Wenn nur dein Lächeln bleibt
Arme Sabine, bestimmt hatte sie wieder viel zu dünne Sachen an! An der Kreuzung, die zur Hauptstraße führte, war die Ampel rot. Als es grün wurde, fuhr ich ordnungsgemäß los. Im Rückspiegel nahm ich gerade noch wahr, dass hinter mir noch drei oder vier Fahrzeuge über die Ampel gekommen waren. Ich gab Gas, als ich plötzlich Veränderungen an meinem Auto wahrnahm: Obwohl ich schnurgeradeaus lenkte, driftete es mir nach links ab. Mir stockte der Atem. Hastig riss ich das Lenkrad nach rechts, kurz bevor mich ein wild hupender, entgegenkommender Lastwagen beinahe streifte. Das Auto zog mit quietschenden Rei fen hart nach rechts und im selben Moment schon wieder nach links! Die Lenkung schien defekt zu sein. Lieber Gott!, betete ich panisch, lass das hier glimpflich ausgehen! Ich versuchte, den Wagen durch ein starkes Bremsmanöver wieder unter Kontrolle zu bekommen, aber genau das nahm mir das Auto natürlich krumm. Es geriet heftig ins Schlingern, drehte sich schließlich um seine eigene Achse. Mein Gott, ich hatte doch Hintermänner! Die würden jetzt gleich in mich hineinkrachen! Schon wieder geriet ich mit dem Heck auf die Gegenfahrbahn. Hupend und mit quietschenden Bremsen wichen zwei, drei Pkws aus.
Ich schloss die Augen, hielt die Luft an und rechnete mit einem fürchterlichen Knall. Ich dachte an meine beiden Kinder, dann war totaler Filmriss.
Ich muss sekundenlang ohnmächtig gewesen sein. Ein Krachen ließ mich wieder zu mir kommen. Glas splitterte direkt neben mir. Vorsichtig öffnete ich die Augen.
Nanu! Alles stand kopf.
Was ich registrierte, war, dass ich kopfüber in den Gurten hing. Die Airbags waren beide aufgegangen, mein Gesicht klebte daran wie ein Schneeball an einer Scheibe. Es schmerzte zwar von dem Aufprall, aber ich schien nicht großartig verletzt zu sein. Jedenfalls waren meine Augen noch drin und meine Nase noch dran. Ich konnte auch meine Gliedmaßen bewegen! Mir fiel wieder ein, dass mehrere Fahrzeuge hinter mir gewesen waren. Deren Insassen hatten den Unfall mit angesehen, ich war also nicht allein. Bald würde Hilfe kommen. Das beruhigte mich fürs Erste. Mein einziger Gedanke galt Anja.
Entschlossen öffnete ich den Gurt und schob mich durch die geborstene Seitenscheibe zentimeterweise nach draußen. Verwirrt sah ich mich um. Ich stand bis zu den Knöcheln im Matsch. Auf einem Fußballfeld. Selten habe ich es so genossen, im Regen zu stehen! Ich stand. Auf zwei Beinen! Das Auto lag auf dem Dach! Fast wäre ich im Tor gelandet, dachte ich.
Jetzt erst hörte ich die Stimmen, die auf mich einschrien.
»Gehen Sie von dem Wagen weg, er könnte anfangen zu brennen!«
Ich rührte mich nicht von der Stelle: Ach ja, der Hausschlüssel. Der befand sich ja in der Handtasche. Und die war noch im Auto. Also kroch ich wieder hinein und tastete mit bloßen Händen zwischen den Scherben herum.
»Sie sollen von dem WAGEN WEGGEHEN !«, schrien die Leute. »Der kann jeden Moment in Flammen aufgehen!«
»Ja, und was ist dann mit dem Hausschlüssel?«, murmelte ich immer noch unter Schock. »Wie komme ich dann zu Anja?«
In diesem Moment kamen bereits die ersten Retter über das Feld gerannt. Sie zogen mich sanft am Arm und versuchten, mich in Sicherheit zu bringen. Das Fußballfeld lag drei Meter unterhalb der Straße. Mein Auto hatte einen Baum ausgehebelt, einen Zaun durch schlagen und war dann drei Meter tiefer gelandet. Totalschaden.
Erst jetzt begriff ich, wie knapp ich dem Tode entronnen war! Was wäre dann nur aus Anja geworden? Bei dem Gedanken daran wurde mir eiskalt.
Benommen ließ ich mich wegführen und kroch mithilfe der Männer die steile Böschung hinauf. Mir wurde ganz schwindelig, kleine gelbe Kreise flimmerten vor meinen Augen.
Mein neuer Mantel!, ging es mir durch den Kopf.
»Wie geht es Ihnen? Sind Sie verletzt?« Helfende Arme fingen mich auf.
»Ich muss zu Anja. Mir geht es gut.«
»Ja, beruhigen Sie sich erst einmal. Die Polizei und der Krankenwagen sind jeden Moment da.«
»Nein, nein. Vielen Dank für Ihre Hilfe, ich gehe dann mal.«
»Sie steht unter Schock, Helmut«, sagte eine Frau im gelben Regenmantel. »Sie redet wirres Zeug.«
»So lasst die arme Frau doch nicht im Regen stehen!« Mehrere Schirme wurden über mich gehalten, eine Frau reichte mir ein Taschentuch für meine blutende Lippe, wieder eine andere wischte übereifrig an meiner schmutzigen Hose herum, als wäre ich ein Kind, das gerade in den Dreck gefallen ist.
»Vielen Dank, das reicht,
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