Wenn ich einen Wunsch frei haette
»
Camp-David-Verhandlungen« nachzuspielen und gegebenenfalls weiterzuführen.
Dem Ausblenden und Vertagen der heiklen Streitfragen bei den offiziellen Verhandlungen wohnte bereits deren Scheitern inne. Deshalb stellten die Jugendlichen in allen Gruppen schon seit 2002 die wichtigsten Streitpunkte, das sind der Grenzverlauf, der Status von Jerusalem und die Rückkehr der Flüchtlinge, in den Mittelpunkt ihrer Verhandlungen. Dazu wird der Impuls gegeben:
»Welche Kompromisse sollte Eure Regierung eingehen und welche Opfer wärest Du persönlich bereit, für einen Friedensschluss zu bringen?«
Ein Palästinenser meinte: »Als ich kam, war mir vor allem wichtig, die anderen davon zu überzeugen, dass alle unsere Flüchtlinge dorthin zurückkehren müssen, wo sie ursprünglich herkommen – nach Palästina sowieso, aber auch nach Israel. In den letzten Tagen habe ich eingesehen, dass das nicht so einfach möglich sein wird. Ich habe die Ängste der Israelis verstanden. Jetzt komme ich bald wieder nach Hause. Und dort werde ich einige Wochen sehr viel nachdenken müssen. Ich weiß jetzt, dass auch wir Kompromisse schließen müssen. Es ist sehr hart für uns, aber jetzt habe ich erfahren, dass es auch für die Israelis hart ist.«
In den vergangenen Jahren fanden bei den Seminaren immer wieder simulierte »Friedensverhandlungen« statt. Es |180| war stets sehr beeindruckend, wie selbstverständlich die Jugendlichen mit dem Instrumentarium internationaler
Konfliktdiplomatie
umgingen, wie klar es für sie war, dass es für den Nahen Osten nur die Lösung zweier
gleichberechtigter
Staaten geben könne. Verständlich war auch, dass sich die »Verhandlungsdelegationen« genau wie die »richtigen« Diplomaten in den Details demografischer Faktoren, Völkerrechtsfragen bei der Rückkehr der Flüchtlinge beziehungsweise eines Lastenausgleichs bei den
Entschädigungsleistungen
verstrickten. Die Anlehnung an die »diplomatischen Regeln« bedeutete aber zugleich eine Befangenheit bei der Entwicklung kreativer Lösungsvorschläge.
I m Frühjahr 2007 startete US-Außenministerin
Condoleezza Rice eine erneute Friedensinitiative, die jedoch von vorneherein zum Scheitern verurteilt zu sein schien, weil die strittigsten Punkte (Grenzverlauf, Status von Jerusalem, Flüchtlingsfrage) wie bei allen vorhergehenden offiziellen Friedensverhandlungen wieder ausgeklammert werden sollten. Die palästinensische Verwaltung drängte dann aber darauf, dass die Verhandlungen mehr sein müssten als ein weiterer »Fototermin« der Staatsmänner.
Deshalb beschlossen wir auf unserem letzten Seminar im Sommer 2007, den simulierten »Friedensverhandlungen« mehr Zeit im Rahmen des Seminarverlaufs zu geben, und die brisanten Probleme ins Zentrum der Verhandlungen zu stellen.
Die »Parteien« im Friedensseminar verhandelten unter sich und mit der Gegenseite. Zum Schluss trugen die Delegierten |181| die Ergebnisse der Öffentlichkeit in einer Pressekonferenz vor. Die möglichen Kompromisse wurden nach langem Ringen und teils harten Auseinandersetzungen recht detailliert ausgearbeitet. Im Ergebnis sind sie zwar ähnlich wie in den Vorjahren, doch der Prozess war weitaus schwieriger. Die inzwischen durch Israel geschaffenen Fakten des Mauerbaus und die Ansiedlung Tausender von Menschen auf palästinensischem Gebiet um Jerusalem herum sind schwer zurückzuschrauben.
Das Ergebnisprotokoll einer Gruppe lautete:
Siedlungen: Innerhalb von fünf Jahren müssen alle Siedlungen geräumt werden. Auf Gewalt muss verzichtet werden. Internationale Truppen (wie beispielsweise UNIFIL , das ist die Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon) sollen den Rückzug bewachen. In den von Siedlern befreiten Gebieten sollen palästinensische und
UNIFIL-Sicherheitskräfte
stationiert werden. Die Juden haben das Recht, ihre heiligen Stätten zu besuchen. Die
palästinensische
Polizei garantiert ihre Sicherheit.
Jerusalem: Alle Siedlungen in und um Jerusalem werden evakuiert. Ausgrabungen werden gestoppt. Die Stadt soll offen für alle Völker bleiben. Die Altstadt bleibt von beiden Staaten unabhängig. In welcher Form dies geschehen soll, bleibt noch unklar.
Grenzen: Die seit 1967 andauernde Besetzung soll enden. Einzelheiten blieben jedoch auch hier umstritten. Die israelische Seite bot an, große Siedlungen wie Ariel zu behalten |182| , dafür als Gegenleistung dem Gazastreifen mehr Land zu geben und ihn mit der Westbank durch eine Autobahn zu verbinden.
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