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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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jede Kontrolle verloren gehen würde.
    „Razorback hatte den Sprengstoff selbst zusammengemischt“, fuhr Rebecca fort. „Als er sich in die Luft jagte, geschah die Detonation mit einer Heftigkeit, die zehnmal höher war als berechnet. Drei deiner Kollegen ließen ihr Leben, zwei wurden schwer verletzt. Verstehst du, was ich damit sagen will?“
    „Hör auf“, knurrte er. „Bitte hör auf.“
    „Mary hat dir das Leben gerettet“, fuhr sie mit fester Stimme fort. „Hätte man dich nicht von diesem Einsatz freigestellt, wärst du an vorderster Front dabei gewesen. Ich weiß, das macht die Sache nicht einfacher, aber ich glaube wie du an die Vorhersehung. Deine Aufgabe auf dieser Welt ist noch nicht erfüllt. Mary ist nur vorausgegangen. Sie wartet auf dich. So lange, bis du dein Schicksal erfüllt hast und mit ihr zusammen weitergehen kannst. Man hat dir ein zweites Leben geschenkt. Nutze es.“
    „Wo ist die Frau, die heute Morgen bei mir war?“ Daniel entzog sich Rebeccas Griff und stand auf. Allein seine jahrelang geschulte Körperbeherrschung und Selbstdisziplin bewahrten ihn vor einem Nervenzusammenbruch. Doch er spürte, wie diese Beherrschung zu bröckeln begann.
    „Elena Winterblossom? Sie ist seit fünf Stunden zu Hause.“
    „Winterblossom?“ Er horchte auf. Waren die Fenster im Winter mit Eisblumen verziert gewesen, hatte Mary wie losgelöst Makroaufnahmen der zarten Gebilde geschossen. War das ein weiterer Wink des Schicksals? Die Vorliebe seiner Frau für Eisblumen und dieser Name?
    „Hast du ihre Nummer?“, fragte er.
    Rebecca nickte. „Ja.“
    „Dann ruf sie an und sag ihr, dass ich sie sehen will. Gib ihr meine Adresse. Erfährst du was Neues bezüglich dieser Sekte, will ich Bescheid wissen. Hörst du? Ich will unter allen Umständen informiert werden, wenn sich der kleinste Hinweis ergibt. Und ich will, dass wir von allen, die auf Susies Feier dabei waren, die aktuellen Adressen und Telefonnummern herausfinden. Ich rede mit Dr. Valantine und mit Susie. Vielleicht war ihr Mörder auf diesem Fest.“
    Rebecca nickte. Ihre Hände zitterten, als sie die Lehnen des Sessels umklammerten. Daniel bedachte seine langjährige Vertraute mit einem kurzen Blick, von dem er selbst nicht wusste, was er ihr vermitteln sollte, und verließ das Department mit dem Gefühl, absolut hilflos zu sein.
    Es widerte ihn an.
    11. Mai 2011, 22:45 Uhr
    N
ichts hatte sich ergeben. Kein Hinweis, keine Andeutung. Gar nichts. Den gesamten Tag war Daniel Irrwegen nachgejagt. Er hatte den inzwischen pensionierten Dr. Valantine gelöchert, doch alles, was er an seltsamen Dingen herausgefunden hatte, war die Tatsache, dass Mary die Feier offenbar betrunken verlassen hatte. Zwei Flaschen Pflaumenwein, so erinnerte sich der Arzt, und erging sich anschließend in Schuldzuweisungen und Vorwürfen.
    Susies Verhör war ebenso ergebnislos verlaufen. Die ehemalige Freundin seiner Frau – inzwischen hatte sie ihren Umfang verfünffacht – war in Tränen ausgebrochen und hatte beteuert, ihre Feier sei nur klein und überschaubar gewesen. Jeder Gast sei ihr bestens vertraut gewesen. Daniel stattete drei dieser Gäste einen Besuch ab, ohne dass sich etwas Auffälliges ergab. Offenbar war die Feier ohne besondere Zwischenfälle verlaufen, sah man von der Tatsache ab, dass einer der Betrunkenen fast im Pool ertrunken wäre und irgendjemand es lustig gefunden hatte, einen Eimer voll Kuhscheiße in Susies Badewanne zu kippen.
    Rebecca wusste ebenfalls nichts zu berichten und Elena hatte seine Nachricht zwar erhalten, war aber, ehe sie zu ihm aufbrechen konnte, zu einem Tatort gerufen worden.
    Er war keinen einzigen Schritt vorangekommen und diesen Misserfolg nahm er persönlich. Wenn man ihn hierher geschickt hatte, um eine Aufgabe zu erfüllen, warum ließ man ihn so lange im Unklaren, worin genau diese Aufgabe bestand? Er rettete Leben, natürlich, und es fühlte sich gut an, scheinbar ausweglose Situationen einem glücklichen Ende zuzuführen. Aber das hatte er schon vor seine Reise nach China getan. In den Jahren seit seiner Rückkehr hatte er unzählige Leben gerettet, und doch fühlte er sich leer. Undefinierbar und zutiefst leer. Mehr wartend als lebend.
    Er starrte auf das Meer hinaus, bot dem Sturm mit wütender Verzweiflung die Stirn und wünschte sich, er möge ihn zerreißen. All seine Moleküle, aufgelöst im Wirbel der Elemente. Vergessen. Entfesselter Zorn. Chaos jenseits jeder Ordnung. Er hatte von Mary geträumt. Ihre

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