Wenn ich dich gefunden habe
Kandidatin.«
Kay war eine von Sissys Arbeitskolleginnen, soweit sich Stanley erinnerte. Eine Modejournalistin. »Du kannst sie mir doch nicht einfach leihen, als wäre sie … ein Buch. Außerdem dachte ich, Kay wäre lesbisch.«
»Das muss Cora ja nicht erfahren, oder?« Sissy schmatzte zufrieden mit den Lippen.
Stanley schüttelte den Kopf. Er mochte solche Spielchen nicht. Er hatte die Nase voll davon. Es war Zeit, sich mit den Tatsachen abzufinden und nach vorn zu blicken. Genau das predigte ihm Sissy doch immer wieder.
»Warum begleitest du mich nicht?«, fragte er.
Sissy, die mit schlenkernden Beinen auf der Anrichte saß und eine Riesentüte Doritos exekutierte, hielt mitten in der Bewegung inne. »Stanley, du weißt, ich würde alles für dich tun.« Er nickte. »Alles, aber das nicht«, fügte sie hinzu. »Es ist nur zu deinem Besten.«
Er seufzte. Seiner Erfahrung nach war das, was »nur zu seinem Besten« geschah, nie das, was er wollte. »Okay.«
»Geh doch einfach gar nicht hin«, schlug Sissy vor und widmete sich wieder ihren Tortillachips.
»Ich muss. Alles andere würde für einen Eklat sorgen.«
»Sag mal, nervt das nicht, wenn man immer das Richtige tut?«
Diesmal musste Stanley nicht lange überlegen. Es nervte sogar tierisch.
Inzwischen hatte Sissy die Chips – sehr zu Clouseaus Enttäuschung – aufgegessen. Sie sprang von der Anrichte und warf die zusammengeknüllte Tüte in hohem Bogen in Richtung Mülleimer. Stanley sah zu, wie das Knäuel darin verschwand. »So, und jetzt entschuldigt mich, ich muss mir die Oberlippe enthaaren, die Zehennägel schneiden und den Busch trimmen.«
Stanley verzog das Gesicht. »Wir hatten doch vereinbart, dass du künftig den Sammelbegriff Körperpflege verwendest.«
»Schon, aber wie du weißt, drücke ich mich gern präzise aus.« Sie warf ihm eine Kusshand zu, dann trabte sie, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf, sodass die zwei Gläser auf dem Abtropfbrett der Spüle klirrten.
Er rief Adrian an, um sich mit ihm zu beraten.
»Ich beschatte gerade jemanden«, sagte Adrian gelangweilt.
Stanley senkte automatisch die Stimme. »Solltest du dann nicht dein Handy ausschalten?«
»Es ist auf lautlos gestellt.«
»Hast du kurz Zeit?«
»Ja. Hier ist total tote Hose. Ich glaube, wir sind auf dem Holzweg.« Stanley hörte Papier rascheln. Wahrscheinlich verdrückte Adrian gerade ein paar Doughnuts, um sich die Wartezeit zu versüßen. Er hasste warten und naschte gern.
»Ähm, sag mal, wegen dieser Verlobungsparty … Hast du eine Idee, was …«
»Ach, Scheiße, müssen wir da echt hin?«, jammerte Adrian mit vollem Mund.
»Na ja, ich …«
»Ich meine, ich gehe natürlich auf die Hochzeit, aber eine Verlobungsparty? Das finde ich echt zu viel verlangt.«
»Also, was ich dich fragen wollte: Was könnte man den beiden denn schenken?«
»Zur Hochzeit?«
»Das auch, aber eigentlich meinte ich zur Verlobung.«
»Was? Zur Verlobung müssen wir ihnen auch noch etwas schenken?«
Stanley seufzte. Wie hatte er sich nur Hilfe von Adrian erwarten können?
»Oh, warte mal«, flüsterte Adrian.
»Was ist los? Ist dir ein Geschenk eingefallen?«
»Nein, aber ich muss auflegen, Stanley. Die bösen Buben sind im Anmarsch.«
Adrian war bei der Sittenpolizei und machte seine Sache zweifellos gut, aber manchmal schien er zu glauben, dass er immer noch Räuber und Gendarm spielte, wie sie das als Kinder oft getan hatten. Eine Tatsache, die Stanley Sorgen bereitete. »Pass auf dich auf«, sagte er.
»Hör zu, kauf einfach irgendetwas und sag ihnen, es ist von uns beiden, ja? Ich geb dir dann auch ein paar Euro.«
»Okay, meinetwegen, aber ich habe keine Ahnung, was …«
Doch Adrian hatte bereits aufgelegt.
Er rief Neal an, doch den interessierte nur, ob er Freda, die Bardame, zur Party mitbringen konnte.
»Ich dachte, du hättest endgültig die Hoffnung aufgegeben.«
»Wie kommst du denn darauf?«, entrüstete sich Neal. »Sie schnuppert bereits am Köder, und sobald sie angebissen hat, ziehe ich den Fisch an Land«, erklärte er siegessicher.
»Hübsche Analogie«, bemerkte Stanley.
»Hübsche was?«
»Ach, vergiss es.«
Lorcan fragte sich, ob wohl viele Frauen auf der Verlobungsparty sein würden. Frauen, die offen waren für Gelegenheitssex – diskret, hemmungslos und unverbindlich. Leider konnte ihm Stanley da auch nicht weiterhelfen.
Declan rief er gar nicht erst an, denn der war ein
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