsam holten sie mich vom Bahnhof in Picton ab. Judy war mittlerweile eine erwachsene Frau. Als ich damals mein Zuhause verlassen hatte, war sie erst zehn Jahre alt gewesen. Mama sah noch immer gleich aus. Ich fiel Mama und Judy um den Hals. Wir waren alle in Tränen aufgelöst. Ich konnte es kaum fassen, wieder zu Hause zu sein.
    Es war großartig, wieder mit der Familie zusammen zu sein, aber der Sari sorgte dafür, dass ich meine Rolle nicht vergaß. Ich musste »treu und brav« meine Gebete verrichten, die täglich etwa drei Stunden in Anspruch nahmen. Mit meinen kurz geschorenen Haaren konnte ich nicht einfach in Zivilkleidung schlüpfen, und in meinem charakteristischen Habit fiel ich in unserer ruhigen Stadt auf dem Land auf. Man bat mich, an unserer Grundschule und
an der katholischen Highschool einen Vortrag zu halten, und selbst in unserer Lokalzeitung erschien ein Artikel über mich. Ich erzählte Mama so gut wie gar nichts von meinen inneren Konflikten, weil wir mit Außenstehenden nicht über Privatangelegenheiten innerhalb der Gemeinschaft sprechen durften. Es war keine gute Planung, dass ich damals nach Hause kam, denn die Stadt hätte sonst vielleicht vergessen, dass ich Mutter Teresas Orden beigetreten war, und es wäre kein so großer Schock für sie gewesen, als ich letztendlich den Orden verließ.
    Mein zweiwöchiger Urlaub verging wie im Flug, und schon war ich mit Mama auf dem Weg nach Bourke. Als wir uns der staubigen Stadt näherten, die an den Ufern des Darling River errichtet worden war, hörte das Buschland unvermittelt auf. Zu fünft, zwei Inderinnen, zwei Australierinnen und eine Filipina, lebten wir in einem Fertighaus am Stadtrand in der Nähe des Aborigines-Reservats, einer Anhäufung von Blechhütten und Anbauten. Viele Aborigines waren in richtige Häuser gezogen, aber noch immer lebten mehrere Hundert Menschen im Reservat unter notdürftigen Bedingungen. Unser großes Haus war in zwei Bereiche unterteilt, den Bereich der Schwestern und einen für die Arbeit reservierten Raum. Schwester Patience, die mit mir im Noviziat gewesen war, war die Oberin, und sie freute sich sehr, mich zu sehen. Ich kannte auch die drei anderen Schwestern dort, da ich sie in Manila ausgebildet hatte. Die Einheimischen nannten unsere Straße den »Crystal Highway«, weil der Glasbruch von Bier und Weinfaschen sich in den Schmutz eingegraben hatte und den Glitzereffekt einer Edelsteinstraße hervorrief.

    Bourke war ein Kulturschock. Viele der Aborigines machten einen völlig verlorenen Eindruck, stritten und tranken ständig, und ihre Kinder wuchsen unter harten Bedingungen, aber völlig ohne jede Kontrolle auf. Schwester Patience war oft in Tränen aufgelöst und wusste sich keine Hilfe mehr. Nach den zwölf Jahren, die sie hier ihren Dienst versehen hatte, war keine Veränderung wahrnehmbar, aber die Kirche hatte den Leuten beigebracht, wie man Bingo spielte, eine Freizeitbeschäftigung, die wie das Kartenspiel viel Zeit in Anspruch nahm.
    Am Morgen kümmerte ich mich immer um neun ältere Männer, sowohl Aborigines als auch Weiße, die in einer großen Wellblechhütte untergebracht waren. Einige von ihnen waren Farmarbeiter gewesen und groß und drahtig und hatten O-Beine vom Reiten. Ich wusch ihre Wäsche, badete einige von ihnen, kochte und machte sauber. Ich besuchte auch Familien und machte Einkäufe. Einige der Frauen waren im Mädchenheim von Cootamundra aufgewachsen, nachdem man sie aufgrund der rassistischen Regierungspolitik von ihren Familien getrennt hatte. Viele sagten, sie seien zu Hause weder vernachlässigt noch missbraucht, sondern nur weggebracht worden, weil ihr Vater Weißer war.
    An den Nachmittagen kamen vierzig bis fünfzig junge Grundschüler zu uns, denen wir bei den Hausaufgaben halfen und mit ihnen Spiele machten. Darunter gab es ein paar harte Brocken, die die anderen Kinder schlugen und uns »verdammte Miststücke« nannten. Ein paar von unseren Kindern, vor allem Jungs, schnüffelten Klebstoff und

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