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Wenn ich dich gefunden habe

Wenn ich dich gefunden habe

Titel: Wenn ich dich gefunden habe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ciara Geraghty
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Sein kurzes Haar war fast so dunkel wie Daras.
    Die Jeans und T-Shirts, die er in seiner Freizeit trug, sahen aus, als hätte man sie ihm auf den Leib geschneidert.
    »Er hat einfach Stil«, hatte Miss Pettigrew geseufzt und den Blick über seinen Körper wandern lassen, während er die Rauchmelder in ihrem Flur und über dem Treppenabsatz montiert hatte. Mit glänzenden Augen hatte sie seinen Hintern in den verwaschenen Jeans betrachtet – und gelächelt, wie alle.
    »Er ist so praktisch veranlagt«, hatte Mrs. Flood festgestellt, nachdem er ihren uralten Lieblingsföhn mit einem Gummiband und einer Haarnadel repariert hatte.
    Joes Augen waren türkis wie das Meer in einer Werbebroschüre für einen exotischen Urlaubsort. Doch heute wirkte er müde und bedrückt, wie er so vor ihr stand, die Hände in den Hosentaschen vergraben.
    »Joe. Schön dich zu sehen«, begrüßte ihn Dara. »Komm rein.«
    »Tag, Dara.« Er musste den Kopf einziehen, um durch die Tür zu passen. Seine Anwesenheit ließ den Flur kleiner wirken.
    »Ich sage Angel, dass du da bist. Sie wird sich freuen.« Joe rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Dara hielt am Fuße der Treppe inne. »Ist alles in Ordnung?«
    »Alles bestens.« Joe schob die Hände in die hinteren Hosentaschen. »Ich … Wir haben uns seit neulich Nacht nicht mehr gesehen. Ich schätze, ich bin etwas …«
    »Wir haben sie auch kaum zu Gesicht bekommen«, versicherte ihm Dara rasch. »Sie war kaum wiederzuerkennen. Aber vielleicht wird es jetzt allmählich wieder. Immerhin hat sie dich angerufen und wollte dich sehen.«
    »Sie hat mir eine Mail geschickt«, murmelte Joe.
    »Oh.«
    Die Küchentür ging auf, und ein Lichtstreifen erfasste Joe wie ein Bühnenscheinwerfer. »Joe! Wie schön, dich zu sehen.«
    »Tag, Kathleen. Wie geht’s?« Soweit Dara wusste, war Joe der einzige Mann, der ihre Mutter Kathleen nannte. Nach ihrem anfänglichen Argwohn, mit dem sie allen Männern begegnete, die ihre Töchter nach Hause brachten, hatte es sich Mrs. Flood gestattet, ihre Vorbehalte über Bord zu werfen. Inzwischen war sie regelrecht vernarrt in ihn.
    »Mir geht es gut, danke, und dir? Wie geht es dir?«
    »Ganz okay. Angel wollte mich sehen.«
    »Toll. Das ist toll. Es geht bergauf. Ich wusste es. Erst vorhin habe ich zu Dara gesagt, dass sie schon viel fröhlicher wirkt.« Sie lächelte und nickte Dara zu, und Dara lächelte und nickte ebenfalls. Selbst Joe fing nun damit an, als würde sich alles zum Guten wenden, wenn sie nur lange
genug hier im Flur standen und lächelten und nickten. Als würde dann alles wieder so werden wie vor der gefundenen und wieder verlorenen Niere.
    »Joe.« Sie spähten zu Angel hinauf, die im Halbdunkel am oberen Treppenabsatz stand. Ihre Augen wirkten riesig, ihr Gesicht so schmal wie noch nie und so blass wie der Mond.
    »Würdest du bitte raufkommen?«, bat Angel, dann drehte sie sich um und ging in ihr Zimmer. Joe hatte aufgehört zu lächeln und zu nicken und blickte zu Dara und Mrs. Flood.
    »Ich bringe euch eine schöne Tasse Tee«, sagte Mrs. Flood und schob Joe zur Treppe. »Und ein Stück von dem Apfelkuchen, den Dara gerade gemacht hat.«
    »Ich glaube kaum, dass ich so lange hier sein werde«, sagte Joe leise.
    Er sollte recht behalten.
    Fünf Minuten später vernahm Dara, die im Wohnzimmer saß, Schritte auf der Treppe. Dann hallte Joes Stimme durch den Flur. »Angel, das ist doch verrückt. Es hat sich doch nichts geändert. Warum …«
    »Ich bin doch nur ein Klotz an deinem Bein«, hörte sie Angel sagen. Ihre Stimme klang fest. Energisch. Als hätte sie die Worte einstudiert.
    »Unsinn. Ich liebe dich, Herrgott nochmal.«
    »Ich bin krank.«
    »Du wirst wieder gesund.«
    »Nein.«
    »Doch.«
    »Nein.«
    Schweigen. Dann ein tiefer Seufzer von Joe. »Ich liebe dich«, wiederholte er in flehentlichem Tonfall.
    Wieder Schweigen.
    »Ich liebe dich«, sagte er erneut, lauter diesmal.
    »Es tut mir leid«, murmelte Angel leise. Kaum hörbar.
    »Sag mir ins Gesicht, dass du mich nicht liebst, und ich gehe. Ich rufe dich nie wieder an.«
    Dara krümmte sich innerlich. Sie kreuzte Mittel- und Zeigefinger und setzte sich auf ihre Hände. Dann hielt sie den Atem an und wartete ab.
    »Ich liebe dich nicht.« Angels Stimme klang fremd, als würde sie einem anderen Menschen gehören. Einem, den Dara nicht kannte.
    Die Haustür wurde geöffnet und fiel ins Schloss. Dara lauschte Joes schweren, sich entfernenden Schritten, bis sie nicht mehr zu

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