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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Ruppert
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angeflogen, testete das Nest, polsterte es noch ein wenig aus und ließ sich dann darin nieder. Das Gleiche machte er bis zu acht Mal. Acht Nester, acht Zaunköniginnen, acht mehrköpfige Familien zu füttern. Ach nein, las Liz interessiert weiter, beim Füttern halfen die Männchen nicht, Aufzucht und Fürsorge überließen sie lieber den Weibchen. Das hatte sie doch gerade erst miterlebt. Simon, der Zaunkönig. Ja, werben und balzen, das konnte er gut. Mühselig erhob sie sich noch einmal und trat vorsichtig ans Küchenfenster. Der Zaunkönig saß laut singend vor dem Nest, um seine Königin anzulocken.
    Anscheinend habe ich einen Hang zu Zaunkönigen, dachte Liz. Mehrere Wohnungen, mehrere Frauen. Das Dumme ist nur, dass ich keine Zaunkönigin bin, sondern Menschenfrau. Und wir Menschenfrauen wollen eben nicht, dass unser König noch andere Frauen in anderen Häusern besucht.
    Sie humpelte zurück zu ihrem Computer und versuchte herauszubekommen, wie sie an eine vernünftige Hilfe kommen würde, Natalie konnte unmöglich jeden Tag vorbeischauen. Vielleicht sollte sie doch versuchen, eine Reha irgendwo weit weg zu beantragen, und erst wiederkommen, wenn sie ihren Alltag alleine bewältigen konnte. Aber das konnte sie Frau Hummel unmöglich zumuten, die bestimmt schon heilfroh war, dass Liz nicht mehr im Krankenhaus lag. Obwohl Liz durchaus das Gefühl hatte, dass sie durch diese vielen neuen Aufgaben ein wenig aufgeblüht war. Und dass sie den Auftrag für die Winter-Hochzeit gerettet hatte, dafür würde sie ihr niemals genug danken können. Das war genau das, was sie jetzt brauchte, mit ihrem hinkenden Bein und ihrem hinkenden Herzen: eine richtig große, stressige Hochzeitsfeier, bei der sie an so vieles würde denken müssen, dass sie sich selbst darüber vergessen konnte. Ob sie es wohl alleine in den Hochzeitsladen schaffen würde? Es gab doch sicher Taxifahrer, die einem halfen, wenn man sie nett bat. Sie hatte Sehnsucht nach ihrem Auftragsbuch und nach ihren klaren Plänen, mit denen sie stets alles im Griff hatte.

    Annemie brühte im Laden erst einmal einen Kaffee auf. Sie hoffte inständig, dass Liz in der Lage sein würde, nun das meiste ohne sie zu bewältigen. Ihr war das alles zu viel. Sie wollte ihre Ruhe, nichts als ihre Ruhe. Sie fühlte sich zu müde und zu alt für diese Art von Aufregung.
    »Frau Hummel …?« Nina kam in den Laden, wo Annemie gerade versuchte, alles übergabefertig zu machen.
    »Frau Hummel, hätten Sie einen Moment Zeit für mich?«
    Nina stand vor ihr und druckste ein wenig herum.
    »Wollen wir eine Tasse Kaffee trinken?«, fragte Annemie, die spürte, dass Nina etwas auf dem Herzen hatte.
    Als Nina nickte, goss sie ihnen beiden eine Tasse ein und setzte sich mit ihr an den großen Tisch.
    »Jetzt sitzen wir hier, wie vor ein paar Wochen«, sagte Nina. »Es ist gar nicht lange her, aber es hat sich doch einiges verändert. Ich dachte, jemand wie Sie wäre niemals in der Lage, jemanden wie mich zu beraten. Und jetzt hat Ihr Rat mein Leben verändert.«
    Annemie sah sie mit großen Augen überrascht an. Was war denn mit Nina Winter los?
    »Ich werde Fabian nicht heiraten. Ich bin gekommen, um Ihnen zu sagen, dass wir nicht heiraten werden. Das klingt jetzt doof, aber ich bin Ihnen dankbar. Durch Sie habe ich es erst gemerkt, dass ich gar nicht heiraten will! Ich will etwas ganz anderes! Als Sie mich gefragt haben, wie ich mich sehe, in welchem Kleid ich zum Altar schreite … wissen Sie, was ich da wirklich gesehen habe?«
    Annemie schüttelte den Kopf, und Nina schloss wieder die Augen.
    »Ich sah mich, wie ich das Kleid hochraffe, mich umdrehe und zur Kirchentür hinauslaufe ins sonnige Tageslicht, wo meine Koffer und mein Rucksack warten und mein Flugticket für eine Weltreise. Das ist mein Traum. Das ist genau der Traum, den ich verwirklichen möchte. Ich dachte, ich könnte das später ja immer noch. Nachdem die Kinder aus dem Haus sind.«
    Sie sah Annemie stirnrunzelnd an, die noch nichts darauf erwiderte.
    »Ohne Sie hätte ich sicher den Fehler gemacht, nicht an meine Träume zu glauben, sondern zu denken, man könne sie aufsparen, einmachen, in Gläser sperren und später rauslassen. Dabei weiß jeder, dass eine frische Erdbeere nur so gut schmeckt, wenn sie frisch gepflückt ist. Eine eingemachte Erdbeere ist immer nur ein Abklatsch, auch nett, aber einfach nicht das Wahre!«
    Annemie nickte und ergriff ihre Hand. Es war genau, was sie befürchtet hatte, aber sie

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