Wenn Liebe die Antwort ist, wie lautet die Frage? - Lilias Tagebuch
mitentscheiden, was hier in der Schule läuft. Wie soll das gehen, bei über tausend Schülern. Wann ihr kommt und wann nicht, das gehört grundsätzlich nicht in euren Entscheidungsbereich.«
Fast tut er mir leid. Das kann doch auch für ihn selbst nicht schön sein. Ich meine, WIR können nachher nach Hause gehen und ihn einfach vergessen. Aber ER muss den ganzen Tag mit sich selbst verbringen und garantiert träumt er auch nachts von sich. Das ist nicht schön.
10.20 Uhr Tom wollte dem Maki eben eine Einzahlungsquittung überreichen. Er war heute schon vor der ersten Stunde an der Schule und hat einen Teil des Geldes eingesammelt. Danach hat er der Organisation »Ärzte ohne Grenzen« 1200 Euro überwiesen. Und das ist erst der Anfang. Alle paar Minuten vibriert sein Handy ganz leise und jemand kündigt per SMS eine weitere Spende an.
Der Maki hat die Quittung zerknüllt und in den Müll geworfen. Was für eine kleinliche, schäbige Geste. Und dann hat erirgendwas erzählt von wegen Spendenquittungen und Buchführung und Nachweis und illegal, und dass er damit nichts zu tun haben will. Danach hat er wieder von vorn angefangen mit seiner Rede. »Welche Aktion an dieser Schule pädagogisch wertvoll ist und welche nicht, das haben nicht die Schüler zu entscheiden. Nicht ihr urteilt, ob …« Blablabla.
10.30 Uhr Uff.Zum Schluss seiner Rede hat Herr Makel uns dann doch noch kalt erwischt. Er sagte mit leiser Stimme den Satz, mit dem er immer seine gefährlichsten Aktionen einleitet. »Tut mir leid, aber so geht das nicht.« Und dann verkündete er, dass ALLE , die an diesem Boykott beteiligt waren, am Freitagnachmittag nachsitzen müssen. Ausnahmen gebe es nur bei einem ärztlichen Attest. Zusammen müssen wir das Gebäude gründlich reinigen und die Außenanlagen vom Müll befreien. So weit ging’s ja noch. Das war okay, damit hatten wir gerechnet. Aber dann kam noch etwas. »Schule ist ein Geben und Nehmen, wie alles im Leben.« In den Riesenaugen des Maki blitzte plötzlich ein fieses Freudenfunkeln auf. Er lächelte sogar ein bisschen. Und dann kam’s. »Liebe Zehntklässler! In euren Reihen ist dieser Boykott entstanden. Ihr wart nicht bereit, eurer Schule zuliebe ein paar Runden um den Sportplatz zu joggen. Nun bin ich auch nicht bereit, etwas für euch zu tun. Am Freitag wollt ihr in unserer Sporthalle zusammen mit eurer Tanzschule den jährlichen Abschlussball feiern. Für diese schulfremde Veranstaltung wollt ihr Schulräume nutzen und Hausmeisterdienste in Anspruch nehmen. Aber nach den Vorkommnissen vom Montag bin ich nun auch nicht mehr bereit, euch dabei zu unterstützen.« Nach diesen Worten hat der Makieine Liste aus seiner Tasche gezogen und die Namen derjenigen Zehntklässler vorgelesen, die gestern unentschuldigt gefehlt haben. Das waren ungefähr vierzig aus allen fünf Klassen. »Das sind die Namen derer, die in dieser Schule am Freitagabend Hausverbot haben. Ich sehe mich gezwungen, euch aus erzieherischer Verantwortung die Teilnahme am Abschlussball zu verbieten. Im Klartext: kein Abschlussball für euch!«
»Wir haben es verstanden«, murmelte Fabi. »Und zwar schon beim ersten Mal.« Tja, und ich hatte noch etwas kapiert: Aus dem ruhigen Nachmittag mit Tom wird heute wieder nichts.
Der Maki war aber noch lange nicht fertig mit seiner Rede. Er musste dasselbe ja noch mehrfach sagen, nur mit anderen Worten, blablabla, was mir immerhin die Gelegenheit gab, diese Rede aufzuschreiben.
11.00 Uhr »Wiekannerdastundasgehtdochnichtdasistjagemein. Ichhabmirextraeinkleidgekauftundschuheichhabmichsogefreut! Blöderboykottwaskanndennichdafür?« Helle Aufregung in der Pause. Alle stürzten sich auf Tom und fragten ihn, was wir jetzt tun würden.
»Keine Ahnung.« Tom sah blass und müde aus. Er hatte gestern bis zum Umfallen im Wald geschuftet und war heute schon ganz früh an der Schule gewesen, um das mit dem Geld zu koordinieren.
»Ist doch klar, was wir jetzt machen«, schaltete ich mich ein. Plötzlich war es ganz still. »Na was wohl? Wir kämpfen für unsere Meinung. Und für unseren Ball. Wir bieten dem Maki die Stirn. Wir wollen doch immer für voll genommen werden. Dann verhalten wir uns auch so.«
»Ähm, klingt gut. Und was heißt das konkret?« Das kam von Fabi.
»Passt auf: Wenn vierzig von uns nicht teilnehmen können, dann sind davon fast alle betroffen. Dann werden viele Paare getrennt und dann haben wir viel zu viel Essen und zu viele Getränke, dann kommt die
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