Wenn keiner dir glaubt: Thriller (German Edition)
verband das Handy mit dem Laptop. Schritt eins. Die Fotos runterladen und die Originale lassen, wo sie waren. Crichton würde nicht einmal ahnen, dass jemand sie kopiert hatte. Sie sollte ruhig ein paar Stunden Panik schieben, wenn sie merkte, dass das Handy weg war. Es konnte nichts schaden, wenn sie sich nicht allzu sicher fühlte.
Sie würde das Ding früh genug wiederbekommen und es dann garantiert nicht mehr leichtfertig aus der Hand geben. Umso besser.
Schritt zwei war zeitaufwendiger. Bis das Spionageprogramm hochgeladen war, dauerte es deutlich länger. Von nun an konnte man alles belauschen, was die schlaue Frau Doktor sagte und hörte, ganz gleich, wo sie sich befand.
Abschalten war nutzlos.
Das Handy war zur Wanze geworden, selbst im ausgeschalteten Zustand. Schon erstaunlich, wie etwas derart Banales sich in eine wahre Goldader fortlaufenden Wissens verwandeln ließ. Die Software erleichterte einem die Arbeit wirklich ungemein.
Was immer Anya Crichton über Kirsten Byrne und die fünf Spieler herausfände, es würde ebenso aufgezeichnet, wie alles, was sie über das Ableben von Janson und Keller in Erfahrung brächte.
Die Wahrscheinlichkeit, dass sie die Wahrheit herausbekam, war gering, aber dies war eine Rückversicherung, schließlich war der Einsatz weit höher, als die naive Ärztin je begreifen würde.
Der letzte Schritt: Aktivieren der GPS -Ortung im Handy. Erledigt.
Ab sofort war Anya Crichton nie mehr außer Sicht- und Hörweite.
In ihrem Hotelzimmer kickte Anya die Schuhe von den Füßen und stieg ins Bett. Es war beinahe Zeit für den Anruf bei Ben. Sie kramte in der Handtasche nach dem Handy und ertastete den Geldbeutel, Taschentücher, einen Müsliriegel, nur vom Handy fehlte jede Spur. Sie suchte in sämtlichen Taschen und Fächern. Das Handy war weg.
Wo steckte es? Verdammt. Mit dem Handy telefonierte sie per Skype nach Hause. Und was das Wichtigere war, darauf befanden sich die Fotos von Janson im Kleiderschrank. Es musste doch irgendwo sein. Sie kippte die Tasche aus, durchwühlte noch einmal alles, wieder ohne Erfolg. Das Herz in ihrer Brust pochte immer heftiger. Sie suchte unter dem Bett und zog die Decke weg. Sie lief ins Bad, fand aber nur das Waschzeug. Sie wollte sich übergeben. Das konnte nicht wahr sein. Wenn diese Bilder in Umlauf gerieten, hätte das verheerende Auswirkungen auf Jansons Angehörige und ernste rechtliche Konsequenzen für sie. Die Vorstellung war grauenhaft. Irgendwo musste es doch stecken. Sie riss das Laken vom Bett, das sie Zentimeter für Zentimeter nach dem Handy abtastete. Nichts. Herrgott, wo konnte es nur stecken?
Im Geiste ging sie jeden Schritt ab, den sie seit dem Auffinden von Jansons leblosem Körper gemacht hatte. Zum letzten Mal hatte sie es in Jansons Hotelzimmer in der Hand gehabt. Sie rieb sich den Ellenbogen und erinnerte sich an den Sturz im Korridor.
Es musste herausgerutscht sein, als ihr die Tasche auf den Boden gefallen war. Sie rannte hinunter und suchte den Korridor ab. Irgendwer musste es gefunden haben, aber an der Rezeption war nichts abgegeben worden.
Es war immerhin möglich, dass der aktuelle Besitzer des Handys noch nicht wusste, was er da in Händen hielt. Entweder das, oder man hatte ihr das Handy gestohlen. Sie wusste nicht, was beängstigender war. Mittlerweile war sie so panisch, dass ihr die schweißnassen Kleider am Leib klebten.
Wie ein Horrorfilm liefen die Ereignisse der Nacht vor ihrem inneren Auge ab. Sie sah zum x-ten Mal unter dem Bett nach, unter Kissen, Stühlen und Polstern, ehe sie die Suche atemlos und von Schuldgefühlen gepeinigt aufgab. Ethan und Buffet würden es früh genug erfahren. Über das Zimmertelefon rief sie zu Hause an.
Ben ging sofort an den Apparat, als habe er ihren Anruf erwartet.
»Hallo, Mom.«
»Hallo, mein Süßer, wie war dein Tag?«
»Gut.« Bei diesem Wort ging seine Stimme am Schluss immer nach oben, so als sei es eine Frage. Sie musste lächeln trotz der fortdauernden Übelkeit wegen des Handys.
»Was war denn so gut daran?«
»Ich hab einen Aufkleber gekriegt, weil ich gut lesen kann und immer hilfsbereit bin. Und mittags hab ich Fußball gespielt und ein Tor geschossen.«
Anya hatte ihren Sohn Fußball spielen sehen, was in seinem Alter primär darin bestand, dass ein Haufen Jungs in dieselbe Richtung rannte.
»Das ist toll. Dein Dad ist sicher ein guter Lehrer. Hast du irgendwelche Briefe von der Schule mitbekommen?«
Trotz der weiten Entfernung wollte sie
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