Wenn ich dich gefunden habe
Lächeln, weil er den Sicherheitscheck ohne Widrigkeiten hinter sich gebracht hatte.
»Ähm … an deinen Hintern«, gab Dara zu, statt Zuflucht in einer unverfänglichen Bemerkung über ihren Flug, ihre Gate-Nummer oder das Wetter in Dublin zu suchen.
»An meinen Hintern?«, wiederholte Stanley ungläubig.
»Jep.« Lieber Himmel, sie leugnete es noch nicht einmal.
»Und was genau hast du gedacht?« Es klang besorgt, als könnte Dara womöglich eine schlechte Meinung von seinem Hintern haben.
»Dass er einfach toll ist«, sagte Dara, um einen möglichst sachlichen Ton bemüht.
»Und … warum?«, fragte Stanley konsterniert. Er hatte wohl noch nie über die Vorzüge seines Hinterns nachgedacht.
»Na ja, er ist schön geformt und glatt und fest.«
Es dauerte einen Augenblick, bis er diese Informationen verarbeitet hatte.
»Also, dein Hintern ist auch toll«, sagte er.
»Fühl dich nicht verpflichtet, das zu sagen, nur weil ich gerade an deinen Hintern gedacht … und ihn bewundert habe.«
»Tu ich gar nicht«, entgegnete er empört.
»Ach, nein? Und was ist so toll an meinem Hintern?«
»Er ist so schön knackig«, sagte Stanley wie aus der Pistole geschossen, als hätte er bereits über dieses Thema nachgedacht und wäre zu einem positiven Urteil gelangt.
»Er ist zu groß«, wandte Dara ein. Stanley ignorierte es.
»Und zugleich so schön weich. Du hast den weichsten Hintern, der mir je untergekommen ist.« Er hielt inne, stellte seine Reisetasche ab und schlang die Arme um Dara, um sie sanft in den Po zu kneifen, als wollte er sich noch einmal von seiner Weichheit überzeugen, nur für den Fall, dass er
sich geirrt haben sollte. Nach seinem Lächeln zu urteilen kam er erneut zu demselben Schluss.
»Sind dir denn schon viele untergekommen?«, fragte Dara.
»Nicht so viele, wie ich oft behaupte.«
Dara lachte. Sie mochte noch nicht viel über Stanley wissen, aber sie war sicher, dass er nicht zu den Männern gehörte, die damit prahlten, wie viele Frauen sie bereits nackt gesehen hatten. Dann stellte sie ihrerseits die Tasche ab, schlang die Arme um ihn und kniff ihn ebenfalls in den Po, und dann knutschten sie eine ganze Weile, direkt hinter der Sicherheitskontrolle, obwohl noch keiner von ihnen nachgesehen hatte, wann sie sich an welchem Gate einfinden mussten. Und kein Mensch nahm von ihnen Notiz. Tja, das war eben Paris.
Auf dem Flug unterhielten sie sich, als hätten sie seit Jahren nichts anderes getan. Sie redeten nicht über das, was zwischen ihnen geschah, und das war Dara ganz recht so. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit wollte sie die Angelegenheit nicht zu genau unter die Lupe nehmen. Es war zu früh, um sie schon mit einem Etikett zu versehen. Sie war nicht ganz sicher, was genau das zwischen Stanley und ihr war, doch sie hegte die Hoffnung – eine kleine Hoffnung, aber immerhin –, dass es etwas war. Etwas Wichtiges. Etwas Schönes. Etwas Gutes. Sie wollte es wachsen lassen, wie ein Samenkorn, das man in einem winzigen Topf in warme Erde steckt und auf das Fensterbrett stellt, ehe man es später in den Garten setzt und den Elementen ausliefert.
Also erzählte sie Stanley von Angel, von der gefundenen und wieder verlorenen Niere und davon, wie der Vorfall ihre Schwester verändert hatte. Wie nah sie sich immer
gestanden hatten und wie leer Angel nun wirkte ohne ihre Hoffnung und Zuversicht. Von Mrs. Flood, ihrer Angst, ihrer Besorgtheit, ihrer Resignation, die allesamt nichts mit Angel zu tun hatten, sondern mit der Schäbigkeit dieses Lebens, das sie nicht mehr enttäuschen konnte, weil ihre Erwartungen bereits so niedrig waren, dass sie praktisch gar nicht mehr vorhanden waren.
Es fiel Dara leicht, Stanley von ihrer Familie zu erzählen. Es hätte bedrückend wirken müssen, hätte Kopfschütteln und bekümmerte Mienen hervorrufen müssen, aber so war es nicht. Stanley nickte, als würde er alles verstehen. Er unterbrach sie nicht. Er sagte nicht, dass alles im Leben aus einem bestimmten Grund geschieht oder dass bestimmt alles gut werden würde oder dass Mr. Flood irgendwann wieder auftauchen würde. Er hörte nur zu auf eine Weise, wie ihr Ian nie zugehört hatte. Ian wirkte stets ungeduldig, als könnte er es kaum erwarten, endlich selbst wieder zu Wort zu kommen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie, wenn sie Ian etwas erzählte, immer sehr schnell redete, als würde sie seine Ungeduld spüren.
»Erzähl mir von Cora.« Dara nahm einen Schluck Champagner (»Warum
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