Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
waren bis jetzt doch alles für dich.«
»Es tut mir leid. Ich vermisse dich sehr. Schwester Regina meint, es sei so, als würde man sein Zuhause verlassen, um zu heiraten.«
»Wenn du verheiratet wärst, könnte ich immer noch mit dir sprechen und dich besuchen, wenn mir der Sinn danach steht.«
Es war mir gestattet, einmal im Monat nach Hause zu schreiben, wenn Mama nicht auf Besuch kam, ich durfte aber, außer an Weihnachten und Ostern, keiner meiner Freundinnen und auch nicht jemandem aus der erweiterten Familie schreiben. Es fiel mir schwer, plötzlich so wenig Kontakt zu meiner Familie und gar keinen zu meinen Freundinnen zu unterhalten.
Meine Freundinnen studierten an der Universität von Sydney oder an Instituten, wo sie eine Ausbildung als Krankenschwestern oder Lehrerinnen machten, und ich war neidisch auf das aufregende neue Leben, das sie führten. Einmal bekam ich ein Paket von meinen Freundinnen Rell und Bren mit Reis und Vitamintabletten. Ich war enttäuscht. Über eine Schokolade hätte ich mich mehr gefreut. Nach einer Weile stellten sie ihre Briefe ein, weil ich normalerweise nicht antworten konnte, und sei es auch nur, um ihnen mitzuteilen, dass Reis nun das Allerletzte war, was ich gebrauchen konnte!
Im ersten Jahr des Noviziats bekamen wir Unterricht, studierten, beteten und gingen nur zweimal in der Woche nach draußen, um zu arbeiten, an Sonntagen und Donnerstagen, wo wir die Professen an ihrem freien Tag entlasteten.
Während des zweiten Jahrs arbeiteten wir an den Vormittagen und hatten am Nachmittag Vorlesungen. Während des ersten Jahres gingen wir auch jeden Tag zur Saint Patrick’s Cathedral, um dort anstatt in unserer Kapelle in einem kleinen Alkoven hinter dem Hauptaltar unsere einstündige Anbetung zu verrichten. Dahinter stand die Idee, dass andere Leute sich uns anschlossen und somit die Kathedrale zu einem Ort des Gebets wurde und nicht nur ein gewaltiges Monument war, das man zwischenzeitlich auch für religiöse Zeremonien nutzte.
Eines Tages war ich an der Reihe, die Kohle im Räuchergefäß zu entzünden, dem Messingkessel, in dem die Priester Weihrauch verbrannten und während des Segens vor dem Heiligen Sakrament hin und her schwenkten. Unter den aufmerksamen Blicken der frommen Kirchgänger in ihren Bänken ging ich hinauf in den Altarraum und versuchte, das Räuchergefäß zu öffnen, doch es klemmte. Als ich fester daran zog, löste sich eine der Ketten und knallte als Messinghaufen auf den Marmorboden, der Schlag hallte in der ganzen Kathedrale nach. Ich befestigte die Kette und versuchte, die Kerze anzuzünden, aber diese ging zweimal aus. Als ich endlich die Kohle angezündet hatte, fing sie zu zischen und zu knistern an. Während ich das Priestergewand herrichtete und mir nichts sehnlicher wünschte, als den Blicken der Gemeinde zu entkommen, die ich belustigte, roch ich Rauch. Feuer! Mein Sari hatte Funken abbekommen und zu schwelen begonnen. Ich schlug mir auf die Brust und überallhin flogen glühende Stückchen meines Saris. Beschämt kehrte ich mit versengtem und löcherigem Sari zurück und kniete neben der Gemeinde nieder,
die mich immer noch schweigend beäugte. Mir standen längere Flickarbeiten bevor.
Auf der Schule hatte ich beim Nähen versagt und den Ärmel eines Kleides verkehrt herum eingenäht, aber nichtsdestotrotz bemühte ich mich, mich mit der Handnähmaschine des Klosters vertraut zu machen. Jedes Mal, wenn ich sie benutzte, hatte ich Mühe vorwärtszutreten, und es endete immer damit, dass der Faden sich in der Spule verknotete. Schwester Karina, ein Naturtalent an dieser Teufelsmaschine, half mir, die versengten Stellen meines Saris herauszuschneiden und Flicken aufzusetzen, aber vor Schwester Regina fand meine absolute Hilflosigkeit keine Gnade. »Du musst lernen, deinen Sari selbst zu flicken«, sagte sie, »vor allem, wenn du ihn so oft zerreißt.«
Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil, das Ende 1965 seinen Abschluss fand, kam es zu vielen Veränderungen in der katholischen Kirche, und religiöse Orden bemühten sich um Anpassung an die moderne Welt. Die Missionarinnen der Nächstenliebe veränderten sich kein bisschen.
Als Ostern vor der Tür stand, wollte Schwester Regina von uns Novizinnen, dass wir »wie richtige Nonnen« lernten, beim Hochamt zu singen. Weil ich keine Sängerin war, stand ich dieser Idee skeptisch gegenüber. Ein Dominikanerpriester, der uns Vorträge über Spiritualität hielt, bat eine der
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