Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures
Manila, um am 4. Dezember 1982 ein neues Haus in Hongkong aufzubauen. Mutter hatte beschlossen, Schwester Dolores solle sich darum kümmern und zugleich weiterhin Vorgesetzte der Region bleiben. Es war unklar, welche Art von Arbeit wir dort tun sollten, aber die Missionarinnen der Nächstenliebe hatten bereits ein Haus in Macao, und wir konnten dort so lange wohnen, bis wir ein neues Haus in Hongkong gefunden hatten.
Auf dem Flughafen nahmen die Beamten der Einwanderungsbehörde Schwester Timothy beiseite, weil sie ethnisch gesehen Chinesin war und es in ihren Reisedokumenten einige Unregelmäßigkeiten gab. Mehrere Stunden lang warteten wir auf dem Flughafengelände in der Angst, die Behörden hatten sie zurück nach Manila geschickt. Keiner konnte uns sagen, wo sie war. »Warten Sie einfach!«, sagte man uns. Schließlich erfuhren wir, dass Beamte sie
zum Fährterminal von Macao gebracht hatten, also eilten wir durch die Stadt, um dort zu ihr stoßen. Glücklicherweise stammte Schwester Ling aus Hongkong und kannte sich aus.
Wir fuhren gemeinsam mit der Fähre los, deren andere Passagiere ihr Glück in der Spielbank von Macao suchen wollten. Wo wir auch auftauchten, überall wurden wir neugierig beäugt. Wir sprachen unsere üblichen Gebete an Deck der Fähre, während wir an Dschunken, Sampans und kleinen Inseln vorbeikamen. Ich wunderte mich, dass die Dschunken genauso aussahen wie auf den Briefmarken, die ich als Kind gesammelt hatte.
Die Schwestern in Macao arbeiteten in einem Heim für Senioren und Kranke, das ein Jesuitenpriester aufgebaut hatte, und machten außerdem Hausbesuche in einem heruntergekommenen Viertel am Meer, wo einige der Häuser auf Pfählen standen wie in Papua-Neuguinea. Sie kümmerten sich auch um Vorschulkinder und waren froh, dass wir ihnen dabei halfen, ihr Weihnachtsfest auszurichten und Geschenkkörbe zu verteilen.
Schon bald nach unserer Ankunft gingen wir in eine siebentägige Klausur, und ich zog mich oft aufs Dach des Hauses zurück. Nachdem ich meine ganze Kraft in den Tahanan, die Novizinnen und das Müllviertel Magdaragat gesteckt und Tagalog, die Sprache Manilas erlernt hatte, sollte ich mich nun mit Kantonesisch vertraut machen. Ich versuchte, meine Enttäuschung über meine Verbannung aus einer Gemeinschaft, die ich geliebt hatte, in den Griff zu bekommen und nach vorn zu blicken. Dazu füllte ich ein kleines Notizbuch mit Bibelzitaten, in denen es
um Liebe, Gebet und die Antwort auf das Leid ging. Auf die erste Seite schrieb ich: »Um der Kritik zu entgehen, tue nichts, sage nichts, sei nichts«, dazu auch noch ein Zitat von Mutter: »Lass die Missionarinnen der Nächstenliebe keine Angst davor haben, demütig, klein und hilflos zu sein, um Gott ihre Liebe zu beweisen.«
Die Art und Weise, wie man mich vom Noviziat entfernt hatte, nagte an mir. Ich war in Ungnade gefallen, jedoch ohne konkreten Schuldvorwurf, außer dem ganz verschwommenen, meinen Stolz betreffend. Ich sagte mir, dass Zorn einer Ablehnung des Kreuzes gleichkam und ich ruhig bleiben musste und nicht aufbegehren durfte, wenn sinnlose Entscheidungen getroffen wurden. Ich wiederholte immer wieder eins von Mutters Mantras: »Wenn Gott es erlaubt, muss ich es auch akzeptieren«, während ich mir einzureden versuchte, dass ich nicht grundlos nach Hongkong geschickt worden war. Als unsere Klausur beendet war, fuhren Schwester Dolores und ich ständig mit der Fähre zwischen Macao und Hongkong hin und her, um das neue Haus fertigzubekommen. Einige amerikanische Schwestern des Maryknoll-Missionsordens in Kowloon luden uns ein, ein oder zwei Tage bei ihnen zu verbringen, wann immer es nötig war. Ihr religiöses Leben unterschied sich vollständig von dem der MNs, und sie brachten ihre Überzeugungen sehr aufrichtig und selbstsicher zum Ausdruck. Sie trugen keine Habits, lebten wesentlich freier, ohne genau festgelegten Tagesablauf und sagten mir, ich sei zu unterwürfig, was mit meinem Ruf bei den MNs nicht gerade im Einklang stand.
Mieten in Hongkong waren teuer, aber ein reicher Banker
hatte Bischof Wu eine Wohnung zu unserem Nutzen vermacht. Schwester Dolores und ich besichtigten die Wohnung und vereinbarten mit dem Büro des Bischofs einige notwendige Veränderungen und Reparaturen. Wir wohnten in diesem Winter etwa einen Monat in Macao. Meiner Erinnerung nach war es in der frühmorgendlichen Dunkelheit, wenn ich meine Kleider im Eimer wusch, sehr kalt, und meine Finger waren so taub, dass ich die
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