Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)
größten ist, vielleicht setzen oder legen sie sich hin, vielleicht lenken sie sich ab, rufen den Arzt oder nehmen Tranquilizer – was auch immer die Angst wieder abklingen lässt. Wenn sie wieder ruhiger geworden sind, haben sie den Eindruck, dass die Attacke immer weitergegangen und dass an ihrem Höhepunkt das befürchtete schlimme Ereignis (s. o.) eingetreten wäre, wenn sie nicht eingegriffen und etwas dagegen unternommen hätten. Aber die Betroffenen meinen nur, dass es so ist – in Wirklichkeit stimmt das gar nicht.
Abb. 5: Eine normale Panikattacke
Was ist eine normale Panikattacke? Abbildung 5 zeigt, was während einer Panikattacke geschieht. Die Panikgefühle steigern sich so lange, bis der Patient sie kaum noch ertragen kann. Er scheint nicht mehr klar denken zu können und möchte nur noch davonlaufen (die Angstreaktion). Wenn der Patient jedoch nicht »flieht«, sondern seine Angst zulässt, dann nehmen die Panikgefühle langsam von selbst wieder ab.
6. Falsche Glaubenssätze in Bezug auf Tod und Krankheit
In den nächsten drei Kapiteln werde ich versuchen, auf die hauptsächlichen Befürchtungen in Bezug auf Panikattacken einzugehen. Das heißt, sie stecken voller Informationen. Bitte fühlen Sie sich frei, nur die Teile zu lesen, die für Sie von Interesse sind.
Irrtum Nr. 2: »Es ist mein Herz«
Ich bekomme einen Herzanfall. Diesmal ist es ein schwerer. An diesem Herzanfall werde ich sterben.
Panikattacken erinnern in vieler Hinsicht an Herzattacken. Auch bei Herzattacken kommt es zu Herzrasen, Schmerzen im Brustbereich, Schweißausbrüchen und Atemnot. Früher wurden Panikattacken auch als »kardiale Neurosen« bezeichnet, da ihre Symptome denen einer Herzkrankheit ähneln. Nach ihrer ersten Panikattacke rufen die Betroffenen oft ihren Hausarzt, der dann vorbeikommt und sie untersucht. Zum großen Erstaunen der Patienten kann der Arzt meist nichts Auffälliges feststellen. Ihr Zustand deutet nicht auf einen Herzanfall hin. Aber die Diagnose »Mit Ihnen ist alles in Ordnung« ist für jemanden, der gerade solch eine schreckliche Attacke erlebt hat, natürlich sehr unbefriedigend. Um den Patienten zufrieden zu stellen, oder um ganz sicher zu gehen, überweist der Hausarzt ihn dann vielleicht doch an einen Herzspezialisten.
Es dauert natürlich einige Zeit, bis der Patient einen Termin bekommt; dann werden die üblichen Untersuchungen gemacht, und schließlich teilt der Kardiologe dem Hausarzt mit, dass keine Herzerkrankung vorliegt – vielleicht hat der Patient leichteHerzrhythmusstörungen (ab und zu »überspringt« das Herz einen Schlag) oder leicht erhöhte EKG-Werte, aber nichts, das klinisch von Bedeutung ist. Der Arzt sagt seinem Patienten dann, die EKG-Werte seien leicht erhöht, er sei jedoch klinisch völlig gesund.
Der Patient geht vielleicht mit dem Gefühl nach Hause, dass er in Wirklichkeit doch ernstlich krank ist, dass die Ärzte etwas übersehen haben, dass sie nicht kompetent sind oder dass sie ihm etwas verschweigen, und möglicherweise glaubt er weiterhin, herzkrank zu sein. Ein Panikpatient, dem man völlige Gesundheit bescheinigt, weiß schlicht und einfach nicht, was er davon halten soll. Es hat sich genauso angefühlt wie ein Herzanfall- und wenn es keiner war, was war es dann?
»Das spielt sich alles nur im Kopf ab« – dieser Satz wird leider gern im Zusammenhang mit Angst benutzt. Die Betroffenen denken oft, das bedeutet: »Das bilden Sie sich alles nur ein.« Sie versuchen sich selbst davon zu überzeugen, dass sie sich diese Panikattacken nur einbilden, und zweifeln nicht selten an ihrem eigenen Verstand. Die Symptome waren doch so real – mein Herz hat geschlagen wie verrückt, ich habe kaum noch Luft bekommen –, wie kann ich mir das denn alles nur eingebildet haben?
Natürlich sind die Symptome echt – Fieber, Schweißausbrüche, beschleunigter Herzschlag, all diese Symptome treten wirklich auf und lassen sich eindeutig diagnostizieren. Statt »das spielt sich alles nur im Kopf ab« sollte man besser sagen: »Das hat seelische Ursachen« oder: »Das ist ein psychosomatisches Problem.« Die Symptome einer Panikattacke sind körperlicher Art und sehr real; sie haben jedoch emotionale Ursachen und sind nicht Folgen einer körperlichen Erkrankung.
Wie kann man feststellen, ob es sich um einen Herzanfall oder eine Panikattacke handelt? In beiden Fällen hat der Patient Schmerzen im Brustbereich, sein Herz schlägt bedeutend schneller als sonst
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