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Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
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verzweifelten armen Menschen in der Masse war schwer, und die Schwestern schlugen und stießen sie manchmal. Doch Mutter lehrte: »Je unkenntlicher und deformierter das Bild Gottes in der Person ist, umso größer wird unser Glaube und unsere liebevolle Hingabe sein, das Gesicht Jesu darin zu erkennen und ihm liebevoll zu dienen.«
    Ich fand, wir könnten mit mehr Respekt auf sie eingehen, aber als ich mein Anliegen vorbrachte, wurde mir gesagt, ich solle nicht urteilen. Und deshalb stellte ich mir die Frage: War ich irregeleitet? Es quälte mich, wollte ich doch
meinen Traum vom Helfen verwirklichen, wachte aber in einem Albtraum auf, in dem ich am Handeln gehindert und für das Mitgefühl kritisiert wurde, das zu empfinden man mich doch lehrte. Ich hatte eine andere Einstellung als meine Vorgesetzten, wie man sich um die Armen kümmern sollte. Die Tatsache, dass ich eine Meinung hatte, war das tatsächliche Problem. Wann immer ich eine Vorgesetzte verärgerte, weil ich einem Kranken oder Armen half, schwieg mein Gewissen dazu.
    Schwester Naomi und ich waren von einer Mit-Tertianerin verpetzt worden, weil wir zu irgendeiner Gelegenheit gemeinsam gegangen waren. Die Informantin schien dies als Anzeichen einer »besonderen Freundschaft« verstanden zu haben, und dass wir einander gesucht hatten, weil wir aus demselben Land stammten. Ein paar Tage später beschuldigte mich die Vorgesetzte der Tertianerinnen, eine Nähmaschine kaputt gemacht zu haben, die ich gar nicht angefasst hatte. Ich wurde sehr wütend, obwohl es nur ein kleiner Vorfall war, und anstatt die Zurechtweisung schweigend hinzunehmen, brachen meine aufgestauten Frustrationen durch, und ich brauste auf: »Ich habe diese Maschine nicht angefasst. Wer hat behauptet, ich hätte es getan? Hier wird uns ständig Liebe gepredigt, aber wo ist die Liebe? Wenn eine Schwester einen der Armen schlägt, sagt man mir, ich dürfe sie nicht verurteilen, aber mich zu verurteilen, scheint richtig zu sein. Kommt jedes Mal jemand angerannt, um dir zu sagen, dass zwei Schwestern aus Kerala oder Bihar zusammen gehen? Aber wenn zwei Australierinnen gemeinsam zum Mutterhaus gehen, dann ist das schon eine Art von Verbrechen.«

    »Tobit, geh in die Kapelle und beruhige dich. Sieh zu, dass du deine Beherrschung wiedererlangst, dann möchte ich dich in meinem Zimmer sehen«, befahl mir die Tertianer-Lehrerin.
    Benommen saß ich in der Kapelle. Mir war danach, auf irgendetwas einzuschlagen. Mutter lehrte uns, Demütigungen und Fehler seien »Chancen«, »Geschenke«, die uns dabei halfen, »heilig« zu werden und unsere Nichtigkeit zu erkennen, aber das half mir nicht, mit dieser falschen Beschuldigung klarzukommen.
    Nach einer Weile klopfte ich an die Tür des Büros, kniete nieder, berührte mit meiner Stirn den Fußboden und gestand mein Unrecht, wütend geworden zu sein.
    Das Motto des Ordens lautete »Ek dil, prem pur - Ein Herz voller Liebe«, aber die Realität sah oft ganz anders aus. In einem Orden, der für Liebe und Mitgefühl stand, herrschte eine institutionalisierte Härte. Viele der Schwestern waren zutiefst mitfühlende, sanfte Menschen, aber manche waren unglücklich, weil sie ein Leben führten, das ihnen nicht entsprach. Die Gesichter einiger der älteren Frauen spiegelten Wut oder Depression, manche von ihnen waren psychisch gestört - oder sind so geworden. Ich hörte von dem Fall einer Schwester, die ein paar Topfpflanzen auf dem Dach eines der Häuser in Kalkutta hielt. Mutter befahl, dass die Töpfe nach unten gebracht und zerbrochen wurden, woran die Schwester emotional zerbrach.
     
     
    Jeden Freitag gingen wir die Kreuzwegstationen ab und beteten und knieten vor den vierzehn Abbildungen von Christus auf seinem Weg zum Kalvarienberg. Bei unserer
Meditation über die Leiden Christi sollten wir von ihm lernen, Demut ohne Klage zu akzeptieren. Es gibt viele verschiedene Versionen dieser Meditationen, aber die von Mutter bevorzugte war ein Bündel von vierzehn Fragen.
    »Sie martern dich mit beleidigenden Worten, und du bringst ihnen nur umso mehr Liebe entgegen, und ich?« In anderen Worten, wenn ich - eine Schwester - beleidigt werde, was tue ich dann? Nehme ich es einfach an, wie Christus es getan hätte, oder verteidige ich mich? Mutter Teresas Auffassung von Leiden und Gehorsam gründete auf der Art und Weise, wie sie sich in die Passion Christi vertiefte; dies war für sie kein vergangenes Ereignis, sondern lebendige Realität. Christus rief immer noch

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