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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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Wunden zu versorgen, und weil er aufgrund seiner Schmerzen ungehalten und nur schwer zufriedenzustellen war.
    Ein anderer Patient, Mang Frederico, verlor so viel dickes, dunkles Blut aus seinem Rektum, dass mir unbegreiflich war, wie er überhaupt noch leben konnte. Ein Krebsgeschwür wie Blumenkohl fraß sein Gesicht, Mund und Kehle auf. Die Magensonde, die wir ihm angelegt hatten, um ihm flüssige Nahrung zuzuführen, riss er heraus, wurde daraufhin aber sehr durstig, also tröpfelten wir ihm Milch in den Mund, damit er nicht austrocknete und etwas Nahrhaftes erhielt.
    Jeden Tag bekamen wir Neuzugänge, und die Zahl der Patienten wuchs auf über sechzig an. Es wurden weitere Schwestern zum Helfen abberufen, und alle drei Stationen wurden geöffnet. Ein Priester lieferte eine Frau ein, die an einem Krebsgeschwür litt, das sich in ihren Schädel fraß. Ihr Haar war voller Läuse, und in ihren Beinwunden lebten Maden. Wir duschten sie und machten es ihr angenehm, sie blieb bei uns, bis sie starb.

    Manchmal machten unsere Patienten auch Schwierigkeiten. Eine Frau mit Tuberkulose und einer kranken Leber war wechselweise in sich gekehrt, dann aber wieder in ihrem Delirium gewalttätig und misshandelte sowohl die Schwestern als auch die anderen Patienten; sie weigerte sich zu essen und warf sich auf den Boden. Wir brachten sie in ein Krankenhaus in der Hoffnung, die Ärzte dort könnten ihr helfen, weil wir sie in unserer offenen Abteilung nur schwer kontrollieren konnten. Als wir jedoch einige Tage später wieder zu ihr gingen, um sie zu besuchen, sah sie viel schlimmer aus - ihre Lippen waren gesprungen, und keiner hatte sie gebadet oder sie auf die Toilette gebracht, sodass sie nun in ihrem eigenen Kot saß. Das Personal hatte sie so fest am Bett festgebunden, dass ihre Hand geschwollen war. Als sie mich sah, versuchte sie, von der Liege zu springen und schrie: »Schwester Toobig! Schwester Toobig!« Auf den Philippinen wurde mein Name, Tobit, oft mit toobig, dem Tagalog-Wort für Wasser verwechselt. Wir nahmen sie wieder mit zu uns, gaben ihr ein wenig Milch, da man sie auch nicht gefüttert hatte, und nach ein paar Tagen starb sie friedlich.
    Ich freundete mich mit Felicitas an, einer hageren Frau mit Tuberkulose, die schon lange Zeit im Tahanan lebte. Ihr Ehemann Reynaldo hatte auch TB. Nach einer besorgniserregenden Schwangerschaft gebar sie ein kleines Mädchen, das sie nach mir »Obit« nannte. Es tat mir leid für das Kind, einen solchen Namen sein ganzes Leben tragen zu müssen. Mama und mein Bruder Rodney unterstützten Felicitas, Reynaldo und ihre Familie, indem sie sich an ihrer Miete und der kostspieligen Behandlung ihrer resistenten
TB beteiligten. Auf den Philippinen hatten wir keinen Mangel an Menschen, denen wir im Sinne unserer Gelübde dienen konnten.
    Jeden Tag zur Mittagszeit kamen unterernährte Kinder aus der Umgebung zum Mittagessen zu uns. Wir kochten draußen auf Holzfeuern, weil es zu kompliziert war, das Essen für die Patienten und achtzig Kinder auf den zwei kleinen Gaskochern zuzubereiten, die wir in der Tahananküche hatten. Sie bekamen ihre Mahlzeit in einem schattigen Bereich hinter dem Tahanan oder, wenn es feucht war, auf der Veranda. Wenn eins dieser Kinder beängstigend unterernährt war oder Verdacht auf TB bestand, sprachen wir mit den Eltern und brachten sie dann zur Behandlung ins Kinderheim nach Binondo, das etwas zwanzig Minuten entfernt war. Viele waren ganz schlimm von Fadenwürmern befallen, die sie in großen Bällen ausschieden.
    Nachdem ich schon eine Weile im Tahanan gearbeitet hatte, sah ich Möglichkeiten, die Bedingungen dort zu verbessern. So hätte ich beispielsweise die Patienten gern mit Moskitonetzen versorgt und ihre Ernährung von dem üblichen getrockneten Fisch mit Reis auf mehr Gemüse und Fleisch umgestellt. Schwester Aloysius meinte, sie wären an solche Nahrung nicht gewöhnt, aber ich glaubte fest daran, dass ihre karge Ernährung sie schwächte. Verarmt und unterernährt hatten sie keine Widerstandskräfte gegen Krankheiten, und ich wusste, dass sie sich bei besserer Ernährung viel schneller erholen würden. Nach und nach war es mir möglich, kleine Veränderungen zu bewirken. Wir verfügten durch Spenden über genug Geld, um den Komfort für die Kranken zu verbessern, aber die Vorgesetzten schienen
selbst vor den kleinsten Veränderungen Angst zu haben und erstickten noch den winzigsten Funken Eigeninitiative. Nach einigen Monaten vereinbarte die

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