Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
riss. Ein Schmerz, der sich ausdehnte, wie ein schwarzes Loch, das ihn in sich verschlingen wollte. Und der einzige Ausweg führte in noch dunklere Finsternis. Fort von Gwen. Fort von sich selbst. Dem Selbst, das er kannte – oder dachte, zu kennen. Denn die Vergangenheit hatte ihn ein weiteres Mal gelehrt, dass er nicht wusste, wer er war.
Der einzig andere Ausweg lag in weiter Ferne. Ein pulsierendes Licht. So weit entfernt, dass es kaum wahrnehmbar war. Und doch schien es so hell, grell und brennend, dass er unmöglich auf es zugehen konnte. Selbst wenn dieses Licht Gwen war. Oder vielleicht genau deswegen. Weil sie es war. Er verdiente ihr Licht nicht. Er verdiente sie nicht.
Aber … möglicherweise wäre es eine gute Art und Weise zu sterben: wenn er auf das pulsierende Licht – auf Gwen – zugehen und in ihrem Schein vergehen würde.
DREIZEHN
Als Marah aufwachte, fiel bereits Tageslicht ins Zimmer. Etwas träge setzte sie sich auf. Sie war tatsächlich noch mal eingeschlafen – und das in null Komma nichts, wie sie zugeben musste.
Die nächstwichtige Frage war nun: Was war während ihrer Abwesenheit passiert? Hatten die Gwen, Jonathan und Nikolaj schon eine Lösung für das Problem gefunden? Und eine Erklärung?
Sie sollte wohl so schnell als möglich nach unten – jedoch nicht, ohne dem Badezimmer einen kurzen Besuch abgestattet zu haben. So viel Zeit musste sein. Ihre Haare hatten langsam aber sicher dringend einen Waschgang nötig. Zwar hatte Blond den Vorteil, dass man den Fettfilm nicht so deutlich sah, wie bei dunklem Haar, doch spürte und roch sie es dennoch. Für den Moment würde sie sich mit einer Katzenwäsche begnügen. Wenn sie sich von den anderen auf den neuesten Stand hatte bringen lassen, würde sie sich einen ausgiebigeren Aufenthalt im Badezimmer gönnen, ehe sie erneut mit Gwen arbeiten würde.
Als sie nach einigen Minuten nach unten kam, stieß sie in der Küche auf Gwen und Jo. Sie saßen an einem gedeckten Frühstückstisch und sahen etwas übernächtigt aus. „Guten Morgen“, begrüßte sie die beiden.
„Guten Mittag“, empfing Jo sie.
„Mittag?“, wiederholte sie. „Wie spät ist es?“
„Halb zwölf.“
„Warum habt ihr mich nicht geweckt?“ Der Anflug eines schlechten Gewissens überkam sie.
„Weil du den Schlaf notwendig hattest“, entgegnete Jo bestimmend, stand auf und griff nach einer Kanne. „Setz dich. Ich habe Tee gemacht und
Essen auf den Tisch gelegt
.“ Ein verhaltenes Grinsen zog sich über seine Lippen.
Sie ließ sich nicht zweimal bitten, nahm auf einem der Stühle Platz und griff nach der Tasse. „Wo ist Nikolaj?“
„Wissen wir nicht.“
„Was soll das heißen?“ Sie hielt in der Bewegung inne und sah Jo fragend an, der lediglich mit den Achseln zuckte.
„Er meinte doch, er brauche Frischluft. Seither hat er sich nicht mehr blicken lassen. Ich hab mich draußen umgesehen, aber er war wie vom Erdboden verschluckt. Wenn er meint, dass er sich plötzlich aus dem Staub machen muss, von mir aus. So schnell kann man schwindend kleine Sympathiepunkte wieder verlieren … “
„Ich glaube nicht, dass er sich aus dem Staub gemacht hat“, sagte Gwen mit ziemlicher Überzeugung in der Stimme.
„Hmmmm … ich ehrlich gesagt auch nicht“, stimmte sie ihr laut denkend zu. Nicht nach dem Wirbel, den er veranstaltet hatte, um hierblieben zu dürfen. „Aber was ist mit den Traumbesuchen? Konntet ihr irgendeine Erklärung finden, warum dieser Merkas heute Nacht in deinen Schlaf dringen konnte? Oder noch wichtiger: Wie er beim nächsten Mal draußen bleibt?“
„Nimm es mir nicht übel, Marah – aber ich glaube, nach deinem riesen Zauber brauchst du all deine Kräfte für dich selbst“, sagte Jo in überzeugtem Tonfall. „Obendrein kann ich mir gut vorstellen, dass Nikolaj irgendwie eine Lücke geschaffen hat, als er hier aufgetaucht ist. Eine Lücke für Sensaten. Du hast es ja selbst gesagt: Gestern Nacht, als er nicht hier war, ist nichts gewesen. Was also schließen wir daraus?“, endete er gewichtig.
„Ich habe dir doch gesagt, dass Nikolaj schon einmal dafür gesorgt hat, dass Merkas mich nicht während des Schlafens überrumpeln kann“, antwortete Gwen. „Er kann irgendwie eine Schutzbarriere um meinen Geist errichten – so in etwa hat er es jedenfalls ausgedrückt.“
„Das kann er?“, hakte sie neugierig nach.
„Ja“, nickte Gwen. „Er wird wieder kommen. Er hat gesagt, er tut alles, was nötig ist, damit es nicht wieder
Weitere Kostenlose Bücher