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Wenn nur dein Lächeln bleibt

Wenn nur dein Lächeln bleibt

Titel: Wenn nur dein Lächeln bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lind
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sich schon. Vielleicht sollten wir uns den Stress mit der Brust gar nicht mehr antun. Versuchen wir es doch gleich mit der Flasche. Das hat nichts mit dir zu tun, mein Schatz. Wir wollen doch nur die beste und einfachste Methode für unser Kind finden.«
    Ich war so erschrocken und erschöpft, dass ich sofort einverstanden war. Wir hätten sowieso Säuglingsnahrung zufüttern müssen.
    Nach einigen Minuten war das Fläschchen so weit abgekühlt, dass wir einen neuen Versuch wagten.
    »Wie soll ich sie halten?«
    »Warte mal, nicht so tief hinlegen. Eher so, halb im Sitzen. Schau, ich stopfe dir ein Kissen in den Rücken. Hast du es auch bequem so? Jetzt müsste es gehen.«
    »Ist das Loch im Sauger nicht zu groß?«
    »Nein, ich habe in der Apotheke extra nach dem mit dem kleinsten Loch gefragt.« Bernd hatte wirklich an alles gedacht!
    Aber kaum hatte sich ein winziger Milchspritzer in das Mündchen unserer Tochter verirrt, begann sie schon wieder zu röcheln, sich zu verfärben und zu krampfen.
    »Um Gottes willen, sie erstickt!«
    Tatsächlich lief Anja richtig blau an und verdrehte die Augen.
    Erneut riss Bernd sie aus meinen Armen und trug sie durch die Wohnung, bis sich der Anfall gelegt hatte.
    Er war aschfahl im Gesicht, und seine Hände zitterten.
    »Was machen wir jetzt?«
    »Die verhungert uns ja!«
    »Sie hat einfach keinen Saugreflex!«
    »Aber das hätten die uns in der Klinik doch sagen müssen!«
    Schon war es mit unserer Euphorie wieder vorbei. »Ein kerngesundes Kind haben sie gesagt!«
    »Bernd, sind wir wirklich zu blöd für ein Kind?« Ich weinte schon wieder. Unser Kind schrie auch. Anja hatte sich zu Tode erschrocken: Da waren zwei fremde, junge, ungeschickte Leute gekommen, hatten sie aus ihrem Aquarium gerissen, davongetragen und taten ihr jetzt Gewalt an! Vielleicht sehnte sie sich schon wieder zurück in den Backsteinbau! Zu ihren vertrauten Schläuchen und Geräten!
    »Sie will uns nicht, Bernd!«, sagte ich schluchzend. »Sie lehnt uns ab!«
    »Hör zu, du musst dich doch sowieso bei der Mütterberatungsstelle melden.« Bernd setzte sich auf die Sofalehne und strich mir beruhigend über den Kopf. »Das ist doch Pflicht. Warum gehst du nicht gleich morgen früh hin und bittest um Hilfe? Bis morgen früh wird unser Kind schon nicht verhungern.«
    In unserer ersten gemeinsamen Nacht tat keiner von uns ein Auge zu.

7
    »Name?«
    »Hädicke. Entschuldigen Sie, dass ich so früh am Morgen hier auftauche, aber es gibt da ein Problem.« Mein Mund schmeckte nach Pappe, mein Kopf dröhn te. Die markerschütternden Schreie meines Babys brachten mich schier um den Verstand. Am liebsten hätte ich selbst geschrien.
    »Setzen Sie sich, und warten Sie!«
    Die Frau von der Mütterberatungsstelle ließ mich mitsamt meinem erschöpften Baby eine Ewigkeit auf dem zugigen Gang sitzen, bis sie sich schließlich dazu herabließ, mich in ihr Büro zu winken.
    Auf ihrem Schreibtisch stand eine Tasse Kaffee. Mir bot sie keinen an. Mit undurchdringlicher Miene studierte sie die Akten, die ihr bereits aus der Klinik vorlagen.
    »Was haben Sie denn für ein Problem?« Stechende Augen fixierten mich. Ich kam mir vor wie eine Versagerin vor dem Prüfungskomitee.
    »Sie saugt nicht.«
    »Das kann gar nicht sein.«
    »Aber wenn ich es Ihnen doch sage! Mein Mann und ich haben alles versucht!«
    »Den Unterlagen entnehme ich, dass Ihr Kind sechs Wochen lang in der Klinik war.«
    Sie musterte mich kurz, las dann weiter und warf schließlich einen Blick auf Anja, die dick eingepackt in ihrem Kinderwagen lag.
    »Sie waren zu Hause und haben das Kind in der Klinik gelassen.« Ihr missbilligender Tonfall traf mich bis ins Mark, sodass ich mit den Tränen kämpfte. Sie tat ja gerade so, als hätte ich mein Kind absichtlich vernachlässigt!
    »Ja, aber das wollten doch die Ärzte so!«
    »Sie muss sich erst an Sie gewöhnen.«
    »Ja, das haben mein Mann und ich uns auch gedacht, aber …«
    »Sie ist kein Spielzeug, das einfach so auf Knopfdruck funktioniert!«
    Wäre ich nicht so verzweifelt gewesen, hätte ich am liebsten gelacht. Welches Spielzeug in der DDR funktionierte denn auf Knopfdruck?
    »Aber jedes Baby auf der Welt saugt doch ganz automatisch …«
    »Dieses Baby kennt Sie nicht. Sie sind eine Fremde für Ihre Tochter, und da verweigert sie die Nahrung. Nahrungsaufnahme hat auch was mit Urvertrauen zu tun.« Sie sah mich schmallippig an.
    Das tat so weh! Warum bezeichnete sie mich als Fremde? Ich war doch Anjas

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