Wenn nur noch Asche bleibt
eine Geistererscheinung. „Der Phönix! Seit wann benutzen Sie dieses Symbol?“
„Keine Ahnung.“ Der Mann hob ratlos die Hände und ließ sie wieder fallen. „Schon seit Längerem. Warum?“
Sie betrachtete es noch einmal. Es waren diverse Unterschiede zu finden, vielleicht genügend Unterschiede, um diese Verbindung als Zufall abzutun. „Arbeitet ein Mann namens Tony Durat bei Ihnen? Oder hat er mal hier gearbeitet?“
Sicherheitshalber zeigte sie noch einmal ihren Ausweis, doch der Arzt schien ohnehin in Plauderlaune zu sein. „Da muss ich mal nachschauen.“
„Das wäre nett. Ich brauche, egal wie Ihre Suche ausgeht, eine Liste aller Mitarbeiter dieser Klinik.“
„Warum?“
„Haben Sie den Artikel in der Zeitung gelesen? Bezüglich der Phönix-Sekte?“
„Aha.“ Die Augen des Arztes weiteten sich. „Dann ziehen Sie also Verknüpfungen zwischen der Sekte und unserem Konterfei?“
„Zur Brandmarkung ihrer Opfer benutzen sie ein Symbol, das Ihrem Phönix sehr ähnelt.“
Der Mann nickte verständnisvoll. „Ich tue mein Möglichstes. Kommen Sie, ich bringe Sie ins Wartezimmer. Dort können Sie bleiben, bis ich Genaueres weiß, bezüglich Ihres Partners und Ihrer Frage. Aber vorher sollten Sie sich besser waschen, sonst fallen die restlichen Besucher noch in Ohnmacht. Ich besorge Ihnen ein Hemd.“
„Wo ist Daniel?“
„Sie kümmern sich um ihn. Machen Sie sich keine Sorge.“
Der Blick des Mannes war unschuldig. Er hatte keine Ahnung, wie es um Daniel stand. Elena dachte an all das Blut auf ihrem Rücksitz, an mögliche Absonderlichkeiten, die sie vermutlich an ihm entdecken würden, starrte auf ihre verkrusteten Hände und brach erneut in Tränen aus.
„Alles wird gut.“
Die sanfte Stimme und die tröstende Hand auf ihrem Rücken machten es nicht besser. Elena heulte, wie sie zuletzt als kleines Kind geheult hatte. Ihr Leben war nie einfach gewesen, aber wenn Daniel starb, würde es irreparabel versaut sein.
Sie klammerte sich an ihrem achten oder neunten Kaffeebecher fest. Niemals zuvor hatte Elena eine derartige Menge Kaffee vernichtet. Als es auf vier Uhr morgens zuging, liebäugelte sie gar damit, sich eine Schachtel Zigaretten zu besorgen, konnte sich jedoch nicht dazu durchringen, das Wartezimmer zu verlassen. Die freundlichen Pastellfarben verhöhnten sie, die idyllischen Landschaftsfotografien schürten ihre Verzweiflung. Sie hasste das Ticken der Wanduhr, das Gluckern der Wassersäule und die leisen Geräusche der draußen auf den Fluren umherhuschenden Ärzte und Schwestern.
Gab es einen Patienten um diese Zeit zu sehen, waren es zumeist schlaflose Frauen mit Krücken oder Männer im Bademantel. Eine Rehabilitationsklinik, keine Notfallambulanz. Menschen auf dem Weg zurück ins Leben, keine ausgebluteten, aufgespießten Halbtoten.
War es überhaupt richtig, ihn hierher gebracht zu haben? Konnte er überhaupt sterben? Vielleicht hätte er die Verletzung selbst geheilt und ihre Panik brockte ihm nun ganz andere Probleme ein.
Elena zückte das Handy und überlegte zum hundertsten Mal, Smith anzurufen. Er würde außer sich sein und auf dem schnellsten Wege herkommen. Einerseits lechzte Elena nach Beistand, andererseits war das Letzte, was sie gebrauchen konnte, ein hypernervöser Lieutenant, der sie mit Fragen löcherte.
Noch nicht, entschied sie. Vielleicht später, wenn sie Genaueres wusste. Was durchaus bedeuten konnte, ihm eine Todesnachricht zu überbringen. Oder man bekam mit, dass Daniel nicht ganz menschlich war, buchtete ihn ein und behauptete, man hätte ihn nie hier abgeliefert.
„Scheiße.“ Elena stand auf und tigerte durch das Wartezimmer. Eine Runde nach der anderen. Immer wieder, immer wieder, bis ein blonder, geradezu absurd großer und dürrer Arzt vor ihr stand.
„Mrs. Winterblossom?“
Elena rutschte das Herz in die Hose. „Ja?“
„Ich mache es kurz.“
Die Miene des Mannes zerstörte ihre Hoffnungen mit brachialer Gewalt. Es war eindeutig, was er ihr sagen wollte. Seine Körpersprache erzählte alles, was sie wissen musste. Er vergrub die Hände tief in den Kitteltaschen, wich ihrem Blick aus und fixierte den Boden.
„Wir haben die Blutung vorerst gestillt und seinen Kreislauf so gut es ging stabilisiert. Allerdings kam es zu einem enormen Blutverlust. Körperstammnahe Stichverletzungen bringen immer die Gefahr mit, dass Organe und große Gefäße verletzt werden, was hier leider der Fall war. Ihr Partner erlitt zudem einen
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