Wenn ich dich gefunden habe
nicht, er kostet ja nichts.«) und verbarg die Hände unter dem Klapptisch, um die Finger zu überkreuzen, wie sie es schon seit frühester Kindheit tat, wenn sie das Gefühl hatte, dass gleich etwas Schreckliches passieren würde.
Stanley schüttelte den Kopf. »Es hätte auf Dauer nicht funktioniert.« Er wirkte überrascht, als hätte er das gar nicht sagen wollen. Als würde er erst jetzt, da er es ausgesprochen hatte, erkennen, dass es stimmte. Er schüttelte grinsend den Kopf. »Wir hatten nichts gemeinsam … einmal abgesehen von Cormac natürlich.«
»Das mit Cormac …« Dara wusste nicht recht, wie sie die Frage formulieren sollte. »Fing das bereits an, als sie noch mit dir …«
»Die beiden passen gut zueinander«, sagte Stanley. Wäre er ein anderer Mensch gewesen, dann hätte er wohl gesagt »Sie haben einander verdient«, aber das tat er nicht, und Dara nickte und hakte nicht weiter nach, sondern ließ das Thema dort, wo es hingehörte – ins Archiv von Stanleys Gehirn.
Sie beugte sich zu ihm hinüber und küsste ihn. Sonst tendierte sie nicht dazu, den ersten Schritt zu machen, aber bei Stanley fühlte es sich richtig an. Perfekt. Sie spürte das Lächeln auf seinen Lippen, als er den Kuss erwiderte. Er war es auch, der den Kuss beendete, während Dara noch etwas mit geschlossenen Augen dasaß, das Gesicht ihm zugewandt.
»Warum hast du aufgehört?«, flüsterte sie besorgt.
»Weil wir gelandet sind.« Stanley schenkte ihr sein Mono-Grübchen-Lächeln, und als er nach ihrem Sicherheitsgurt griff und ihn aufschnappen ließ, wünschte Dara, sie wären wieder in ihrem Hotelzimmer in Paris.
»Wir sind gelandet?« Sie spähte ungläubig nach draußen.
Tatsächlich. Sie waren gelandet.
52
Stanley hätte seine Gedanken an Dara am liebsten noch eine Weile in der Intensivstation seines Gehirns gehegt und gepflegt, ehe er sie auf die allgemeine Station verlegte, wo sie jeder besuchen konnte. Er wollte seine Gedanken in sie eintauchen und in ihr marinieren, bis sie sich vollgesogen hatten und nur noch nach Dara schmeckten. Er wollte Privatsphäre, aber da war er bei Sissy Clarke an der falschen Adresse.
Er musste nur die Haustür öffnen und fröhlich »Schahatz, ich bin zu Hause« rufen, und schon wusste Sissy Bescheid. Er verfluchte sich für seine Unvorsichtigkeit, wusste aber auch, dass er sich ohnehin verraten hätte. Hätte er seinen Gefühlszustand beschreiben müssen, er hätte den Ausdruck trunken vor Glück gewählt. Er konnte sich nicht entsinnen, seine Empfindungen je zuvor mit diesen Worten beschrieben zu haben, aber sie trafen den Nagel auf den Kopf.
»Was ist passiert?« Sissy polterte die Treppe hinunter. Sie trug eine seiner alten Boxershorts (von der Kaufhauskette Dunnes Stores und daher nicht mit einem Designer-Label aus Metall versehen, das zu hochnotpeinlichen Momenten am Flughafen führen konnte) und dazu ein T-Shirt, das sie ihm einmal gekauft hatte. Das T-Shirt war rosa und mit zwei großen Händen bedruckt, die zwei Brüste umfingen. Darüber stand I’m in touch with my feminine side. Sissy sagte, es würde ihm hervorragend stehen, dabei zog er es gar nie an.
»Nichts ist passiert. Was meinst du?«
»Komm mir nicht so. Ich mache dir jetzt ein Pling!-Menü, und dann erzählst du mir alles.«
»Nicht nötig«, sagte Stanley, der bereits geahnt hatte, dass sie ihm eines ihrer Mikrowellengerichte vorsetzen würde, sobald er zur Tür hereinkam. Seine Stimme war so hell wie ein Sommertag. »Ich habe Thunfisch besorgt.« Er schwenkte den Beutel mit den dunkelroten Fischsteaks.
Sissy verzog das Gesicht. »Das wird eine Ewigkeit dauern, und ich bin verabredet.«
»Bis du dich geschminkt und angezogen hast, ist das Essen fertig«, versprach Stanley. »Geh schon mal rauf. Ich mache mich sofort an die Arbeit.«
»Ich schminke mich hier unten, und du erzählst inzwischen.«
»Es gibt nichts zu erzählen.«
»Stanley, zwing mich nicht, zu dir rüberzukommen und …« Sie brach ab, baute sich vor ihm auf und ließ prüfend den Blick über sein Gesicht wandern. »Du hattest Sex, und zwar mehr als einmal. Und ist das etwa …« Sie beäugte seinen Hals. »Ha! Ein Knutschfleck! Ein riesiger noch dazu! Du schlimmer Lümmel, du!«
Stanley konnte sein Grinsen nicht länger unterdrücken, und er bemühte sich erst gar nicht, den roten Fleck in der Form von Daras Mund zu verbergen. Es hätte ohnehin nichts genützt, nun, da Sissy zu Hochform aufgelaufen war. Stattdessen zog er
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