Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
Beine weg, sodass dieser nach hinten kippte und der Länge nach auf den Boden prallte. Er gab ein Keuchen von sich, als Nikolaj seinen rechten Arm packte und ruckartig herumdrehte, sodass ihm das Messer aus der Hand fiel.
„
Nicht!!“
Sie schrie es in einem einzigen lauten und energischen Schrei heraus. „Tu ihm nicht weh! Bitte!!“
Nun reagierte auch Marah. Sie trat vor und sah Nikolaj derart angestrengt an, dass sie ihn förmlich mit ihrem Blick durchbohrte. Einen kurzen Moment darauf ließ er Jonathan los und taumelte zurück, als hätte er sich am Boden verbrannt.
„Los, komm her!“, drängte Marah, eilte, Nikolaj im Auge behaltend, auf Jonathan zu und half ihm auf die Beine.
Nikolaj ließ zu, dass Marah ihn von sich wegzog. Er stand regungslos, die Hände zu Fäusten geballt, da und musterte sie, als suche er in ihrem Gesicht nach einer Antwort auf eine unausgesprochene Frage. „Ich hatte nicht vor, ihm etwas zu tun“, sagte er schließlich. „Vorerst jedenfalls nicht …“ Er sprach an sie gewandt – obwohl es zeitgleich klang, als würde er zu sich selbst sprechen.
„Elender Bastard …!“, keifte Jonathan und löste sich aus Marahs Umklammerung.
„Bist du geisteskrank?“, blaffte Marah ihn von der Seite an und packte ihn erneut am Arm. Sie war leicht blass und atmete schnell.
„Nein – ICH nicht!“
„Wenn ich dich tot sehen wollte, wärst du es längst“, sagte Nikolaj dunkel.
„Ach ja …?!“ Jonathan bebte am ganzen Leib, blieb aber stehen, wo er war.
„Ich bin wegen Gwen hier“, stellte er nüchtern klar, drehte den Kopf und sah sie wieder an. „Ich weiß, dass Céstine tot ist – und Merkas weiß es auch. Er lässt seine Leute nach dir suchen. Wenn er dich findet, wird er dich töten.“
Sie war zu keiner Äußerung fähig. Merkas wollte sie umbringen? Früher oder später würde er sie ganz sicher finden – oder? Und was Nikolaj anging: Er sprach mit ihr, wie … ja wie? Nicht wie der einstige Nick und nicht wie der neue, fremde Nikolaj. Was sollte sie davon halten? Was hielt sie momentan überhaut von ihm?
Marahs Blick glitt abwechselnd von ihr zu Nikolaj. „Warum bist du hier? Um sie zu ihm zu bringen?“
„Nein. Ich will nicht, dass er sie findet. Ich will nicht, dass er sie tötet. Ich bin hier, um sie zu beschützen.“
„
Sie
beschützen
?“, spottete Jonathan. „Nach allem, was du ihr angetan hast, willst du sie nun urplötzlich beschützen?!“
Ein Ausdruck von Scham und Schmerz flutete Nikolajs Gesicht. Sie konnte es genau erkennen, auch, wenn er versuchte, es zu unterdrücken. Er dachte an das, was zwischen ihnen geschehen war – und dass sie es den beiden erzählt hatte.
„Ich hab dich vielleicht vorhin verfehlt, aber irgendwann treffe ich schon … und zwar genau ins Schwarze“, setzte Jonathan hitzig nach.
Nikolaj presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und breitete die Arme aus. „Bitte: Wag einen neuen Versuch.“
„Nein!!“
Abermals glitt das Wort einfach aus ihrem Mund hervor.
Alle drei sahen sie an. Marah fand als erste ihre Stimme. „Gwen, du hast gesagt, er ist nicht mehr der, den du kennst. Das könnte eine Falle sein. Vielleicht sollte er dich nur finden und uns hinhalten, bis der Rest nachrückt. Du bist vor ihm weggelaufen, als du ihn das letzte Mal gesehen hast. Hat sich seither irgendetwas geändert?“
„Hat es …?“ Sie sah nicht Marah, sondern Nikolaj an. Sah ihn gleichsam flehend, herausfordernd und hoffend an.
Es dauerte einige Augenblicke, ehe er antwortete. „Ich bin hier, um dich zu beschützen. Ich will nur, dass du dein normales Leben zurückbekommst. Du hast mein Wort darauf, dass ich nichts anderes im Sinn habe.“
Sie versuchte hinter seine Maske zu sehen. Versuchte zu erfassen, was in ihm vorging, doch er hielt alles sicher und unzugänglich in sich verschlossen.
„Das ist ein wirklich mieser Witz …“ Jonathan schüttelte schnaubend den Kopf. „Das Wort eines Sensaten ist weniger wert, als Dreck. Du glaubst also nicht ernsthaft, dass wir …“
„Es kommt nicht darauf an, was du von meinem Wort hältst, sondern darauf, was Gwen davon hält.“
Marah schloss ihre Finger um Jonathans Unterarm und flüsterte ihm zu: „Ich glaube, er hat recht …“
„Du glaubst er … WAS?!“ Jonathan war anzusehen, dass er Marahs Worte kaum verdauen konnte, ohne daran zu ersticken.
„Wenn er die Wahrheit sagt, dann ist das nicht wirklich schlecht für uns. Mit ihm sind wir einer mehr. Einer mehr, gegen … eine Menge
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