Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
den Sender geht. Den strahlen wir heute Nacht und morgen den ganzen Vormittag über alle halbe Stunde aus. Außerdem lassen wir jeden, der ihn irgendwann mal aus der Nähe gesehen haben könnte, erzählen, was für ein toller Hecht und großes Vorbild er war, bla, bla, bla.«
Nirgends im Raum war ein Hauch von Trauer oder Bedrückung zu spüren. Es war, als kandidiere Janson für ein hohes Amt, und seine Wahlkampfmaschinerie lief auf vollen Touren. Anya war unbegreiflich, dass ebenjener Mann, der aller Wahrscheinlichkeit nach erst vor wenigen Tagen eine junge Frau vergewaltigt hatte, aller Welt als Heiliger präsentiert werden sollte.
Für gewöhnlich wurde jedes Menschenleben durch den Tod aller falschen Vorspiegelungen entkleidet und die öffentliche Maske unweigerlich heruntergerissen. Hier aber wurde auf Hochtouren an einer ganz besonderen Totenmaske für Janson gearbeitet.
»Wie Sie angeordnet haben, verweigert die trauernde Witwe jedes Interview. Wir machen die Exklusivsache klar, sobald Oprah und Barbara Walters sich melden. Vielleicht wirft ja sogar Ellen ihren Hut in den Ring. Die beiden Töchterlein sind wirklich Gold wert.«
»Hat schon jemand wegen einer Stellungnahme beim Vatikan angefragt?«, grummelte Anya kaum hörbar. Mit einer PR -Kampagne für einen Sexualverbrecher wollte sie nichts zu tun haben, also rutschte sie auf dem Sessel vor, um aufzustehen und zu gehen.
»Dr. Crichton«, sagte Buffet, »wir haben Sie geholt, damit Sie uns bei der Feststellung der Unbescholtenheit einiger unserer Spieler unterstützen und ihnen Nachhilfe in Sexualhygiene geben. Ich darf für uns alle sprechen, wenn ich sage, Sie sind unseren Vorstellungen vollauf gerecht geworden.« Er hielt inne, und wie auf Kommando stellten die versammelten Schergen ihre Gespräche ein und verließen nacheinander den Raum.
Zurück blieben die drei Clubbesitzer, Ethan und Anya.
»Was hat sich in dem Hotelzimmer abgespielt, und was wird bei der Obduktion herauskommen?«
Anya war sich nicht sicher, was Buffet von ihr erwartete, sie hoffte nur, es wäre nicht die Beteiligung an der Reinwaschungskampagne.
»Die Autopsie wird den groben Todeszeitpunkt feststellen, der nicht mehr als eine Stunde vor unserem Eintreffen gelegen haben kann. Dem ersten Augenschein nach starb er an Atemdepression durch einen eng um seinen Hals geschlungenen, am Kleiderschrank befestigten Gürtel. Er war nackt, von dem Kondom an seinem Glied abgesehen.«
»Glauben Sie, dass er selbst Schluss gemacht hat?«
»Das Merkwürdige ist, er hätte nur aufzustehen brauchen, wenn er gewollt und gekonnt hätte. Die Kleiderstange war viel niedriger als er.«
»Sie vermuten also Mord?« Buffet war keiner, der um den heißen Brei herumredete.
»Dazu hätte man ihn betäuben müssen, außerdem wäre ein außerordentlich kräftiger Mensch vonnöten, wenn nicht gar mehrere, um das zu inszenieren. Es brauchte vier Personen, nur um die Leiche zu Boden zu lassen.«
Buffet zog an der Pfeife.
»Von den Spielern wäre jeder dazu in der Lage. Janson legte es nicht gerade darauf an, sich beliebt zu machen. Wenn wir einen Verdächtigen suchen, kommt praktisch jede zweite Frau, mit der er je zu tun hatte, infrage, zudem seine Ehefrau und jeder Mitspieler, mit dessen Frau er in der Kiste war.«
Ethan stützte die Hände auf die Schenkel. »Es gibt noch weitere Möglichkeiten. Möglich, dass Janson sich an einer gefährlichen Sexualpraktik versucht hat, die außer Kontrolle geriet, oder dass die Frau, mit der er vor seinem Ableben mutmaßlich Sex hatte, etwas damit zu tun hat.«
»Was soll denn das für ein Geschlechtsakt sein, der mit einem toten Footballer endet?« Masterton war außer sich. »Was für ein Verein ist das hier überhaupt? Sie sollte die Kerle über Safer Sex aufklären. Was für eine Botschaft ist das denn für unsere jungen Fans?« Er riss beide Hände in die Höhe.
»Eine völlig vernünftige Botschaft«, entgegnete Anya. »Jeder vierte Amerikaner ist Träger einer sexuell übertragbaren Krankheit, und solange Ihre Spieler fröhlich überall ungeschützten Sex haben, können sie unzählige Frauen anstecken, von ihren eigenen Ehefrauen und Partnerinnen ganz zu schweigen. Und was ist mit ungewollten Schwangerschaften? Eine Heerschar alleinerziehender Mütter mit unehelichen Kindern, die auf Feststellung der Vaterschaft und Unterhalt klagen, beschädigt den Ruf des Teams noch weit mehr. Wenn man sich die kollektive Unwissenheit ansieht, kann man nur sagen,
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