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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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Missionaren der Nächstenliebe hatte den Titigahkomplex aus dem Nichts aufgebaut. Die Leprakranken und er hatten einen langen Streifen Land gesäubert, der neben Eisenbahnschienen verlief und von den Passagieren früher als »Toilette« benutzt worden war. Sie eigneten sich das Land als ihres an und errichteten einen Zaun aus Bambus und Stacheldraht darum herum. Verantwortliche der Bahngesellschaft kamen, um den Zaun einzureißen, aber der Bruder erklärte ihnen, dass die Leprakranken den Bahnsteig besetzen würden, wenn man ihnen ihren Zufluchtsort nahm. Schließlich gaben die Behörden nach und gestatteten ihnen, das Gelände beidseits der Gleise zu behalten, wo sie Werkstätten errichteten und Webstühle aufstellten, die von den Männern geschickt bedient wurden, während ihre Frauen das Garn auf die Spulen wickelten. Trotz der Entstellungen an ihren Händen arbeiteten sie mit Geschick und webten Tausende weiß-blauer MN-Saris. Viele Leprakranke hatten entstellte Gesichter oder Finger, Hände, Füße und Gliedmaßen verloren. Sie fertigten Schuhe aus alten Autoreifen, um ihre Füße zu schützen, weil ihre Nerven dort abgestorben waren. Ein Fischteich, Gärten und Schweine und Hühner versorgten sie mit Nahrungsmitteln, und sie bauten ihre eigenen Möbel in der Schreinerei. Stationen mit den Kranken befanden sich auf der anderen Seite der Bahngleise, die dort von früheren Patienten gepflegt, verbunden und physiotherapeutisch versorgt wurden.
    Meine Post von zuhause erreichte mich oft nicht. Wir vermuteten, dass Leute im Postamt die für Mutter Teresas
Schwestern bestimmten Briefe öffneten, um nachzusehen, ob sie Geld enthielten. War dies nicht der Fall, lösten sie die Marken ab, um sie zu verkaufen, und vernichteten dann den Brief. Im Voraus bezahlte Luftpostbriefe in beide Richtungen waren sicherer, aber manchmal bekam meine Familie auch diese nicht. Ohne mein Wissen erlitt mein Bruder Tony, der Oberfähnrich zur See der australischen Marine war, bei einem Unfall im U-Boot eine Kohlenmonoxidvergiftung, und Mama musste sich einer Operation im Canberra Hospital unterziehen. Ich erhielt einen mit roter Tinte geschriebenen und nur aus vier Zeilen bestehenden Brief, auf dem sie mir mit krakeliger Schrift mitteilte, dass es ihr gut gehe. Ich war weder beruhigt, was Tony noch was sie betraf, und hatte große Sorge, sie könne sterben, während ich so weit weg von zu Hause war.
    Ich schrieb ihr:
     
     
    »Um dir die Wahrheit zu sagen, ich habe hier einige Probleme, aber sie lassen sich nur schwer erklären. Es fällt schwer, ständig mit Leuten einer anderen Kultur zusammen zu sein, vor allem in einer derart großen Gruppe, da es oft zu Missverständnissen kommt. Gehorchen fällt mir zunehmend schwerer, zumal wenn andere Menschen davon betroffen sind und man mir sagt, wie ich sie zu behandeln habe, oder ich sehe, wie sie auf eine Weise behandelt werden, die ich nicht begreife. Dies war immer so. Ich habe eine Vorstellung davon, was Liebe und Dienst ist, aber meine Vorgesetzte hat eine andere. Im Ordensleben sind die Dinge oftmals verzerrt, und ein sauberes Regal oder der Nachmittagstee - Gemeinschaftsaufgaben - werden
für wichtiger als Menschen erachtet. Die Menschen hier leben und schlafen überall auf den Straßen und sehen manchmal völlig verzweifelt aus. Die Schwestern hier sind daran gewöhnt, und Respekt und Höflichkeit gegenüber den Armen sind nicht üblich. Diese werden nur den Oberen gezollt. Doch ich werde schon klarkommen. Ich berichtete dir nie von solchen Dingen, aber ich hatte immer damit zu kämpfen, selbst in Manila. Für jemanden von außen ist es schwer, das zu verstehen. Ich hätte nicht davon anfangen dürfen, zumal du krank bist, aber ich kann den Brief nicht zerreißen. Werde bald gesund.«
     
     
    Ständig versuchte ich zu verstehen, warum ich solche Probleme hatte, und schob es auf den Mangel an Kontinuität in der Arbeit. Wir lernten die armen Menschen gar nicht richtig kennen. Es geht unter die Haut, so viele Menschen ohne Obdach auf den Straßen zu sehen, so viele vernachlässigte kleine Kinder, und so hilflos zu sein. Und die Massen verzweifelter Menschen, die alle drängelten und versuchten, ihren Anteil zu bekommen, machten es nicht einfacher, jeder Person respektvoll zu dienen. Aber dennoch verstörte mich unsere Art des Umgangs mit den Menschen. Unsere Worte und unsere Taten standen im Widerspruch zueinander. Und diese Widersprüchlichkeit erschwerte mir den Gehorsam und den

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