Wenn nichts mehr ist, wie es war
rief Beth ihre Mutter zur Ordnung.
„Entschuldige “ , a ntwortete Susanna kleinlaut.
„Also, er klopfte heute Morgen an meine Tür. Frage beantwo r tet?“ Niemand sagte etwas. „Gut. Er sagte mir, dass die Gerichtsmed i zin ihn angerufen habe, weil Autopsieergebnisse vo r lägen. “ Um den Mut nicht zu verlieren sprach Beth ohne Luft zu holen weiter. „ Es wurde ihm ebenfalls mitgeteilt, dass Dina an einer Überdosis von Medikamenten gestorben ist.“ Nervös horchte sie auf die R e aktion ihrer Eltern. Aber es kam nichts. „Ha l lo? Seid ihr noch da?“
Dann vernahm sie ein leises Rascheln und zögerlich kam eine Antwort ihres Vaters. „Ja. Wir sind noch da. Beth, das ist unmö g lich. Dina nahm keine Medikamente. Sie war physisch wie auch psychisch kerngesund. Sie hatte nicht einmal eine Alle r gie!“
„Bist du ganz sicher, dass sie nichts nehmen musste oder heimlich genommen hat? Hat sie in der Vergangenheit nie Probleme g e habt, keine Schlafstörungen , übe r haupt nichts?“
„Nein! Für sie gab es nie einen Grund , diese Chemie in sich hi n ein zu stopfen. Über welche Medikamente reden wir hier übe r haupt?“
Beth beantwortete die Frage nicht direkt, doch ihre Gegenfrage schien aussagefähig genug . „Papa, bei dir fehlte nie merklich eine Tablette oder eines der Röh r chen?“
Die Antwort f iel kurz und wütend aus. „Nein , ve r dammt.“
„Oh Papa, es tut mir leid. I ch wollte es doch auch nicht glauben und wenn ich ehrlich bin, glaube ich es auch jetzt noch nicht . Aber warum sollte Jérémie mir falsche Informationen übermi t teln ?“ Sie dachte auf einmal an den Vorabend und an das seltsame Aufbli t zen in seinen A u gen, als sie angesprochen hatte, wie gut er sich trotz seiner Vergangenheit entw i ckelte hatte . Schnell schob sie den Gedanken wieder beiseite. Er hatte keinen Grund so etwas Schrec k liches zu tun.
„Ich weiss es nicht. Dann hat sich eben die Gerichtsmedizin geirrt. Sie müssen das noch einmal nachprüfen. Das kann so nicht sti m men.“
„Papa, du weißt aber schon, dass wenn einerseits das Resultat doch richtig ist, du aber andererseits der Meinung bist, Dina hät te selbst kein Valium eingenommen, es ihr jemand anderes vera b reicht haben muss? Und, bei allem Respekt, das ist nun wirklich a b surd.“
Es folgte wieder Schweigen. Diesmal aber etwas ausgedeh n ter. Jake schien sich das Szenario durch den Kopf gehen zu lassen. „Da hast du allerdings auch wi e der R echt.“
Dann schaltete sich Susanna wieder in das Gespräch mit ein. „ A ber vielleicht hatte sie eine Erkältung oder so etwas, ging in die Apotheke und bekam die falschen Tabletten . Im Zusammenhang mit der empfohl e nen Dosierung hat das Diazepam dann vielleicht zu m Tod g e führt.“
„Ja, vielleicht “ , g ab Beth ihr R echt. „Auf diese Idee bin ich noch nicht geko m men.“
„Mein Gott, das ist alles so schrecklich!“ Es war nur eine leise Bemerkung von S u sanna, aber es schien, als hätte sie mit diesen Worten alles Unausgesprochene zusammen g e fasst .
Es dauerte noch einige tröstenden Worte, Tränen und verzweife l te Wutausbrüche, bis Beth mit leuchten d roter Nase und verquoll e nem Gesicht das Gespräch beend e te.
Schniefend ging sie ins Badezimmer und begann in ihrer Ratlosi g keit energisch jedes einzelne Schrän k chen zu öffnen. War der Inhalt nicht zufriedenstellend, wurde das Türchen mit Gewalt wi e der zugeknallt . Dass dabei E iniges zu Bruch ging und meist der zu schliessende Gegenstand aufgrund des grossen Kraf t aufwandes wieder aufflog, wurde ignoriert. Beth durchsuchte jeden Winkel und jede Ecke. Keine Toile t tentasche, kein Körb chen, genauso wenig die Päckchen und Säckchen, waren sicher vor ihr. Sie dre h te j e den Gegenstand um, doch sie fand nichts. Achtlo s liess sie die Dinge in einem w ilden D urcheinander zurück und steuerte in D i nas Zimmer. Sie wiederho l te die Prozedur in jedem Raum der Wohnung, aber sie bli e b erfolglos. Nicht einmal Antibab y pillen fand sie.
„Verdammt!“ Kochend vor Wut schnappte sich Beth die vor ihr st e hende Vase und warf sie mit ganzer Kraft gegen die Wand. Laut klirrend brach das Gefäss in tausend St ü cke. Schwer atmend lies s Beth sich auf den Boden sinken. Mit dem Kopf in die Hä n de gestützt und dem Gefühl elender Hilflosigkeit fragte sie sich, w ie all das möglich sein konnte . Die Situation erschien ihr de r massen unrealistisch, dass sie sich unweigerlich einzureden begann, dass
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