Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
wirkliche Wiedergutmachung. Bete zur Muttergottes. Bitte sie um ein Herz so schön, so rein, so makellos, ein Herz voller Liebe und Demut. Du kannst, dort wo du bist, sehr heilig werden, aber du musst diesen Gedanken Einhalt gebieten. Es ist der Teufel, der in Gestalt eines Engels des Lichts zu dir spricht. ›Oder wie kannst du sagen zu deinem Bruder: Halt, ich will dir den Splitter aus deinem Auge ziehen?‹ und siehe, ein Balken ist in deinem Auge? Du Heuchler, zieh zuerst den Balken aus deinem Auge; danach sieh zu, wie du den Splitter aus deines Bruders Auge ziehst.‹« (Matthäus 7, 4-5)
Im Anschluss daran erzählte sie mir die Geschichte einer Frau, die zu Mutter gesagt hatte, sie wolle ihre Tochter
das Kloster lieber im Sarg verlassen sehen, als dass sie ihre Gelübde brach.
Da hätte ich aufstehen und sagen sollen: »Mutter, ich beabsichtige zu gehen. Ich habe nicht vor, mich zu züchtigen oder weitere Beichten abzulegen. Ich beabsichtige nicht, mich weiter in Selbstprüfung und in Selbstzweifeln zu suhlen. Bitte sorge dafür, dass ich nach Hause komme.« Ich verharrte jedoch kniend, bis ich entlassen wurde.
Mutter hatte mir gesagt, sie habe keine Zweifel an mir. Sie sprach mit absoluter Gewissheit und Zuversicht. Sie schien keine Empathie für jene zu empfinden, denen es schwerfiel zu glauben, und sie ließ keine Auseinandersetzung mit ihren Überzeugungen zu. Jahre später jedoch, 2001, schickte mir eine Freundin Artikel, die in der Review for Religious erschienen waren und zeigten, dass Mutter viele Jahre lang mit Zweifeln und innerer Dunkelheit zu kämpfen hatte. Nichtsdestotrotz entdeckte ich damals kein Zögern und keine Mehrdeutigkeit, keine Grauschattierungen. Mutter brachte nur eine dogmatische Gewissheit zum Ausdruck. Ich jedoch wurde von Fragen heimgesucht, die ich damals als Versuchungen gegen den Glauben auslegte, und so nahm ich den Rat Tagores an, die Dunkelheit und das Nichts in Stille und Schweigen abzuwarten.
Wenn Du nicht sprichst,
will ich mein Herz
in Schweigen hüllen
und es dulden,
Stille will ich sein und harren.
Wie die Nacht.
Ganz sicher wird der
Morgen tagen,
das Dunkel
wird in nichts zergehen,
und deine Stimme
strömt hernieder
wie goldne Quellen
bricht sie aus dem Himmel.
(Gitanjali XIX)
Die Dämmerung jedoch schien noch in weiter Ferne zu sein. Ich lebe in der Hoffnung, ihm zu begegnen; aber diese Begegnung findet noch nicht statt. (Gitanjali XII)
Immer wieder suchten wir das Mutterhaus auf, um von Mutter unterwiesen zu werden, wenn sie dort war, und ich machte mir Notizen. Mutter beschrieb uns als Abschaum - kachara samage - und meinte, dass Gott deswegen große Dinge durch uns bewerkstellige. Wir bräuchten niemals tipptopp oder Experten zu werden. Auch unserer niedrigen Ausbildungsstandards müssten wir uns nicht schämen. Die Apostel seien Fischer gewesen, also Experten, und fingen doch während der ganzen Nacht nichts. Dann sagte ihnen der Tischler, sie sollten das Netz auswerfen, und obwohl alles dagegensprach, machten sie einen großen Fang. Vermutlich war dies der eigentliche Grund, weshalb man mich ohne Vorbereitung und Ausbildung in die Golfprovinz von Papua-Neuguinea geschickt hatte.
Wir sollten die Armut umarmen, weil sie der Augenzeuge des wahren Gesichts Christi sei, arm, demütig, ein
Freund der Sünder, der Schwachen und der Verachteten. In der Nachahmung Christi und aus Solidarität mit den Armen sollten wir freiwillig ein Leben der Not, der Entbehrung, der Unsicherheit und der leeren Hände wählen. Wir sollten uns freuen, so behandelt zu werden wie die Armen. Bereit sein, schlecht behandelt, beschimpft, zurückgewiesen und aller möglichen Unbill und falschen Beschuldigungen ausgesetzt zu werden. Wir sollten nicht versuchen, uns selbst zu verteidigen, sondern es dem Herrn überlassen, dies zu tun.
In den Wochen vor Weihnachten sprach Mutter erneut von der Demut Christi.
»Die Weihnachtszeit zeigt uns, wie klein Gott ist, wie er die totale Hingabe lebte. Wir singen so schöne Kirchenlieder, aber für Maria und Joseph muss es schrecklich gewesen sei, ihr erstes Kind dieser Kälte ausgesetzt zu sehen. Das ist es, was wir lernen müssen, Schwestern, dieses Kind zu sein. Für uns Missionarinnen der Nächstenliebe kommt es darauf an, in vollkommener Hingabe, Vertrauen und Freude wie dieses Kind zu werden. Weihnachten zeigt uns, wie sehr der Himmel Demut, Hingabe, Armut schätzt. Gott selbst, der euch und mich geschaffen hat, wurde arm und
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