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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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hatte sich schon verstohlen an die Bratpfanne herangemacht, um zu sehen, ob wohl noch irgend etwas zu retten war. Bei Mays Worten zog er sich schuldbewußt wieder zurück. Jocelyn sagte: «Natürlich sorgen wir uns auch, May, mein Liebling. Wir machen uns sogar große Sorgen. Aber die Polizei hat die Sache in die Hand genommen, und wir können herzlich wenig tun.»
    May fragte: «Um wieviel Uhr war das gestern abend?»
    «Ziemlich spät, hat der Kerl von der Polizei gesagt», erklärte Opa.
    «Ich frage mich, ob David nicht doch was gesehen hat», meinte May. «Ich frage mich...» Sie schwieg. «O mein Gott», stöhnte sie.
    «Was ist denn?» fragte Jocelyn erschreckt.
    Sie starrte ihn an, als hätte sie ihn noch nie im Leben gesehen. «Nichts», sagte sie. «Nichts.» Und dann ging sie an ihm vorbei und verließ die Küche mit leerem Blick, wie eine Blinde.
    Die beiden Männer standen in der Küche und hörten, wie sie langsam nach oben stieg. Jocelyn wollte ihr nacheilen. «Laß sie lieber ein Weilchen allein», sagte Opa. «Ich hab das Gefühl, sie muß was überdenken.»
    Jocelyn wehrte ab. «Aber das ist gar nicht ihre Art. Sie ist doch sonst so - gelassen.»
    «Mein Gott, Mann, laß ihr doch Zeit. Keine Mutter bleibt gelassen, j wenn sich ein potentieller Mörder in der Gegend herum treibt.»
    «Ich weiß. Aber trotzdem ist es merkwürdig, wenn May so die Nerven verliert. Sie machte einen Eindruck, als ob... Ich weiß auch nicht», schloß er lahm.
     

6
     
    Am späten Vormittag ging Jocelyn ins Dorf. Die Leute waren in hellster Aufregung. Das überfallene Kind war sieben Jahre alt, ein ohnehin höchst nervöses, empfindsames Mädchen; es lag nun mit
    schweren Prellungen und einem Nervenschock im Krankenhaus. .
    Die Frauen standen erregt, ihn ohnmächtigem Zorn vor den Haustüren, maßlos erbittert, daß so etwas in ihrer Gegend geschehen konnte. «Die arme Kleine», sagten sie. «Davon kann sie glatt überschnappen.» Sie sagten es immer wieder.
    Die Männer standen vor den Hoftüren, blinzelten in die Sonne und lüpften mit einem Finger die Mützen. «Es ist nicht zu glauben», sagten sie. «Sich an einem Kind zu vergreifen! Es ist nicht zu fassen.» Sie sagten es immer wieder, verzweifelt bemüht, diesen dunklen Fleck, der da auf ihr Gemeinwesen gefallen war, fortzuwischen.
    Einige waren weniger aufgeregt und vertraten ihre eigene Auffassung. Sie nahmen das Böse als nun einmal gegeben hin, aber sie würden jetzt aufpassen. Und wenn ihnen dieser Bursche in die Finger fiele, dann würde ihn die Polizei, wenn er ihr überantwortet würde, nicht mehr wiedererkennen.
    «Also ich finde das wirklich abscheulich, ehrlich», sagte das affektierte junge Ding im Tabakladen. «Also wirklich, da muß man ja damit rechnen, daß man im Bett umgebracht wird.»
    Dieser Mr. Pentecost war ein feiner Herr, ihm gegenüber konnte man ruhig vom Bett sprechen, ohne eine anzügliche Antwort oder einen schiefen Blick zu riskieren wie bei vielen anderen.
    «Ja.» Jocelyn steckte das Wechselgeld ein. «Und das schlimmste ist, daß es jeder von uns sein könnte. Jeder - auch ich, Miss Bates.»
    «Ach, aber doch nicht Sie, Mr. Pentecost.» Sie kicherte nervös.
    «Warum nicht?» sagte er scharf. Konnte man wirklich so borniert sein?
    «Nein wirklich - Mr. Pentecost! Sie sind doch ein Gentleman, Mr. Pentecost.»
    «Wenn er nicht gerade kleine Kinder überfällt, ist dieser Mann vielleicht auch einer», sagte Jocelyn müde. Manchmal war er deprimiert über die Untiefen und Abgründe des menschlichen Geistes. Wenn wir doch nur alle ein bißchen einfacher und geradliniger sein könnten, dachte er, als er den Laden verließ. Nein, also wirklich! dachte Miss Bates und überlegte einen Moment, ob das eben ein Geständnis gewesen sei oder ob Mr. Pentecost sich nur einen kleinen Scherz erlaubt habe. Nachdem sie kurz ihr Spatzenhirn bemüht hatte, entschied sie sich für das letztere.
    Der Schlachter machte es sich einfacher. «Weiß Gott, den möchte ich nur fünf Minuten in die Finger kriegen», sagte er und hieb wütend auf eine Lammkeule ein.
    «Ja», sagte Jocelyn. Als ob das dem armen kleinen, verschreckten Wesen helfen würde, das jetzt im Krankenhaus in seinem Bettchen lag, den Unhold noch vor Augen, einen erbärmlichen, verwirrten Nachtwanderer oder einen lasterhaften, verabscheuungswürdigen Rohling? Wie mußte man ihn sich vorstellen? Wie sollte man mit ihm verfahren? Verdiente er eine rasche, harte Verurteilung oder Pflege und

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