Wenn ich dich gefunden habe
bis Mitternacht gewartet, dann hat er den Feenring dreimal umrundet und sich gewünscht, dass Neals Warzen verschwinden. Dann ist er wieder zurück nach Dublin gefahren, und siehe da, sie waren weg.«
»Alle achtundzwanzig Stück?«
»Ja. Jede einzelne.«
Dara musterte ihn prüfend. »Haben Sie sich das ausgedacht?«
»Nein. Ich war damals noch nicht auf der Welt, aber meine Brüder können sich daran erinnern, und mein Dad schwört, dass es wahr ist.«
»Klingt, als wäre er ein reizender Mensch.«
Die Wehmut, mit der Dara das sagte, erinnerte Stanley an die vor ihnen liegende Aufgabe. Er sah auf die Uhr. »Wir sollten aufbrechen.«
»Wenn jetzt Mitternacht wäre, würden Sie dann dreimal um diesen Feenring laufen?«, fragte ihn Dara.
»Ich wüsste nicht, was ich mir wünschen sollte.«
»Gut, aber wenn Sie einen Wunsch hätten, würden Sie es dann tun?«, hakte sie nach.
»Na ja …«
»Sie würden es tun, stimmt’s?« Er hörte das Lächeln in ihrer Stimme.
»Vermutlich schon, ja«, sagte er. »Schaden kann es nicht, oder?«
27
Der Pub hieß The Market Bar und gehörte zu den gerade mal zehn Pubs der Stadt, die noch nicht geschlossen hatten. Es dauerte, bis sich Daras Augen an das Dämmerlicht im Inneren gewöhnt hatten. Obwohl es draußen warm war, brannte ein Feuer im Kamin, und der Torf ließ einen schweren, erdigen Geruch und dunkle Rauchwolken aufsteigen, die Dara Tränen in die Augen trieben. Stanley deutete mit dem Kopf auf einen Mann, der allein an einem Tisch am anderen Ende der Bar saß. Er hielt einen Stift in der einen und ein Vergrößerungsglas in der anderen Hand und beugte den Kopf über eine Zeitung, die auf der Seite mit den Pferderennen aufgeschlagen war. Dann hob er den Kopf, wobei er sich das Vergrößerungsglas noch immer vor das Auge hielt, sodass es riesig und grotesk aussah, als würde es über das Gesicht hinausstehen. Er ließ das Glas sinken und erhob sich so gemächlich, als hätte er den Großteil des Vormittags auf seinem Stuhl gehockt.
»Ich glaub, mich tritt ’n Elch«, stieß er mit der rauen Stimme eines Mannes hervor, der viel Zeit darauf verwendet, Pferde anzubrüllen, die nie über die Ziellinie galoppierten, wenn er es wollte.
Er hatte ein blasses Mondgesicht, winzige Augen von undefinierbarer Farbe und eine Nase, die von bis in die frühen Morgenstunden dauernden Saufgelagen zeugte. Als er Dara erblickte, blähten sich seine Nasenflügel. »Also«,
sagte er und grinste, wobei er eine Reihe Zähne, so lang und grau und windschief wie alte Grabsteine entblößte, »wenn du nicht Eugene Floods Tochter bist, dann fress ich einen Besen. Mit Salz und Pfeffer.«
Sie streckte ihm die Hand hin. »Ja, ich bin Dara. Dara Flood. Sie müssen …«
»Slither Smith.« Er nahm ihre Hand in beide Hände und drückte sie. »Cousin ersten Grades von Eugene Flood.« Er leckte sich die Lippen und deutete auf den Stuhl neben sich, dann fuhr er, zu Stanley gewandt, fort: »Ein großes Dunkles, wenn ich bitten darf. Und dazu ’n Kurzen zum Nachspülen. Ein Jameson am besten … und was immer Ihre kleine Freundin nimmt«, schloss er mit einem anzüglichen Grinsen in Richtung Dara. Diese lächelte gezwungen und fragte sich, wann er wohl ihre Hand loslassen würde, die allmählich taub wurde.
»Oh, sie ist nicht meine Freundin«, beeilte sich Stanley zu sagen, doch Slither hatte das Interesse an ihm verloren, jetzt, wo er seine Bestellung aufgegeben hatte.
»Du bist ja ’ne richtig hübsche kleine Lady«, sagte er zu Dara und schob sein breites Hinterteil auf den schmalen Stuhl, ohne ihre Hand loszulassen, also setzte sie sich ebenfalls. »Aber dein Vater war ja auch mal ein recht ansehnliches Bürschchen.«
»Wie war er so?«, fragte Dara und entzog ihm möglichst unauffällig ihre Hand.
Slither leerte sein Glas. »Er war ein großer Fan von Frauen, Gerstensaft und Pferderennen, wobei die Reihenfolge variierte. Diesbezüglich waren wir uns ähnlich, obwohl bei mir die Frauen immer Priorität hatten.« Er beugte sich über den Tisch und hüllte Dara in seinen Alkohol- und Zigarettenmief, in den noch eine weitere übelriechende
Komponente mit hineinspielte, die an faules Obst erinnerte. Dara nickte, und Slither grinste. Hätte er Wimpern gehabt, dann hätte er jetzt wohl damit geklimpert.
»Und, hegt er noch immer eine Begeisterung für … äh … Frauen, Gerstensaft und Pferderennen?«, erkundigte sich Dara und überkreuzte unwillkürlich Daumen und Zeigefinger,
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