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Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Titel: Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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machen, muss man laut brüllen. Ich fürchte, es wird ein Wahnsinn, hier mit Andrea zu warten.
    Zum Glück lauern auch hier Menschen, die aus der Grenze einen Job machen: Mit geübtem Auge erkennen sie sofort, wenn Touristen in Schwierigkeiten sind, vielleicht riechen sie sie ja schon kilometerweit und richten den Blick auf die Stelle, wo sie erscheinen werden. Sobald wir das Auto abgegeben haben, redet uns ein Mann an. Ein Riese in weißem Unterhemd, völlig verschwitzt, sein Spanisch ist beinahe unverständlich. Ich bezahle ihn umgehend und händige ihm Pässe und Geld aus. Er verschwindet in der Menge. Ein bisschen bang wird mir schon: Und wenn er jetzt abhaut? Hier, im Herzen Mittelamerikas? Ich umarme Andrea, und wir blödeln eine Weile herum, zur Beruhigung. Die Zeit scheint stillzustehen, doch als ich schon anfange, mir vorzustellen, wie wir ohne Auto, ohne Geld und ohne Papiere Hühnermist verkaufen müssen, um etwas Kleingeld zusammenzukratzen, wedelt der Mann im Unterhemd von weitem mit den Pässen und winkt uns zu sich. Ohne Schlange zu stehen, überschreiten wir die Grenze, hier ein Stempel, da ein Stempel, wir folgen ihm, ohne genau zu wissen, wohin er uns führt. Ende gut, alles gut, wir sind in Panama.
    Der junge Mann vom Autoverleih wartet schon seit Stunden auf uns. Als wäre das nicht genug, umarmt Andrea ihn auch noch stürmisch, und er prallt zurück wie ein Gummiball.
    »No tengas miedo. Hab keine Angst.«
    Anschließend, im Büro des Verleihs, verpassen sie uns einen Geländewagen mit allem Komfort. Nicht dass wir den unbedingt gewollt hätten, aber es gibt gar keine Wahl, der Jeep ist gerade verfügbar und kostet sogar weniger als der Kleinwagen, den wir in Costa Rica hatten.
    Wir fahren Richtung Santiago, hier sind die Nebenstraßen noch holperiger, noch schmaler, und der Wald schreibt sich hier mit Großbuchstaben. Er könnte uns mir nichts, dir nichts verschlucken. Die baufälligen Brücken häufen sich, eine völlig intakte Brücke macht uns misstrauisch: Und wenn es eine Falle wäre? Beim Überqueren all dieser unsicheren Konstruktionen sterben wir tausend Tode. Noch zweihundert Kilometer bis Santiago, nur Mut. Als wir beide Pipi müssen, beschließen wir anzuhalten. Ich werfe einen Blick auf den Jeep und sehe, dass wir einen Platten haben. Bei dem Gerüttel war mir das überhaupt nicht aufgefallen. Ich mache mich ans Werk, aber keine Chance, der Ersatzreifen will sich nicht aus seiner Verankerung lösen. Andrea wirft Steine in den Fluss. Ich trete ein paarmal gegen den Reifen, doch der stammt von Bruce Willis ab und gibt nicht nach. Ich bin am Rande eines mörderischen Nervenzusammenbruchs, als einige schrottreife Fahrräder mit fröhlichen jungen Burschen darauf in Sicht kommen. Einer von ihnen lernt Mechaniker und ist noch dazu Toyota-Fan. Der Reifenwechsel bei diesen Autos birgt für ihn kein Geheimnis. Es ist so, wie wenn man in der Wüste auf einen Fachmann für Seeanemonen trifft. In relativ kurzer Zeit lösen wir das Problem und sind wieder flott.
    Schwein gehabt, sage ich allein vor mich hin. Andrea hat zwei Stunden lang nur Steine ins Wasser geworfen. Viele Steine.
    Allmählich wird es dunkel, die Burschen sagen, nach Santiago geht es einfach immer geradeaus: Die Straße, auf der wir uns befinden, ist die einzige, die es gibt.
    Gegen neun Uhr abends kommen wir an, irgendetwas an dem Auto scheint mir nicht zu stimmen, womöglich haben wir noch mal einen Platten. Der Tag war lang, deshalb halten wir vor dem erstbesten Hotel. Die Räder sind in Ordnung, es war nur meine Anspannung. Das Hotel ist annehmbar, wir essen Pizza und raffen uns sogar noch dazu auf, ein wenig durch das Städtchen zu schlendern, als wir plötzlich am Rande eines taghell erleuchteten Spielfelds stehen und die zweite Halbzeit eines herrlich turbulenten Fußballspiels mitbekommen.
    Im Hotel Dusche, Zähneputzen, ab ins Bett. Gedämpfte Musik dringt aus Andreas iPod, während ich noch einen Blick auf die Fotos von heute werfe. Da, ein Bild von Jorge, ein Stich ins Herz. Werden wir ihn wiedersehen?
    Ich bin absolut alle, Andre, du hoffentlich auch.

Panama
     
    »Jorge glücklich.«
    »Was sagst du da, Andre, du meinst, dass Jorge glücklich ist?«
    »Jorge glücklich.«
    »Na hör mal, er lebt in einer Hütte aus Erde und Schlamm, in die es reinregnet! Er hat keine Freunde, liegt auf seiner dreckigen Matratze und kann sich nicht rühren. Seit zweiundzwanzig Jahren! Wie kann er da glücklich sein? Hat es dir nicht

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