Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
schlechter Gesundheitszustand ihr aber nicht erlaubte. Jacqueline wurde Mutters Mitarbeiterin für die Kranken und Leidenden, indem sie ihr ihre Gebete, ihr Leiden und praktische Hilfe darbrachte, um Mutters Absichten zu unterstützen. Während der Siebzigerjahre wurde jeder Schwester eine Mitarbeiterin für die Kranken und Leidenden zugeteilt, die für sie betete und ihr eigenes Leid darbrachte; beide tauschten sich auch in Briefen aus. Bei mir übernahm eine Ungarin, Sarolta Erdelyi, die herausfordernde Aufgabe, für mich zu beten. Nach Mutters Verständnis machte diese Organisation Schmerz und Krankheit als spirituellen Kraftquell nutzbar.
Jeden Dienstag rezitierten wir die Litanei um Demut, beteten darum, vom Verlangen, geliebt, und von der Angst, gedemütigt, verachtet, ungerecht behandelt und lächerlich gemacht zu werden, »erlöst« zu werden. Mir fiel es schwer zu akzeptieren, dass Demütigung sinnvoll sein sollte. Für mich war sie kein spirituelles Werkzeug, sondern etwas Destruktives. Heute empfinde ich dies umso mehr.
Die Gemeinschaft brachte mir bei, wie ich zu handeln hatte, vereitelte jedoch meine Versuche, diese Lehre zu leben, durch viele widersprüchliche Botschaften, die die Arbeit und das Wesen der Gemeinschaft betrafen. »Liebet einander«, stand an der Refektoriumswand jeder Mission der Nächstenliebe, aber die Art und Weise, in der eine Vorgesetzte sprach und eine Schwester korrigierte, schuf eine Kultur, die Gift für den menschlichen Geist war. Unser
Leben war körperlich hart, und jeden Tag sahen wir das Leid in seiner rohen und brutalen Form. Immer wenn ich einen guten Grund dafür gesehen hatte, das Leid zu ertragen, war ich zäh und robust gewesen. Jedes Mal, wenn ich meinem Ideal nachkommen konnte, das Leiden zu lindern und das Leben der anderen zu erleichtern, waren die Hitze, die Arbeit und das Umfeld nicht schwer zu ertragen gewesen. Aber der Widerspruch zwischen dem Ideal und der Realität sorgte in mir für Aufruhr.
Doch trotz meines inneren Konflikts versuchte ich, mich dem Lebensstil des Ordens anzupassen. Ich kämpfte gegen die Müdigkeit und die Schmerzen in meinen Armen, wenn ich abends neben meinem Bett kniete und versuchte, die zehn »Vaterunser« zu sprechen. Wie von Mutter vorgeschrieben brachte ich diese Gebete dar, um in meiner Berufung als MN Beharrlichkeit zu erlangen. Die Liebe Gottes sollte alle meine Bedürfnisse befriedigen, aber für mich war Jesus ein schwarzes Loch. Ich befand mich in einem ständigen Kampf, mich den Regeln anzupassen.
Mutter zitierte auch oft das Alte Testament: »Gehorsam ist besser als Opfer« (1. Samuel 15,22), um zu erläutern, dass es Gott mehr erfreute, wenn man seine eigenen Pläne aufgab, anstatt etwas Schwieriges für Gott tun zu wollen. Für mich jedoch zeigten sich in dieser Passage die Gefahren einer gedankenlosen Unterwürfigkeit. Der »göttliche Befehl«, dem Saul sich widersetzte, lautete, einen Genozid zu begehen, in den eroberten Gebieten alles zu töten, »Mann und Frau, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel«. (1. Samuel 15,3) Heute leben wir wieder in einer Zeit, wo die gedankenlose, wortwörtliche Befolgung
alter religiöser Befehle eine gefährliche Bedrohung für das Leben und das Wohlergehen anderer darstellt, genauso wie in biblischen Zeiten.
Mutter Teresa verlangte eine völlige Hingabe, die infantilisierte. Eine Schwester sollte »liebendes Vertrauen in die Vorgesetzte« zeigen und zu einem unbelebten Gegenstand werden. Zur Stützung dieses Auftrags verwendete Mutter ein Beispiel, das sie den Schriften ihrer Namensheiligen, Theresa von Lisieux, entnahm, die lehrte, dass wir wie ein Ball in den Händen des kindlichen Jesus waren. Er könne mit seinem Spielzeug spielen, es zerstören oder wegwerfen, wenn er es für angebracht hielt. Mutter glaubte an die Kontrolle Gottes, und deshalb sollten wir »mit einem Lächeln annehmen, was immer er gibt, und geben, was immer er nimmt«. Mutter sprach uns als »meine liebsten Kinder« an. Doch ich fand, dass keiner auf ewig Kind sein sollte.
Ich passte nicht in die Gemeinschaft. Meine Denkweise war anders, und ich fühlte mich unwohl angesichts der Art und Weise, wie mit Menschen umgegangen wurde, nicht nur in Indien, sondern auch in anderen Ländern. Aber ich hatte mein Selbstvertrauen verloren und war nicht mehr in der Lage zu entscheiden, ob meine Gedanken Gültigkeit besaßen oder ob meine Kritik am Orden die leeren Reaktionen einer unerfahrenen
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