Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
mit der Schwester verkuppeln? Du hast nie erzählt, dass sie so geil gebaut ist.«
Brett musste zugeben, dass Lurch recht hatte. Vom Aussehen her hätte Dakota ihm durchaus zugesagt, aber sie war wilder als Hannah. Dakota war genau richtig, wenn man auf eine Freundin aus war, aber er hatte sich für eine Frau entschieden, mit der man alt werden konnte.
Die Harfenistin spielte den Hochzeitswalzer, als der Zug sich in Bewegung setzte. Vereinzelte Tropfen kündigten das nahende Unwetter an.
Verblüfft betrachtete Hannah den Zelebranten, unterbrach aber den Gottesdienst nicht mit Zwischenfragen. Das Ehegelübde war rasch gesprochen, und sie verhaspelten sich nur kurz.
»Du darfst die Braut jetzt küssen«, verkündete Onkel Lionel, unmittelbar gefolgt von einem lauten Donnerschlag. »Und dann sollten wir zusehen, dass wir ins Trockene kommen.«
Die Lippen des Brautpaars berührten einander noch, da bahnten die Gäste sich schon den Weg zum Festsaal des Hotelkomplexes. Der Fotograf packte gerade die Ausrüstung weg und verpasste den Augenblick. Hannah bestand darauf, den Kuss zu wiederholen.
Der Fotograf wollte noch ein paar »atmosphärischere« Bilder schießen, und jemand erklärte sich bereit, den Schirm zu halten. Brett hielt das eher für Schwachsinn. Sie hampelten herum, stellten sich in Positur und korrigierten fortwährend Hand- und Kinnhaltung und Faltenwurf, während der Himmel schwärzer und schwärzer wurde. Brett konnte an nichts anderes mehr denken, als wie gern er jetzt im Saal wäre, um endlich mit einem Drink zu feiern – immerhin zahlten sie die ganzen alkoholischen Getränke. Hannah machte sich derweil offenbar vor allem Sorgen, der Regenschirm könne einen Blitz anziehen und ihr die Frisur ruinieren.
Sein Einwurf, ihre Haare seien derart mit Schlonze und Nadeln zugekleistert, dass sie auch einen Atombombenabwurf schadlos überstehen würden, trug nicht dazu bei, die Situation zu entspannen. Währenddessen wanzte Lurch sich an Dakota ran und raunte ihr zu, das Wetter lasse ihre Nippel so schön vorwitzig aussehen, was Hannah ungünstigerweise hörte. Zum Dank für seine Mühe bekam er einen ihrer tödlichen eisigen Blicke ab. Dabei meinte Lurch es überhaupt nicht böse, er wollte Dakota nur ein Kompliment machen. Und ihre Nippel waren ja auch wirklich kaum zu übersehen, so wie sie unter dem goldenen Glitzerkleid abstanden.
Ein Unwetter war in Hannahs präzise durchgeplantem Tagesablauf nicht vorgesehen. Während der Regen sich zum Wolkenbruch verdichtete, bemühten sie sich nach Kräften, zu lächeln, zu posieren und Hannahs Märchenbild ehelichen Glücks einzufangen. Die Zeit reichte kaum aus, die Tableaus nachzustellen, die sie als Vorlage für den Fotografen aus Brautzeitschriften ausgerissen hatte. Über dem Meer donnerte und blitzte es noch ein paarmal, dann flüchteten sie rasch nach drinnen.
»Regen zur Hochzeit bringt Glück, sagt man. Also muss das ein wahrhaft gesegnetes Paar sein«, erklärte Hannahs Vater, als er der Hochzeitsgesellschaft Mr und Mrs Brett Dengate ankündigte. Die neunzig Gäste applaudierten und grölten, alle mit einem Glas in der Hand.
»Ich bin nicht der Richtige, um euch Ratschläge zu geben, nicht bei meiner Leistungsbilanz, aber eines möchte ich doch sagen … Brett, wenn du meiner Kleinen je wehtust, bringe ich dich um.« Der alte Herr grinste durch eine Zahnlücke und hob das Glas.
Alle lachten, außer Brett.
»Dein Make-up sieht immer noch toll aus«, beruhigte Dakota Hannah. »Mach dir wegen der Fotos keine Gedanken. Ihr könnt später noch mal welche machen, wenn das Gewitter vorbei ist, oben auf der Veranda bei Sonnenuntergang. Das ist perfekt.«
Hannah küsste die Schwester auf die Wange. »Du bist die beste Schwester aller Zeiten. Ach, und du solltest Lurch vielleicht besser aus dem Weg gehen. Es hat mir ganz und gar nicht gefallen, wie er dich vorhin angestarrt hat, ich finde ihn irgendwie … «
»Schmierig? Bei seinem Anblick hat’s meinem Schleimometer sämtliche Sicherungen rausgehauen. Mach dir mal keine Sorgen, mit dem werde ich schon fertig.«
Der Bräutigam brachte beiden ein Glas Champagner, aber Hannah war so damit beschäftigt, nur ja keine Verwandten und Bekannten zu übergehen, dass sie nichts davon trank. Bretts Freunde zerrten ihn in eine andere Ecke, und das Paar begegnete sich erst bei den offiziellen Reden wieder. Inzwischen war der Großteil des Büfetts verputzt, und Hannah war nicht dazu gekommen, etwas zu essen, so
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