Wenn Ich Bleibe
oder dass die Party nicht geplant war, oder vielleicht schmeckt alles bei einem Grillfest besser als sonst. Jedenfalls war es einer dieser Tage, an die man sich noch lange danach erinnert.
Als mein Vater den Rasensprenger anstellte – eigentlich nur für Teddy und das Baby -, entschlossen sich alle, unter der Berieselung hindurchzulaufen. Wir ließen den Rasensprenger so lange an, dass sich der braune Rasen in eine einzige glitschige Pfütze verwandelt hatte, und ich stellte mir vor, wie der Gouverneur höchstpersönlich kommen und uns eine Standpauke halten würde. Adam kitzelte mich, und wir lachten und quietschten und jagten uns gegenseitig durch den Garten. Es war so heiß, dass ich mir nicht die Mühe
machte, etwas Trockenes anzuziehen. Jedes Mal, wenn ich verschwitzt war, kühlte ich mich unter dem Rasensprenger wieder ab. Am Abend war mein Sommerkleid ganz steif vor Schweiß und getrocknetem Wasser. Teddy hatte sein T-Shirt ausgezogen und sich mit Matsch beschmiert. Mein Vater meinte, er sähe aus wie einer der Jungen aus Der Herr der Fliegen .
Als es dunkel wurde, gingen die meisten Gäste, entweder zu dem Feuerwerk an der Universität oder zu dem Konzert einer Band mit Namen »Oswald Five- 0«, die in der Stadt spielte. Eine Handvoll Leute, darunter Adam, Kim, Willow und Henry, blieben. Es wurde kühler, und mein Vater zündete auf dem Rasen ein Lagerfeuer an, über dem wir Marshmallows rösteten. Dann kamen die Instrumente zum Einsatz. Mein Vater holte die kleine Trommel aus dem Haus und Henry seine Gitarre aus dem Auto. Ich ging in mein Zimmer und brachte Adam die Gitarre, die er dort aufbewahrte, damit er auch bei mir üben konnte. Alle spielten zusammen und sangen Lieder: die Lieder meines Vaters, Adams Lieder, alte Lieder von alten Bands. Teddy tanzte herum, und auf seinem blonden Haar schimmerte der Feuerschein. Ich weiß noch, wie ich mir die Szene anschaute und dieses Kitzeln in meiner Brust verspürte. So fühlt sich Glück an , dachte ich.
Irgendwann hörten mein Vater und Adam auf zu spielen, und ich sah, wie sie miteinander flüsterten.
Dann gingen sie ins Haus – um Bier zu holen, wie sie behaupteten. Aber als sie wiederkamen, hatten sie mein Cello dabei.
»Oh nein, ich werde kein Konzert geben«, protestierte ich.
»Das wollen wir gar nicht«, sagte mein Vater. »Wir wollen, dass du mit uns spielst.«
»Auf keinen Fall«, erwiderte ich. Adam hatte gelegentlich schon versucht, mich dazu zu bewegen, mit ihm zu spielen, und ich hatte immer abgelehnt. In letzter Zeit hatte er oft gescherzt, dass wir es doch einmal mit einem Duett aus Luftcello und Luftgitarre versuchen sollten. Weiter zu gehen, war ich nicht bereit.
»Warum nicht, Mia?«, fragte Kim. »Bist du so ein Klassiksnob?«
»Darum geht es nicht«, sagte ich und spürte, wie mich die Panik überfiel. »Aber die beiden Stilrichtungen passen nicht zusammen.«
»Wer sagt das?«, wollte meine Mutter wissen und zog die Augenbrauen hoch.
»Wir wussten gar nicht, dass du eine so rassistische Einstellung hast«, grinste Henry.
Willow verdrehte die Augen und schaute mich an. »Bitte, bitte«, sagte sie. Sie wiegte gerade das Baby auf ihrem Schoß in den Schlaf. »Ich habe dich so lange nicht mehr spielen gehört.«
»Na, komm schon, Mia«, sagte Henry. »Wir gehören doch alle zur Familie.«
»Richtig«, sagte Kim.
Adam nahm meine Hand und streichelte mit seinen Fingern die Innenseite meines Handgelenks. »Tu’s für mich. Ich möchte so gerne mit dir spielen. Nur ein einziges Mal.«
Ich wollte schon meinen Kopf schütteln und noch einmal behaupten, dass inmitten von kreischenden Gitarren kein Platz für ein Cello sei, kein Platz für mein Instrument in der Welt des Punkrock. Aber dann schaute ich meine Mutter an, die mir einen spöttischen Blick zuwarf, als ob sie mich herausfordern würde, und meinen Vater, der leicht auf seine Pfeife klopfte und sich Mühe gab, gleichmütig zu wirken, damit es nicht so aussah, als würde er Druck auf mich ausüben. Und ich schaute Teddy an, der auf und ab hüpfte – obwohl ich glaube, dass seine Begeisterung von dem vielen Zucker herrührte, den er gegessen hatte, und nicht so sehr von dem Wunsch, mich spielen zu hören. Dann Kim und Willow und Henry, die mich alle anblickten, als ob ihnen mein Spiel wirklich etwas bedeutete, und Adam, der ehrfürchtig und stolz wirkte, wie immer, wenn er mir beim Spielen zuhörte. Ich hatte Angst, dass ich versagen würde, dass ich mich nicht einfügen
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