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Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)

Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition)

Titel: Wenn plötzlich die Angst kommt: Panikattacken verstehen und überwinden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Baker
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unmöglich wahrnehmen kann, wenn man den Film im normalen Tempo sieht. Nehmen wir einmal an, wir könnten die Angstreaktion in ähnlicher Weise verlangsamen. Was würden wir feststellen?
ERSTES BILD
    Wir würden sehen, dass das allererste Element der Angstreaktion gar nichts mit dem Gefühl »Angst« zu tun hat. Zunächst geht es nur um »Zur-Kenntnis-Nehmen«.
    In der Fachsprache der Psychologen wird dieser Teil der Angstreaktion als Einschätzung einer Situation als Gefahrensituation bezeichnet. Mit anderen Worten: Bevor jemand Angst empfindet, muss er erkennen, dass eine Gefahr droht. Das ist mit Einschätzung der Situation gemeint. 25
    Diese Einschätzung kann eine sehr einfache sinnliche Wahrnehmung sein, zum Beispiel, wenn wir eine Schlange sehen oder Flammen, die um uns herum aufzüngeln.
    Diese »einfachen« Gefahren scheinen sowohl bei Menschen als auch bei Tieren eine natürliche, automatische Reaktion auszulösen. Ein anderer »automatischer« Angstauslöser ist Lärm. Schon immer haben Generäle das gewusst und ihren Truppen befohlen, laut zu johlen und zu schreien, wenn sie den Feind angreifen.
    Lassen Sie uns ein anderes Beispiel nehmen: Stellen Sie sich vor, wir gehen spät in der Nacht im Stadtzentrum durch eine dunkle Straße. An ihrem Ende sehen wir plötzlich die Umrisse von zwei Männern auftauchen. Als sie uns sehen, bleiben sie stehen und erwarten uns bewegungslos am Ende der Straße.
    Unsere Einschätzung beinhaltet hier ein ziemlich hohes Maß an geistiger Aktivität. Sie beruht auf dem Wissen, dass in Städten nachts im Schutze der Dunkelheit, wenn wenig Menschenunterwegs sind, die man zu Hilfe rufen könnte, oft Verbrechen verübt werden. Und dass ein Mensch, der am Ende eines Durchgangs steht, uns den Weg abschneidet. Und dass zwei männliche Gestalten, die uns an einem solchen Ort den Weg abschneiden, Gefahr bedeuten. Auch wenn diese Einschätzung in einem Augenblick geschieht, beruht sie auf Überlegungen, Wissen und Erfahrung.
    Mit anderen Worten: Bevor unser Körper Angst wahrnimmt, müssen wir zuerst eine Gefahrensituation erkannt haben. Dieses Erkennen kann ein einfaches Wahrnehmen von natürlicherweise gefährlichen Objekten sein oder das Ergebnis unserer Überlegungen und Erfahrungen in Bezug auf das, was für uns gefährlich ist.
ZWEITES BILD
    Das nächste Bild der Zeitlupeneinstellung betrifft die körperlichen Empfindungen – all die Symptome, die ich in Kapitel 4 aufgezählt habe: Schwitzen, Herzrasen, Atemnot, Muskelanspannung, Zittern, Erstickungsgefühle, Hitzewallungen, Schmerzen in der Brust, Schwindel, Benommenheit usw. Wie in diesem Kapitel erläutert, befähigt uns die Angstreaktion, die im Wesentlichen bei allen Menschen gleich abläuft, schnell und effektiv auf eine Gefahrensituation zu reagieren. Sobald eine Situation als gefährlich eingeschätzt wird (erstes Bild), kommt es automatisch zur Angstreaktion und den mit ihr einhergehenden Symptomen.
DRITTES BILD
    Das dritte Element der Angstreaktion betrifft die Art und Weise, wie wir uns verhalten. Die starken Angstgefühle veranlassen uns zu einer Handlung. Die üblichen Möglichkeiten sind Flucht, Kampf oder Erstarrung.
    Ich hörte kürzlich im Radio ein Interview mit einem zwölfjährigen Jungen, der in den Rocky Mountains von einem Grizzlybären angegriffen worden war. Er schilderte, wie der Bär ihn mit seinen Vorderpfoten angriff und die Krallen in ihn schlug; da ließ er sich wie leblos zu Boden fallen und stellte sich tot. Einige Tage zuvor hatte er ein paar Trapper sagen hören, dass Bären von einem Menschen ablassen, wenn sie ihn für tot halten. Er blieb ganz still liegen und der Bär trottete tatsächlich davon. Der Junge spürte die typischen Angstgefühle (zweites Bild), die ihn normalerweise zur Flucht veranlasst hätten, aber sein Wissen über Bären befähigte ihn dazu, diesen Impuls zu überwinden und ganz still liegen zu bleiben. Er war imstande, seine Reaktion auf die Angstgefühle zu kontrollieren.
    Abbildung 8 zeigt die drei Hauptbestandteile der Angstreaktion.

    Abb. 8: Die drei Hauptbestandteile der Angstreaktion

1

2

3
 
Einschätzung

Angstgefühle

Reizbeantwortung
Eine Situation wird als

Sofort treten heftige

Die betreffende Person
gefährlich eingeschätzt

Angstsymptome auf

wird aktiv (z.B. indem
sie flieht oder den
Kampf aufnimmt)

    Wir haben unseren »Film« nun extrem langsam ablaufen lassen, um die einzelnen Elemente der Angstreaktion deutlich erkennen zu können.
    In

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