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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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war nicht erlaubt. Alle Gespräche waren »öffentlich«, wir kommunizierten als Gruppe während der Mahlzeiten oder in den Pausen, nicht als Freunde oder Individuen. Wir waren Menschen, die nebeneinanderher lebten, die sich nah waren, aber sich nie wirklich begegneten. In unserem Bemühen um Sammlung gingen wir im Kloster aneinander vorbei, ohne uns zu grüßen oder Blicke zu wechseln.
    Unser regelmäßiger Unterrichtsplan wurde unterbrochen, als sowohl Schwester Regina als auch Schwester Felicity durch Votum der Professen Australiens auserkoren wurden, als Repräsentantinnen zum Generalkapitel, dem
Treffen in Kalkutta, zu gehen, das Mutter in der Ordensführung beriet. Sie würden über einen Monat weg sein, und so übernahmen in dieser Zeit einige andere Professen oder Priester, die zu Besuch kamen, den Unterricht, und unsere Hausaufgaben bestanden beispielsweise darin, essayartig die Geschichte unserer Berufung niederzuschreiben. Dies machten wir für uns und gaben sie dann Schwester Regina bei deren Rückkehr. Wir tauschten uns nicht darüber aus.
    Unser Jahr folgte dem Kirchenzyklus von Fasten, Alltag, Festen: Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Ostern und Pfingsten. Außerdem gab es noch Festtage, die für den Orden wichtig waren, wie den Festtag der Gemeinschaft, Inspiration Day, am 10. September zur Erinnerung an den Tag, als Mutter sich dazu berufen fühlte, die Gemeinschaft ins Leben zu rufen, und Mutters Festtag am 1. Oktober, dem Festtag der heiligen Therese von Lisieux. Im Leben der Missionarinnen der Nächstenliebe spielten Festtage eine wichtige Rolle. Typischerweise wurden sie mit einer Messe in der Kapelle begangen, dann gab es anstatt der chapattis Toast, manchmal mit Eiern, zum Frühstück; beim Frühstück war es erlaubt zu sprechen, und am Abend wurde oft getanzt, gesungen, oder es wurden Theaterstücke aufgeführt.
    An Schwester Augustines Namenstag beispielsweise führten einige der Schwestern einen indischen Lichtertanz auf. Singend und begleitet vom Klang der Fesselglöckchen betraten sie das abgedunkelte Refektorium. Die Schwestern bewegten sich anmutig mit brennenden Kerzen in beiden Händen. Anschließend wurde ein Stück aufgeführt,
das ich zur biblischen Gestalt des Hiob geschrieben hatte. Menschen und Tiere starben, weil Gott zuließ, dass Hiobs Glaube aufgrund einer Wette zwischen Gott und dem Teufel auf die Probe gestellt wurde. Wie im Unterricht auf der Highschool war ich eine der Fragenden, die sich mit Gottes poetischer Erklärung, dass wir nicht das Recht zu fragen hatten, nicht zufriedengeben wollte.
    »Wo warst du, als ich die Erde gründete?«
    »Wer mit dem Allmächtigen rechtet, kann der ihm
    etwas vorschreiben? Wer Gott zurechtweist, der
    antworte!«
    (Hiob 38,4; 40,2)
     
     
    Die vorbildliche Missionarin der Nächstenliebe war keine Fragende. Sie war unterwürfig, gehorsam und vertrauensselig. Sie gab sich den Anschein der Fröhlichkeit - und rückhaltlos ihr Leben hin.
    Ich hatte noch einen langen Weg vor mir.

3
    Missionarin der Nächstenliebe
    Wir Novizinnen hatten viel über die Gemeinschaft zu lernen. Binnen zwei Jahren würden wir unsere vier Gelübde der Armut, der Keuschheit, des Gehorsams und des Dienstes an den Ärmsten der Armen aus ganzem Herzen und ohne Gegenleistung ablegen.
    Als Mutter den Orden 1948 gründete, hatte sie eine Satzung verfasst, welche die Ziele und Regeln der Gemeinschaft festlegte, dazu gab es außerdem einen detaillierten Kommentar. Nachdem sie diese Satzung zur Billigung nach Rom geschickt hatte, genehmigte der Vatikan ihre Institution als neuen religiösen Orden am 7. Oktober 1950, dem Gründungstag der Gemeinschaft.
    Wir schrieben die Regeln und ihre Erläuterungen in unsere Notizbücher und lernten Passagen daraus auswendig. Später schrieb Mutter in Zusammenarbeit mit einer Gruppe älterer Schwestern die Satzung um, um sie dem Geist des Zweiten Vatikanischen Konzils anzugleichen; diese Satzung wurde von den Delegierten der Schwestern auf einem Kapitel oder Vollversammlung der Schwestern gebilligt. Das Dokument war nun länger und detaillierter, aber das Leben, das es beschrieb und regulierte, blieb dasselbe.
    Einige Themen tauchten in Mutters Lehren immer wieder
auf. Oftmals sagte sie, das Ziel ihrer Kongregation sei es, »den unendlichen Durst von Jesus am Kreuz nach der Liebe der Seelen zu löschen«. Ich hatte das Ziel der Gemeinschaft immer viel pragmatischer gesehen: das Leid zu mildern, die Hungrigen zu füttern und den Durstigen

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