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Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch

Titel: Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boje Verlag
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Irgendwie sind wir immer alle besser drauf, wenn wir zu fünft sind.
    Das war ein richtig gemütlicher Tag gestern. Wir waren alle zusammen mit dem Hund im Wald, haben zusammen gegessen, nachmittags Spiele gemacht und abends Ice Age gesehen, sogar Flocke war den ganzen Tag dabei.
    Kurz bevor Mama abgereist ist, hat sie zu Paps gesagt, dass sie ihn beneidet, weil er hier bei uns bleiben darf. »Sieh sie dir an, diese Kinder!«, rief sie. »Sind sie nicht wundervoll?«

    Ich trug einen Schlafanzug, der mit Zahncreme bekleckert war. Die Rosine nuckelte an einem Becher Fencheltee, weil es in ihrem Magen rumorte. Und Flocke hatte einen tierischen Sonnenbrand, weil er seinem Edelkörper gestern auf dem Balkon einen Bronzeschimmer verleihen wollte und dabei eingeschlafen war. Ich konnte es Paps nicht übel nehmen, dass er bei diesen Worten skeptisch aussah. Flocke, Rosalie und ich   – wir sind eher aus der Distanz wundervoll.
    7.00 Uhr  Ha! Wusste ich’s doch! In der Zeitung steht immer noch nichts über Vickys Eltern. Kein Wort. Aber natürlich werde ich das Tom gegenüber nicht erwähnen. Ich werde nicht mal eine Augenbraue hochziehen. Es wird aber schwer werden, nicht so auszusehen, als würde ich absichtlich nicht die Augenbraue hochziehen. Gut, dass ich Tom heute erst mal gar nicht sehe, weil ich arbeite.
    7.20 Uhr  So, jetzt sollte ich los. Paps soll nicht merken, dass ich nicht zur Schule gehe. Ich erzähle ihm schon noch irgendwann von dem Boykott, aber lieber erst, wenn es zu spät ist und er ihn mir nicht mehr verbieten kann.
    8.00 Uhr  Bin jetzt im Lager des Blumenladens meiner Tante. Hier gibt es Verzierungen aller Art, also alles, was die Menschheit nicht braucht. Glaskugeln für Gartenbeete, schmiedeeiserne Schnörkel, die man in Blumentöpfe stecken kann, Strohkränze, Trockenblumengestecke, kleine Tontäfelchen mit Kräuternamen, ebenfalls zur Dekoration von Beeten, Tiere aus Ton, Gießkannen, Vasen, Weihnachtsengel und so weiter und so fort. Meine Aufgabe ist es, Unbrauchbares wegzuwerfen, alles zu entstauben und zu sortieren. Schwierige Aufgabe. irgendwie kommt mir hier alles unbrauchbar vor.
    9.00 Uhr  Ich glaube, die Natur hat mich nicht für Arbeit geschaffen. Merke schon nach einer Stunde: Mein Körper wehrt sich dagegen. Jeder Muskel tut mir weh und meine Haut juckt von dem ganzen Staub. Vermutlich bin ich auch nur zur Verzierung da, so eine Art menschlicher Schnörkel, ein lebendes Ornament, eine Glaskugel im Beet des Lebens.
    9.30 Uhr  Kaffeepause.Puh!So ein Spendenmarathon kommt mir jetzt plötzlich viel attraktiver vor als heute früh. Das ist doch eigentlich eine sehr schöne, saubere, lockere, entspannte Angelegenheit.
    11.30 Uhr  Doch nicht.Bin eben mit letzter Kraft und staubentzündeten Augen aus dem Lager ans Tageslicht gekrochen und habe dort erst festgestellt, wie heiß es heute ist. Die armenLäufer! Und der arme Tom, der bei diesem Wetter draußen schuften muss! Wenigstens hat er Schatten im Wald.
    16.00 Uhr  Boah, ich bin fertig mit der Welt. Ich bin so was von platt. Aber die Sache hat sich gelohnt: Meine Tante hat mir fünfzig Euro für unsere Spendenkasse gegeben. Und sie hat mich sehr gelobt, ihr Lager sei jetzt so sauber und ordentlich wie nie zuvor. Jetzt aber ab unter die Dusche und los. Flocke und ich haben heute noch was vor! Oje, mir ist plötzlich doch ganz mulmig zumute.
    17.10 Uhr  Flocke blieb wie angewurzelt stehen, als er das Praxisschild an dem Haus sah, das ich ansteuerte.
    »Nee, das ist nicht dein Ernst, oder?«
    Ich sah ihn nur ausdruckslos an.
    »Lil, was willst du denn da?«
    Ich schenkte ihm einen weiteren langen Blick.
    »Ähm, ist das nicht ein bisschen früh? Ich mein, du bist doch mit Tom erst ganz kurz zusammen und du bist doch erst sechzehn, du kannst dir doch noch Zeit lassen.«
    Ich zog eine Augenbraue hoch. Nur eine. Das kann ich nämlich und das hasst er. Es sieht so unglaublich arrogant aus. Und tatsächlich, so langsam schien Flocke zu begreifen, was er da eigentlich sagte. Und dann fiel auch noch der letzte Groschen. »Hier warst du mit Dana am Donnerstag?«
    Ich nickte.
    »Und du willst da jetzt echt rein?«
    Ich nickte wieder. »Aber ich trau mich nicht allein. Und ich will nicht, dass meine Freundinnen das wissen. Ist doch echtwas Privates. Und Mama ist nicht da und ich kann doch nicht mit Paps da hin. Bitte, Flocke, nur ins Wartezimmer, okay?«
    Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und drückte auf den Klingelknopf.

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