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Wenn Ich Bleibe

Titel: Wenn Ich Bleibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Forman
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Schule auf dem Rasen saßen. Er tat es, als sei es die normalste Sache der Welt. Ich erinnere mich auch daran, wie er mir in Gegenwart meiner Eltern das erste Mal die Hände wärmte. Es war Heiligabend, und wir saßen alle auf der Veranda und tranken Apfelwein. Es war eiskalt draußen. Adam packte meine Hände und blies sie warm. Teddy kicherte. Meine Eltern sagten nichts, wechselten nur einen schnellen Blick.
Sie tauschten mit den Augen einen intimen Moment aus, und dann lächelte uns meine Mutter zu.
    Ich überlege, ob ich ihn fühlen kann, wenn ich es versuche. Wenn ich mich auf meinen Körper legen würde, würde ich dann wieder eins mit ihm werden? Würde ich Adam dann fühlen? Wenn ich meine geisterhafte Hand nach ihm ausstrecken und seine berühren würde, könnte er mich fühlen? Könnte er mir die Hände wärmen, die er nicht sieht?
    Adam lässt meine Hand los und beugt sich über mein Gesicht. Er ist mir so nah, dass ich ihn fast riechen kann, und ich bin überwältigt von meinem Verlangen, ihn zu berühren. Es ist mir ein Grundbedürfnis, etwas Ursprüngliches, wie das Verlangen eines Säuglings nach der Brust seiner Mutter. Aber mir ist klar, dass unsere Berührung ein neuerliches Tauziehen auslösen würde – eins, das noch schmerzhafter sein würde als das, was Adam und ich seit ein paar Monaten miteinander austragen.
    Adam murmelt etwas. Fast unhörbar. Wieder und wieder sagt er: Bitte . Bitte. Bitte. Bitte. Bitte. Bitte. Bitte. Bitte. Bitte. Bitte. Endlich hört er auf damit und schaut mir geradewegs ins Gesicht. »Bitte, Mia«, fleht er. »Ich will kein Lied schreiben müssen.«
     
    Ich hatte nie erwartet, mich zu verlieben. Ich war noch nie die Art von Mädchen, die für Rockstars schwärmen oder davon träumen, Brad Pitt zu heiraten. Ich
wusste natürlich, dass ich vermutlich irgendwann einen Freund haben (auf dem College, wenn sich Kims Prophezeiung erfüllen sollte) und auch eines Tages heiraten würde. Ich war nicht gänzlich immun gegen die Reize des anderen Geschlechts, aber ich war keins dieser romantischen, schwärmerischen Mädchen, die ständig das Verlangen haben, sich zu verlieben.
    Selbst als es dann tatsächlich so kam – als ich mich Hals über Kopf verliebte und nur noch mit einem dämlichen Grinsen im Gesicht herumlief -, war mir nicht klar, was los war. Wenn ich mit Adam zusammen war – nachdem wir diese ersten, unbehaglichen Wochen hinter uns gebracht hatten -, fühlte ich mich so gut, dass ich keine Veranlassung hatte, darüber nachzudenken, was mit mir passierte, mit uns. Es fühlte sich normal an und richtig, als ob man in eine Badewanne voll herrlich heißem Wasser gleitet. Was nicht heißen soll, dass wir nie gestritten hätten. Wir diskutierten über viele Dinge: dass er Kim gegenüber so distanziert blieb, dass ich mich während seiner Auftritte abkapselte, dass er zu schnell fuhr, dass ich ihm immer die Bettdecke wegzog. Ich ärgerte mich darüber, dass er nie ein Lied für mich schrieb. Er erklärte, dass er einfach keine schmalzigen Liebeslieder schreiben konnte: »Wenn du willst, dass ich ein Lied für dich schreibe, musst du mich betrügen oder so etwas in der Art«, sagte er, obwohl er genau wusste, dass ich das nie tun würde.

    Im letzten Herbst begann eine andere Art von Streit zwischen Adam und mir. Es war nicht einmal ein Streit im herkömmlichen Sinn. Wir schrien uns nicht an. Wir hatten keine Wortgefechte. Aber leise und kaum merklich schlängelte sich eine Spannung in unser Leben. Und es schien so, als hätte alles mit meiner Bewerbung in Juilliard begonnen.
    »Und? Hast du sie umgehauen?«, fragte mich Adam, als ich von dem Vorspielen nach Hause kam. »Bieten sie dir ein Stipendium an?«
    Ich hatte tatsächlich das Gefühl, dass man mich aufnehmen würde – noch bevor ich Professor Christie von dem Kommentar des Jurymitglieds über das »Oregon-Mädchen vom Lande« erzählte, noch bevor sie fast einen Ohnmachtsanfall bekam, weil sie davon überzeugt war, dass dies fast ein Versprechen für meine Aufnahme in die Schule war. Etwas war während dieses Vorspielens geschehen; ich hatte eine unsichtbare Barriere durchbrochen und konnte endlich die Stücke so spielen, wie ich sie in meinem Kopf spielen hörte, und das Ergebnis war eine nie gekannte Einheit gewesen: Die unterschiedlichen Aspekte meiner Fähigkeiten – Geist, Körper, Technik und Gefühl – hatten sich miteinander verbunden. Auf dem Heimweg, kurz bevor Gramps und ich die Grenze zu Oregon

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