Wenn nicht jetzt, wann dann?
»ja!« sagen können, »sehr, sehr eigenartig!«, doch das wäre ihr wie Verrat vorgekommen.
»Ich bin einem Menschen wie ihm noch nie begegnet, und sein Verhalten war wirklich keineswegs alltäglich, zum Beispiel hat er mich erst aus einem Gewächshaus vertrieben, und dann hat er mir eine wunderschöne Hortensie geschenkt, und wir haben uns auch unterhalten. Er ist ein besonderer Mensch.«
Sie erwog für einen Moment, ob sie erwähnen sollte, dass sie über Liebe geredet hatten, beschloss dann aber, dieses Detail wegzulassen. Vielleicht würde Herr Winter sie sonst für verrückt halten.
»War die Hortensie blau?«
»Ja.« Annemie schwieg verdutzt. »Warum?«
»Das klingt gut«, sagte Herr Winter, ohne auf ihre Frage einzugehen. »Das klingt sogar sehr gut. Ich danke Ihnen. Und Sie melden sich, nicht wahr?«
»Natürlich«, versicherte Annemie ihm. »Ich werde Sie anrufen.«
Als sie den Hörer aufgelegt hatte, sah sie in das wundervolle Blau der Hortensie und überlegte, warum er nach der Farbe der Blume gefragt hatte. Und was sie bloß mit dem Anrufbeantworter machen könnte.
Die Türglocke läutete, und ein Mann betrat den Laden mit einem kleinen Karton unterm Arm.
»Hallo, ist Frau Baumgarten nicht da?«
Er schaute sich suchend um, und Annemie erklärte ihm, was passiert war und dass sie Liz im Moment vertrat. Der Mann stellte sich als Herr Frank von der Druckerei vor, der alles für Hochzeitsfieber druckte, und soweit er wüsste, würden diese Karten gleich abgeholt werden. Er hatte es gerade noch rechtzeitig geschafft.
»Die sind für das noch zu werdende Ehepaar Schmitt mit tt. Stellen Sie sich vor, der Mädchenname der Braut ist Schmidt mit dt und ihr Mann ist ein tt-Schmitt, und jetzt haben sie sich auf das tt geeinigt. Na ja, hören wird man den Unterschied nicht!«
»Wie lustig«, fand Annemie. »Haben sich die beiden für das tt entschieden, weil es einfacher zu buchstabieren ist?«
»Wer weiß. Oder, warten Sie mal, am Ende …« Herr Frank wurde ganz blass um die Nase und kramte noch einmal seinen Auftragszettel hervor. Aber nein. Es war alles richtig. »Glück gehabt. Wissen Sie, das passiert mir manchmal. Dass ich Fehler mache. Da prüfe ich es vier- oder fünfmal nach. Und dann ist es doch manchmal falsch. Keine Ahnung, wie das passiert.«
Herr Frank war Annemie auf Anhieb sympathisch.
»Kennen Sie sich eigentlich auch mit Anrufbeantwortern aus?«, fragte Annemie.
»Ein bisschen schon«, erwiderte er. »Gibt es denn etwas Spezielles?«
Annemie wand sich ein wenig, bevor sie zugab, dass es um gar nichts Spezielles ginge, sondern nur darum, die Nachrichten abzuhören, die darauf hinterlassen worden waren. Sie kenne sich nun mal mit solchen Geräten überhaupt nicht aus.
Schon kurz darauf hörten sie gemeinsam das Band ab, und Annemie kam mit dem Schreiben kaum hinterher, so viele Nachrichten waren es. Unter seiner Aufsicht übte sie noch zweimal, welche Tasten sie in welcher Reihenfolge drücken musste, damit sie es auch morgen noch wissen würde. Bevor er ging, trat er mit ihr vor den Laden, um ihr zu zeigen, wo seine Druckerei war.
»Wenn Sie Hilfe brauchen, kommen Sie einfach schnell rübergelaufen. Ich helfe der kleinen Baumgarten gerne, und Ihnen natürlich auch. Also, kommen Sie ruhig mit all Ihren Fragen! Und jetzt noch viel Glück.«
Als er wieder gegangen war, starrte Annemie hilflos auf die Liste, die sie beim Abhören der Nachrichten mitgeschrieben hatte, und merkte, dass sie so gut wie keine der Anfragen alleine bearbeiten konnte. Wegen allem würde sie bei Liz nachfragen müssen. Hoffentlich war sie nach der Operation schon fit genug dafür, dachte Annemie und machte sich daran, zuerst einmal die Liste abzuarbeiten, die Liz ihr mitgegeben hatte.
Als sie Nina Winter anrief, hatte sie Herzklopfen. Es fiel ihr sowieso nicht leicht, am Telefon zu sprechen. Und mit Nina Winter, von der sie wusste, dass sie ihr gegenüber Vorbehalte hatte, war es erst recht nicht leicht.
Natürlich kam es ein bisschen so, wie Annemie es erwartet hatte. Als sie Nina vorschlug, zusammen die verschiedenen Locations zu besichtigen – sie hatte das Wort geübt und es ging ihr fast flüssig von den Lippen –, und sie bat, ihr einige freie Termine für die Besichtigungen zu nennen, zierte Nina sich ein wenig, bevor sie sich dazu herabließ, drei, vier mögliche Daten zu nennen.
»Aber es kann sein, dass mir da noch etwas dazwischenkommt, vielleicht muss ich sehr kurzfristig absagen. Nur
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