Wenn Kinder um sich schlagen
Sanktion zu gewährleisten, sollte auch in diesem Alter bei »kleineren« Delikten und einer eindeutigen Ãberführung des Täters eine unmittelbare Handlungsmöglichkeit der Polizei ohne Zwischenschaltung gerichtlicher Bearbeitung etabliert werden, gekoppelt mit einer sofortigen sozialpädagogischen Betreuung der Familie durch das Amt für Soziale Dienste (Jugendamt). Alle Kinder, bei denen die Entwicklung dauerhafter Verhaltensprobleme droht, sollten die Möglichkeit haben, in der Freizeit sozialpädagogisch betreut zu werden, um andere Vorbilder erleben und wichtige, dauerhaft verlässliche Beziehungen zu wohlwollenden Erwachsenen auch auÃerhalb des Elternhauses aufbauen zu können. (Die hier beschriebenen sofortigen Betreuungsmöglichkeiten sind in der Realität leider oft nicht gewährleistet. Hier besteht erheblicher Handlungsbedarf.)
Eltern müssen täglich neu erfahren, wie es ihrem Kind geht, ob sich ihr Kind wohlfühlt oder ob es eine gedrückte Stimmung hat. Sie müssen wissen, ob ihr Kind vielleicht sogar Opfer von Gewalt in Schule oder Freizeit wird, ob es von anderen Kindern oder Jugendlichen bedroht, erpresst oder gequält wird.
Â
Ein achtjähriger Junge ist in seiner Klasse der Kleinste. Die anderen Mitschüler hänseln ihn, schubsen ihn herum und sperren ihn mehrfach in ein gegrabenes Erdloch. Sie bedrohen ihn massiv. Falls er diese Misshandlungen preisgäbe, würden sie ihm noch schlimmere Dinge antun. Die gedrückte Stimmung und die zunehmende Ãngstlichkeit des Jungen fallen seiner Mutter rasch auf, aber auf ihr Nachfragen schweigt er nur. Jeden Morgen klagt er über Bauchschmerzen, manchmal muss er sogar erbrechen, die körperlichen Untersuchungen beim Kinderarzt sind unauffällig. Eines Tages hat er jedoch solche Angst, dass er nicht weiter schweigen kann. Er erzählt seiner Mutter von seinem Leid, das ihm von einigen Mitschülern angetan wird. Die Eltern werden aktiv.
Die Lehrer werden informiert, es wird dieses Thema in der Klasse besprochen und den Tätern klar gesagt, dass dieses Schülermobbing nicht hingenommen wird. Gespräche mit Tätern und deren Eltern und auch mit Täter- und Opfereltern gemeinsam im Beisein der Lehrer erfolgen. Der kleine Junge wird von seinen Eltern und den Lehrern ermutigt, zukünftig eventuellen Peinigern mit einem klaren, lauten »Nein! Du lässt mich in Ruhe!« eine Grenze zu setzen und mit ausgestreckten Armen den Angreifer entschlossen zur Seite zu drängen (ohne selbst gewalttätig übergriffig zu werden), um sich dann umgehend dem nächsten Lehrer anzuvertrauen.
Â
Tätern muss im Rahmen schulischer Anti-Gewalt-Programme klargemacht werden, dass Gewalt nicht akzeptiert wird und die Opfer geschützt werden. Solche Programme arbeiten teilweise auch mit »Streitschlichtern«, speziell geschulten Schülerinnen und Schülern, die das Recht, die Pflicht und die Befähigung haben, schlichtend in Schülerstreitigkeiten einzugreifen. Lehrer müssen Beschwerden von Kindern ernst nehmen, denn es ist wichtig, harmlose Rangeleien, mit denen alle Beteiligten einverstanden sind (»SpaÃkloppe«), von bedenklicher Schülergewalt zu unterscheiden. Die Opfer müssen ermutigt werden, sich mit Worten und auch körperlich zur Wehr zu setzen, ohne selber gewalttätig auf den Angreifer einzuschlagen.
Das Erlernen einer Kampfsportart, die Körpergefühl und Selbstvertrauen vermittelt, aber auch Disziplin und Fairness verlangt (zum Beispiel Judo), kann sehr hilfreich sein. Die Kinder müssen aber auch ermutigt werden, sich Hilfe durch Erwachsene zu holen. Das hat nichts mit »Petzen« harmloser Vergehen zu tun, sondern ist ein grundlegendes Recht eines jeden Bedrohten. Die Opfer müssen die Gewissheit haben, jederzeit Unterstützung durch die Lehrpersonen und die Eltern zu erhalten. Das oben genannte Beispiel zeigt, wie wichtig Offenheit und
Vertrauen zwischen Kindern und Eltern ist. Durch klares Eingreifen konnte das Opfer vor weiterer Qual bewahrt werden.
Kinder, die gemobbt werden, schaffen es meistens nicht, aus eigener Kraft die Situation zu verändern. Sie brauchen Hilfe. Daher müssen die Lehrer in jeder Schule an einem Strang ziehen und idealerweise ein gemeinsames Anti-Mobbing-Konzept entwickeln. Kein Kind darf von Lehrern/Lehrbeauftragten abfällig behandelt werden, auch wenn das betroffene Kind vielleicht ein
Weitere Kostenlose Bücher