Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures

Titel: Wenn Gottes Kinder schweigen - Livermore, C: Wenn Gottes Kinder schweigen - Hope Endures Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colette Livermore
Vom Netzwerk:
hatte das Land, unter dessen Flagge das Schiff fuhr, das die
Flüchtlinge gerettet hatte, sie immer auch aufgenommen, aber danach verweigerten ihnen Thailand, Singapur und Malaysia die Erlaubnis, an Land zu gehen.
    Wir besuchten auch das Jubilee Camp in Shamshuipo in Kowloon, ein freies Lager für Flüchtlinge, die so früh nach Hongkong gekommen waren, dass sie Ausweise bekamen. Dort kümmerten sich die Bewohner um fünfunddreißig Kinder ohne Begleitung auf recht planlose Weise. Wir erkundigten uns, was an Kleidern benötigt wurde und wie man die Kinder in der Schule anmelden konnte. Eine der Jüngsten, Chien, war erst fünf Jahre alt und wirkte sehr verletzlich und einsam und kam jedes Mal zu uns gerannt, wenn wir das Lager besuchten.
    Schwester Ling und ich hatten auch begonnen, ältere Leute, die auf der Straße lebten und unter dem Highway schliefen, zu besuchen. Abend für Abend kletterten sie zu ihrem Schlafplatz hoch in eine Höhle unterhalb der Straße. Wir brachten ihnen zwei Mal in der Woche Suppe und Brot, was in den Bussen kein leichtes Unterfangen war. Einige warteten dann schon immer auf uns und riefen uns, wenn sie uns von Weitem kommen sahen, zu, wir sollten uns beeilen. Eine neunzigjährige Frau, die unter dem Highway lebte, trug ständig ihre ganze Garderobe am Leib und sah wie ein großes, mobiles Bündel aus Secondhandkleidern aus. Ein Mann, der im Park lebte, erzählte Schwester Ling: »Ich habe meinen Job als Auslieferungsfahrer vor drei Monaten verloren, weil ich langsam erblinde. Ich kann aber noch Schatten erkennen, weshalb ich nicht um eine Blindenpension eingeben kann, und mit meinen siebenundsechzig bin ich noch zu jung für eine Alterspension.«

    »Was ist mit Ihrer Familie?«, erkundigte sich Schwester Ling.
    »Sie sind alle tot - sie starben in China«, erwiderte er.
    Kurz nach unserer Ankunft feierten wir das chinesische Neujahrsfest, das am 9. Februar beginnt und zehn Tage dauert. Rote Girlanden, Schilder und Glückwünsche waren überall in den Straßen zu sehen. Auf dem Markt drängten sich die Leute, um Dahlien, Kamelien, Kirschblüten und kalamansi zu kaufen, Bäume voll kleiner orangefarbener Früchte. Unter Schwester Lings Anleitung bereiteten wir für die alten Leute unter dem Highway eine besondere Mahlzeit zu.
    Die Maryknoll-Schwestern, bei denen Schwester Dolores und ich gewohnt hatten, unterhielten in Hongkong ein Krankenhaus und brachten uns in Kontakt mit ihrem häuslichen Pflegedienst. Wir begleiteten sie auf ihren Touren, wenn sie Verbände wechselten, Behinderte badeten oder Medikamente verabreichten. Wenn die Leute es wollten, besuchten wir sie und erledigten für diejenigen, die an ihre Wohnung gefesselt waren und keine familiäre Unterstützung hatten, die Einkäufe.
    Eine Frau konnte nach einem Schlaganfall ihre rechte Körperseite nicht mehr benutzen und hatte Mühe, sich um ihre geistig zurückgebliebene Tochter mittleren Alters zu kümmern, also halfen wir ihr im Haushalt und beim Einkaufen. Für eine vierundneunzigjährige, allein lebende Großmutter erledigten wir ähnliche Aufgaben.
    »Ich muss zur Bank gehen«, verkündete sie eines Tages unvermittelt.
    »Sie sind sehr geschwächt. Ich glaube nicht, dass Sie es
so weit schaffen«, meinte Schwester Ling zu ihr. »Wir rufen besser ein Taxi.«
    »Nein, ich möchte zu Fuß gehen«, beharrte sie. Als wir den Markt halb überquert hatten, bekam sie Probleme.
    »Ich denke, wir sollten umkehren.«
    »Nein. Ich muss zur Bank«, erwiderte sie stur.
    Wir versuchten, ein Taxi anzuhalten, aber keines hielt. Dann beschlossen wir, sie im Feuerwehrsgriff zu tragen, mussten aber ein paar Mal stehen bleiben, um uns auszuruhen. Mehrere Marktleute scharten sich um uns und erteilten uns Ratschläge. Schließlich kam ein Polizist, um die Ursache der Störung zu ergründen, und trug die alte Dame dann Huckepack zur Bank, während wir zwei Schwestern ihm mit seinem Hut hinterherliefen. Für die Rückfahrt rief uns der Schalterbeamte ein Taxi.
    Ein Diabetiker, der in einer Blechhütte in einem Barackenviertel namens Diamond Hill wohnte, konnte wegen seiner Beingeschwüre nicht gut laufen und lag den ganzen Tag auf einem Haufen alter Matratzen. Schließlich bekamen wir seine Erlaubnis, bei ihm sauber zu machen, warfen ein Dutzend verrottender Matratzen weg und stellten stattdessen ein Bett auf. Danach wurde er unter der Woche mit Essen auf Rädern versorgt, und wir besuchten ihn an den Wochenenden. Außerdem besuchten ihn auch

Weitere Kostenlose Bücher