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Wenn nicht jetzt, wann dann?

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Titel: Wenn nicht jetzt, wann dann? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Malou
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lege mich zur Pause hin. Meine Hand liegt auf meiner Tasche, meine Beine strecke ich aus Sicherheitsgründen auf meinem Rucksack aus, und meinen Kopf habe ich auf einem Stein — mit der Decke darüber — abgelegt. Nach ganz kurzer Zeit schlafe ich ein, tief, fest und entspannt, wohl wissend, dass ich hier nicht allein, sondern ständig begleitet von vorbeiziehenden Pilgern bin.
    Es ist kalt im Schatten, und so werde ich nach zwanzig Minuten wieder wach. Ich bin nun gestärkt und ausgeruht, packe meine Sachen zusammen und laufe weiter. Unterwegs sehe ich einen Storch im Flug — welch ein majestätisches Bild! Wenig später stehe ich vor einem Baum mit Süßkirschen, dessen Zweige weit über den Garten auf die Straße hängen. Ich bleibe stehen und genieße die süßen Früchte. Solch ein unverhofftes Geschenk!
    Inzwischen komme ich durch ein Industriegebiet, immer weiter bis in die Stadt Nájera. Ich laufe wieder einmal Richtung »Touristinformation« in die City. Unterwegs stärke ich mich noch mit einem café con leche — mein Frühstückskaffee um 13.15 Uhr. Als ich nahe der Kirche in der Altstadt nicht nur die Pilgerherberge, sondern auch die Touristinformation finde, sind beide geschlossen; von 13.30 Uhr bis 16.00 Uhr ist Mittagspause. Pech gehabt! Also muss ich mir mein heutiges Quartier wieder selbstständig und ohne hilfreiche Tipps suchen. Ich spreche mehrere Passanten auf Englisch an mit der Frage nach günstigen Privatquartieren, doch die Sprachbarrieren sind zu groß, und keiner kann mir so recht weiterhelfen. Also frage ich in den hostals mit einem oder zwei Sternen nach. 31,00 €, 34,00 €, 25,00 €, das sind keine zufriedenstellenden Antworten, denn das alles sind Preise ohne Frühstück. Ich gehe also zurück, aus der teuren Altstadt heraus, über die Brücke des Najerilla in die Neustadt zurück und finde dort für 22,00 € ein sehr schönes Zimmer mit Bad und sogar Balkon. Glück gehabt! Manchmal lohnt sich eben Beharrlichkeit.
    Nach einer ausreichenden Pause mit Dusche, Wäsche usw. laufe ich in die Altstadt zurück, hole mir meinen Pilgerstempel und gehe auf Entdeckungsreise. Am Fluss, auf einer Bank sitzend, treffe ich eine Pilgerin, die mich gleich duzt, wie es unter Pilgern üblich ist. Sie erzählt mir, dass sie aus Rendsburg komme und im letzten Jahr den Jakobsweg komplett gelaufen sei. Für den Fall, dass sie es unversehrt schafft, habe sie damals ein Gelübde abgelegt, dass sie dann etwas Soziales tun wird. Sie hat es geschafft und ist nun — heute, von Logroño kommend, auf dem Weg nach Santo Domingo De La Calzada, wo sie, ihrem Gelübde entsprechend, unentgeltlich für vierzehn Tage Dienst in einer Pilgerherberge tun will. Das ist aber ein Zufall, ich treffe hier jemanden aus Norddeutschland! Diese Frau imponiert mir, sie hat etwa mein Alter und ist so voll von Religiosität. Sie behauptet, dass es Gottes Wille sei, wenn jemand eine Blase am Fuß oder einen verstauchten Knöchel habe, sodass derjenige sein Tempo auf dem Jakobsweg drosseln muss. Diese Aussage macht mich nachdenklich, und beim Weitergehen wäge ich sie in meinen Gedanken ab.
    Nájera ist eine hübsche, kleine Stadt, sehr schön am Fluss, dem Rio Najerilla, gelegen, mit herrlichen Grünanlagen und vielen kleinen, interessanten Geschäften in der architektonisch schönen und gepflegten Altstadt. Hier habe ich eine große Auswahl an Läden mit Kleidung und modischem Schnickschnack, jedoch fällt mir auf, dass es kaum einmal Geschäfte mit Antiquitäten oder Zubehör zur Wohnraumgestaltung gibt.
    Ich genieße den freien, sonnigen Nachmittag, schlendere durch die Gassen und lasse es mir gut gehen. Ich bin frei und zufrieden und fast ein wenig zu Hause in Spanien, denn mit jedem Tag wird mir dieses schöne Land vertrauter. Beim Cappuccino in der Altstadt sitzend, plane ich für den nächsten Tag. Morgen will ich die nächsten 85 Kilometer bis Burgos mit dem Bus fahren, denn aufgrund der mir vorgegebenen vier Wochen Zeit und der schwierigen Wegstrecken werde ich bei weitem nicht den ganzen Weg laufen können. Also muss ich Kompromisse machen und werde lange oder weniger interessante Wegstrecken mit dem Bus, der von jedem etwas größeren Ort aus fährt, bewältigen. Wichtig ist nur, die letzten hundert Kilometer bis Santiago de Compostela zu laufen, damit ich meine Pilgerurkunde, die Compostela, erhalte.
    Abends sitze ich noch lange draußen, betrachte die bisher gemachten Bilder in meiner Digitalkamera und finde sie,

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