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Wenn nur noch Asche bleibt

Wenn nur noch Asche bleibt

Titel: Wenn nur noch Asche bleibt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauss
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Etablissement mit dem schönen Namen
Darling
fügte sich nahtlos in die allgegenwärtige Trostlosigkeit ein. Abbröckelnder Putz, Moder, Dreck und Hoffnungslosigkeit. Elena fühlte sich elend. Als sie den Wagen verließ und die Haustür betrachtete, auf die Daniel mit beschwingtem Gang zusteuerte, krempelte sich ihr Magen um. Jemand hatte diese Tür schwer ramponiert und halb aus den Angeln gerissen. Namensschilder waren bis auf zwei kaum lesbare Exemplare abgerissen. Zögernd folgte sie Daniel in den gähnenden Schlund des Hauses. Alte Zeitungen lagen auf dem verdreckten Flur. Es roch nach Urin, Alkohol und Armut.
    Szenerien wie diese katapultierten sie zurück ins Detroit ihrer späten Jugend. Sie wusste, wie es war, nur mit Mühe und Not über die Runden zu kommen und die Nächte dank nagender Ängste hellwach zu verbringen. Diese Erinnerungen lagen wie der Geschmack nach Galle auf ihrer Zunge.
    Daniel hingegen, in einen seiner schwarzen Brioni-Anzüge italienischen Stils gekleidet, glänzte durch Selbstsicherheit und unerschütterliche Ruhe. Natürlich. Vermutlich hätte ihm nicht einmal eine Hundertschaft geklonter Chuck Norrisse ein Wimpernzucken entlocken können.
    Sie stiegen zwei marode Treppen hinauf, bis der Weg vor einer rot gestrichenen Tür endete. Elena glaubte, unterdrücktes Wimmern zu hören.
    „Polizei!“ Daniel klopfte dreimal vernehmlich. „Öffnen Sie sofort.“
    Das Wimmern schwoll an, hektische Schritte erklangen. Eine männliche Stimme brüllte Flüche, etwas wurde gegen die Wand geworfen und zerbrach mit lautem Klirren. Elena erwiderte den vielsagenden Blick ihres Partners, als plötzlich die Tür aufgerissen wurde.
    „Helfen Sie mir! Oh Gott, helfen Sie mir. Er bringt mich um.“
    Eine mexikanisch aussehende Frau in einem zerfetzten, pflaumenfarbenen Kleid warf sich an Daniels Brust. Ihr tränennasses Gesicht war blutverschmiert, zwei klaffende Wunden zogen sich über ihre Stirn. Zorn durchdrang Elenas Fassung und rüttelte an ihrer Professionalität. Der Täter musste mit aller Wucht zugeschlagen haben. Vermutlich war die Frau nur knapp einem Schädelbruch entgangen.
    „Alles in Ordnung.“ Behutsam schob Daniel die Mexikanerin beiseite und zückte seine 45er Magnum. „Gehen Sie beiseite. Ich kümmere mich darum.“
    Kaum hatte er die Wohnung betreten, sprang ein Mann hinter der Tür hervor. Er packte die Frau an den Haaren, zerrte sie mit einem Ruck zurück und drückte den Lauf einer Pistole gegen ihre Schläfe.
    „Verpisst euch!“ Der Typ hyperventilierte. Er zitterte wie Espenlaub und verströmte den Geruch nach billigem Schnaps. „Ich sag’s nicht zweimal. Haut ab oder ich mach euch Beine.“
    Nicht älter als zwanzig, analysierte Elena. Ebenfalls mexikanische Herkunft. In hohem Maße gewaltbereit. Hatte nichts zu verlieren. Verdammt, sie hatten äußerst dünnes Eis betreten.
    „Lassen Sie die Frau los und legen Sie die Waffe auf den Boden!“ Daniels Stimme klang hart und fest. Selbst dem abgebrühtesten Mistkerl musste sie die Gewissheit einflößen, dass er sich nicht mit übertriebener Zurückhaltung abgab. „Und nur damit das klar ist: Auch ich hasse es, mich zu wiederholen. Runter mit der Waffe!“
    „Das hier geht euch verdammt noch mal nichts an!“, brüllte der Mann. „Fuck off!“
    Daniel rührte sich nicht. Wie er dort stand, unbeweglich und mit festem Blick, schien er sich allem Weltlichen überlegen zu fühlen. Seine Präsenz füllte die schäbige Wohnung mit körperlich spürbarer Energie. Elena meinte zu sehen, wie ein hauchfeines Strahlen von ihm ausging. Sie blinzelte, doch der Eindruck blieb. Hatte sie heute Morgen eine Kopfschmerztablette zu viel geschluckt?

„Legen Sie die Waffe hin.“ Er sagte es ruhig und besonnen, doch in seiner Stimme vibrierte unterschwelliger Zorn. „Verstärkung ist auf dem Weg. Wenn Sie es trotzdem für eine gute Idee halten, mich zu erschießen, muss ich Sie warnen. Ich bin verdammt schwer zu töten. Und falls Sie es doch schaffen, haben Sie ein richtig großes Problem.“
    „Meine Schlampe, meine Angelegenheit.“ Der Mexikaner bleckte makellos weiße Zähne. Ein Kontrast zu seiner abgerissenen, ungepflegten Kleidung. „Ich sagte, ihr sollt euch verpissen. Nimm deine Bitch und macht, dass ihr wegkommt.“
    „Schnauze!“ Elena schleuderte dem Kerl dieses Wort mit aller Wut entgegen. Sie hasste Subjekte wie ihn. Sie verabscheute sie mit inbrünstiger Leidenschaft. Die Welt war ein elender Ort, angereichert mit Gewalt

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