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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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sollen, blieb aus. Stattdessen streckte Daniel die Hand aus und streichelte über das samtige Fell der Katze. Der Jaguar schnurrte. Wohlig und tief.
    „Wenn du dir solche Orte erschaffen kannst, warum bleibst du dann nicht hier?“ Entzückt schlang er seine Arme um den Leib der Raubkatze und genoss ihren vibrierenden Atem. Über ihm hockte ein riesiger Tukan auf einem Farnwedel. Ohne Furcht blickte der Vogel mit schief gelegtem Kopf auf ihn herab. „Es ist das Paradies. Oder etwa nicht?“
    „All das hier ist nicht echt“, antwortete Moa’ri. „Am Anfang siehst du darüber hinweg, weil es genau die Welt ist, die du dir erträumst. Aber bald wird dein Geist krank. Was nützt dir die größte Schönheit, wenn du weißt, dass all das nicht echt ist? Dir herbeiwünschen zu können, was du willst, wird bald zu einem Fluch. Denn nichts davon ist real.“
    „Man nimmt nicht die Wirklichkeit wahr, sondern nur das Bild, das man sich von der Wirklichkeit macht.“ Das sanfte Geräusch, das erklang, wenn er über den Rücken der Katze strich, wirkte überaus beruhigend. „Wenn ich schon in einer Welt voller Lügen leben muss, erschaffe ich sie mir lieber selbst. Aus meinen eigenen Idealvorstellungen.“
    Der Maya wiegte nachdenklich den Kopf. Ein durch die Wipfel dringender Sonnenstrahl kroch über seine bronzene Haut und fing sich in seinem Kopfputz. Die gesamte Herrlichkeit einer verlorenen Hochkultur manifestierte sich für diese Augenblicke in einem einzigen Menschen. Sehnsucht erwachte in Daniel. Wie gern hätte er diese Zeit mit eigenen Augen gesehen.
    „Deine Welt ist aus dem Gleichgewicht geraten.“ Anmutig begann Moa’ri, im Kreis zu schreiten. „Ich will dir sagen, warum das so ist. Vor langer Zeit kamen Wesen auf diese Welt, die von den Menschen zu Göttern erhoben wurden. Sie brachten Weisheit, Kunst, Kultur und Wissenschaft. Die Erde erblühte zu einem Ort, an dem Eintracht und Harmonie regierten, und für einige Generationen war diese Harmonie von Dauer.“
    „Wovon redest du?“ Daniel legte seine Hand auf den mächtigen Schädel des Jaguars. Wie hypnotisiert von dieser Berührung schloss das Tier die Augen und ließ seinen Kopf auf die mächtigen Vorderpranken sinken. „Was meinst du für Wesen?“
    „Es gibt mehrere Stufen der Zivilisation“, sagte Moa’ri. „Zu Stufe null zählen wir die Völker, die bescheiden und in Eintracht mit der Natur leben. Sie richten keinen Schaden an. Alles, was sie hinterlassen, sind Fußspuren. Stufe eins umschreibt Zivilisationen, die gelernt haben, die Natur zu beeinflussen und für ihre Zwecke zu manipulieren. In ihren Köpfen regieren Gier und Egoismus. Sie schaden der Natur, vernichten ihre Lebensgrundlage und wenden ihre Macht, das Wetter und die Naturgewalten zu beherrschen, gegen ihresgleichen an. Diese Stufe hat die Menschheit bereits erreicht.“
    „Wir beherrschen Wetter und Naturgewalten?“
    „Du erwähntest so treffend eine Welt aus Lügen.“ Der Maya rammte seinen Speer in den Boden und stützte sich darauf ab. „Die normale Bevölkerung weiß nicht, dass so manche Naturkatastrophe in voller Absicht ausgelöst wurde. Vulkanausbrüche, Erdbeben, Überschwemmungen und Dürren. Vieles wurde von mächtigen Menschen benutzt, um gewisse Ziele zu erreichen. Die Technologien sind weit fortgeschrittener, als man es dem Volk glauben machen will, nur leider werden sie fast ausschließlich für feindselige Zwecke benutzt. Der Homo sapiens erfand die Atombombe. Aber keine Maus käme auf die Idee, eine Mausefalle zu erfinden.“
    „Gott erschuf den Menschen, weil er vom Affen enttäuscht war. Danach verzichtete er auf weitere Experimente.“
    Moa’ri grinste verschlagen. „Leider kann ich mein eigenes Volk von dieser Kritik nicht ausnehmen. Als die Götter diese Welt verließen, pervertierten die Menschen ihre Gebräuche und vergaßen ihre erlangte Weisheit. Sie opferten Tiere und ihresgleichen, um die Götter zurückzuholen. Sie hielten sich für Auserwählte und zogen in den Krieg gegen jeden, der anders dachte als sie. So viel Blut ist geflossen, um Wesen zu beschwören, für die Gewalt und Hass vollkommen fremd waren.“
    „Woher kam überhaupt die Idee, sie mit Opfern zurückzuholen? Warum glaubte man, sie mit Blut beschwören zu können?“
    Der Maya trat zu ihm, streckte seine Arme aus und zeigte ihm die Innenflächen seiner Handgelenke. Dutzende punktförmige Narben waren darauf verteilt. „Damals heilten mein Vater und ich durch unser Blut die

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