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Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers

Titel: Wenn moeglich bitte wenden - Abenteuer eines Autofahrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz Schumacher
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verschwand sie ebendort. Harald verdrehte die Augen und rutschte unruhig hin und her. Er war wegen seines Hemdes sehr nervös. Mit dem vollgekleckerten Oberteil
konnte er sich bei dem Kunden nicht sehen lassen. Schnell zahlte er und eilte mit dem schwarzen Trolley zu seinem Epremo, der auf dem Parkplatz vor der Gaststätte stand. Hier nach Eibing war Harald gestern für ein Treffen mit einem Großhandelsvertreter gekommen, die heutige Fahrt nach München würde ihn ausschließlich über Landstraßen führen. Wieder einmal hatte ihn sein schlaumeiernder Kollege gewarnt: »Die blitzen wie die Geier auf der Strecke«, hatte er mit besorgter Miene gesagt. Doch Harald war schon so viele Jahre auf deutschen Straßen unterwegs, dass ihm ein paar Blitzer nichts mehr anhaben konnten. »Die rieche ich zwei Kilometer gegen den Wind«, lachte er den Kollegen schulterklopfend aus.
     
     
    Die Fahrt ließ sich gut an. Es waren kaum Autos unterwegs, und die Sonne strahlte über einen wolkenlosen, hellblauen Himmel. Harald pfiff laut und falsch einige Songs aus dem Radio mit und freute sich diebisch, als die Verkehrsdurchsage immer längere Staus vermeldete – auf den Autobahnen, die er heute sicher nicht benutzen würde. »Aktionsprogramm Sichere Landstraße« las er auf einem quer über eine Wiese gespannten Transparent. Absender war der hiesige Landkreis, der offenbar zu viel Geld hatte, wie Harald fand, denn auf den folgenden drei Kilometern standen immer wieder Tafeln und Spruchbänder, die für irgendein Verkehrssicherheitsprogramm warben, das der Kreis und 13 Gemeinden gestartet hatten. Nacheinander sah Harald neunmalkluge Sprüche wie »Fahren Sie vorsichtig«, »Wer bremst, gewinnt« oder »Schlechte Sicht?Tempo ruriter!«. Nach einer scharfen Linkskurve schauten ihn zwei überdimensionale
Hirsche traurig an und verlangten ultimativ: »Denk an uns!« Harald lachte. »Mach ich«, sagte er. »Und zwar heute Mittag im Wirtshaus.« Eine Biegung weiter waren die unglücklichen Hirsche durch lachende Kinder ersetzt worden. In einer Sprechblase stand: »Wir sind auch noch da.« Harald schüttelte den Kopf. Da hatten sich ein paar Hinterwäldler im Landratsamt aber kräftig von einer Werbeagentur über den Tisch ziehen lassen. Er lenkte sportlich an einem dahin – schleichenden VW-Polo vorbei, der diesen ganzen Murks offenbar ernst nahm. Nach einem kurzen Waldabschnitt folgte das nächste Schild: »Ein Unfall ist kein Zufall! Route der Sicherheit, mach mit!« Darunter standen die Namen von 13 Gemeinden. Misstrauisch scrollte Harald durch die Anzeige seines Navigationsgerätes. Es konnte kein Zufall sein, dass er auf seinem Weg nach München genau durch diese 13 Gemeinden fahren würde. Während er weiter über die Landstraße brauste, ging sein Blick argwöhnisch zwischen den beiden Fahrbahnseiten hin und her.
     
     
    »Willkommen in Hasberghausen«, begrüßte ihn ein riesiger, zu einem Gesicht umgestalteter Strohballen am Ortseingang der ersten Gemeinde seines Fahrweges. Harald konzentrierte sich. Die Sache mit der Werbetafel ging ihm nicht aus dem Kopf. Wenn irgendwo das Stichwort »Verkehrssicherheit« auftauchte, war erfahrungsgemäß die nächste Radarfalle nicht weit. Und tatsächlich, da stand der Kasten! Zwar hatte man sich mit der Ortsauswahl durchaus Mühe gegeben – der Blitzer war dunkelgrün und stand im Schatten einer alten, schweren Eiche gleich hinter dem Zebrastreifen -, aber er war für einen alten Hasen wie Harald natürlich sofort
sichtbar. Harald durchfuhr die Messzone mit 45 Stundenkilometern und beschleunigte dann auf 80, die Drohgebärde einer älteren Dame, die vor dem örtlichen Bäcker ihr Fahrrad angelehnt hatte, ignorierte er mit spöttischem Gelächter. Hinter dem Ortsausgangsschild standen wieder die Hirsche. Weiter ging es über saftig-grüne Wiesen und durch eine milde, hügelige Landschaft. Verkehrszeichen informierten über den jeweiligen Steigungsgrad. »Kein Problem für einen Epremo mit Allradantrieb«, dachte Harald. Unvermittelt passierte er das Ortseingangsschild. »Zentralmolkereistandort Langdorf«, las Harald eben noch und fragte sich, was die neuerdings noch alles auf die Ortsschilder schreiben wollten, da musste er auch schon eine Vollbremsung machen, weil der obligatorische Blitzerkasten fieserweise nur wenige Meter hinter dem Schild an einer Garagenwand befestigt war, natürlich grau in grau. »Respekt«, murmelte Harald, »damit hätte ich so schnell nicht gerechnet.« Hier

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