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Wenn Ich Bleibe

Titel: Wenn Ich Bleibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gayle Forman
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seit Adam ins House of Rock gezogen war und aufs College ging, allerdings nicht aus den Gründen, die ich befürchtet hatte. Anfang Herbst, als Adam sich gerade im College einlebte, wurde »Shooting Star« plötzlich populär. Die Band bekam ein Angebot für einen Vertrag von einer mittelgroßen Plattenfirma in Seattle, und jetzt waren sie ständig im Tonstudio und nahmen Songs auf. Sie hatten auch mehr Auftritte als früher, spielten vor einer immer weiter wachsenden Zahl von Zuschauern, und das fast jedes Wochenende. Alles war so hektisch, dass Adam die Hälfte seiner College-Kurse sausen ließ und nur noch nebenbei irgendwelche Seminare besuchte. Wenn sich die Band so weiterentwickelte, hatte er vor, das College ganz aufzugeben. »Man bekommt nur einmal so eine Chance«, sagte er.
    Ich freute mich ehrlich für ihn. Ich wusste, dass »Shooting Star« etwas Besonderes war, mehr als nur irgendeine Band in irgendeiner Universitätsstadt. Adams häufige Abwesenheit hatte mir nichts ausgemacht, besonders, weil er mir immer versicherte, wie sehr es ihm selbst etwas ausmachte. Aber irgendwie veränderte die Aussicht, dass ich in Juilliard aufgenommen werden könnte, alles – es führte dazu, dass es mir plötzlich doch etwas ausmachte. Was überhaupt keinen Sinn ergab, denn eigentlich waren wir nun sozusagen quitt. Jetzt war auch in mein Leben etwas Aufregendes getreten.
    »Wir können in ein paar Wochen nach Portland fahren«,
versprach Adam. »Wenn alles weihnachtlich geschmückt ist.«
    »Okay«, sagte ich lustlos.
    Adam seufzte. »Das wird alles ziemlich kompliziert, was?«
    »Ja. Unsere Termine lassen uns kaum noch Luft«, stimmte ich zu.
    »Das meinte ich nicht«, sagte Adam, nahm mein Kinn und drehte mein Gesicht so, dass ich ihm in die Augen sehen musste.
    »Ich weiß«, sagte ich, aber dann setzte sich ein Kloß in meinem Hals fest, und ich konnte nicht weitersprechen.
     
    Wir versuchten, die Spannung aufzulösen, redeten darüber, ohne tatsächlich darüber zu reden, versuchten, es herunterzuspielen. »Hör mal, ich habe kürzlich gelesen, dass es auf der Willamette Universität ein gutes Musikprogramm gibt«, sagte Adam zu mir. »Das ist in Salem, was augenscheinlich immer mehr in Mode kommt.«
    »Wer sagt das? Der Gouverneur?«, fragte ich.
    »Liz hat dort in Secondhandläden ein paar ziemlich scharfe Sachen gefunden, und du weißt doch, wenn es erst mal Secondhandläden gibt, sind die Hipster nicht mehr weit.«
    »Ich bin kein Hipster, das weißt du doch genau«, sagte ich. »Aber weil wir gerade dabei sind: ›Shooting
Star‹ sollten nach New York gehen. Dort schlägt das Herz der Punkszene. Die ›Ramones‹, ›Blondie‹.« Mein Ton war neckisch und spielerisch. Ich gab eine Vorstellung, für die ich einen Oscar hätte bekommen sollen.
    »Das war vor dreißig Jahren«, sagte Adam. »Und selbst wenn ich nach New York gehen wollte, würden die anderen aus der Band nicht mitkommen wollen.« Unglücklich betrachtete er seine Schuhe, und mir wurde klar, dass der scherzhafte Teil der Unterhaltung vorbei war. Mein Magen drehte sich um. Es war ein Vorgeschmack auf die Herzschmerzen, die mir – da war ich mir sicher – irgendwann in Kürze serviert werden würden.
    Adam und ich hatten nie ernsthaft über die Zukunft gesprochen, darüber, wo unsere Beziehung hinführen sollte. Aber als alles plötzlich so unklar und unsicher wurde, vermieden wir es, über Dinge zu reden, die mehr als ein paar Wochen in der Zukunft lagen. Dadurch wurden unsere Gespräche steif und gestelzt, wie sie es in den ersten Wochen unserer Beziehung gewesen waren, ehe wir richtig zusammengefunden hatten. Eines Nachmittags im Herbst entdeckte ich in dem Secondhandladen, in dem mein Vater immer seine Anzüge kaufte, ein wunderschönes Seidenkleid aus den 1930er-Jahren. Ich wollte es beinahe schon Adam zeigen und ihn fragen, ob ich mir das Kleid für den Abschlussball kaufen sollte, aber der Ball fand im Juni statt, und vielleicht würde Adam im Juni auf Tournee sein und ich
möglicherweise schon vollauf mit den Vorbereitungen für Juilliard beschäftigt. Und so sagte ich nichts. Kurz danach beklagte sich Adam über seine altersschwache Gitarre und meinte, er wolle gern eine Gibson SG haben. Ich schlug vor, ihm eine Gitarre zum Geburtstag zu schenken, aber er meinte, dass so ein Ding mehrere Tausend Dollar kostete, und außerdem sei sein Geburtstag erst im September. Die Art, wie er »September« sagte, erinnerte mich an die

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