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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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nicht alle Tassen im Schrank hat, muß man schon zu ein paar Zugeständnissen bereit sein, und Willie war jedes Zugeständnis wert. Gaylord dachte mit leisem Stolz daran, daß es schließlich nicht viele Leute gab, die einen so ausgefallenen Freund besaßen.
    Zurück durch die grasbewachsene Einfahrt und über das windschiefe Tor. Als er diesmal das Reich der steinernen Löwen durchschritten und das freie Feld erreicht hatte, drehte er sich um und machte ihnen eine lange Nase, fragte sich aber sogleich besorgt, ob das nicht ein bißchen voreilig war. Dann ging er um eine Ecke, und sie waren nicht mehr zu sehen. Vergnügt hüpfte er im hellen Mondlicht dahin und malte sich aus, wie lustig es wäre, Willie Essen und Proviant zuzuschmuggeln. Das wäre eine herrliche Übung in Kriegslist und Strategie.
    Er kam an eine Weggabelung. Da hörte er in der windstillen Nacht Schritte auf dem anderen Weg.
    Gaylord verkroch sich in einer Hecke. Selbst seine Phantasie reichte nicht aus, sich vorzustellen, was Mummi wohl sagen würde, wenn sie von dieser nächtlichen Exkursion erfuhr.
    Die Schritte näherten sich der Weggabelung. Es war jemand, der aus dem Dorf kam. Es mußte also jemand sein, den er kannte. Wenn der Betreffende einbog, war es so gut wie sicher, daß er bei dem strahlenden Mond einen kleinen Jungen entdeckte, der da flach im Gebüsch auf dem Bauch lag.
    Die Schritte waren jetzt ganz nah. Laut und deutlich klangen sie durch die Nacht. Gaylord schob sich noch tiefer ins Gebüsch zurück. Doch da entfernten sich die Schritte in Richtung auf den Hof zu. Vorsichtig hob Gaylord den Kopf und spähte. Es war David.
    Der Anblick seines Vetters, der da im Mondschein spazierenging, brachte Gaylord auf. So eine Frechheit! Schließlich war auch David nur ein Junge. Er hatte schon seit Stunden im Bett zu sein. Daß er selbst hier mitten in der Nacht herumlief, das war etwas ganz anderes. Er war hier schließlich zu Hause! Es war sein Revier, er gehörte dazu wie die Bäume oder die alte Scheune.
    Aber doch nicht David. David war ein Fremder und hatte sich gefälligst an die hier geltenden Vorschriften zu halten. Außerdem komplizierte er eine so delikate Sache wie Gaylords Rückkehr. Denn Gaylord ging es bei seinen nächtlichen Expeditionen wie den Astronauten. Die kritischen Momente waren der Start und der Wiedereintritt in die Atmosphäre.
    Er ließ seinem Vetter reichlich Zeit, im Haus zu verschwinden. Dann stand er auf, klopfte sich den Staub von der Hose und trabte heimwärts. Zehn Minuten später hockte er oben im Apfelbaum, kletterte über einen Ast durchs offene Fenster in sein Zimmer, schlüpfte in seinen Pyjama und schlief schon mit Unschuldsmiene, als Mummi und Paps ihre letzte Inspektionsrunde machten, bevor sie sich zu Bett begaben. Mummi schaute ihn prüfend an: «Ich glaube, diesmal schläft er wirklich», flüsterte sie. «Aber bei Gaylord weiß man das nie so genau.»
    Gaylords Atemzüge gingen gleichmäßig. Er sah nur noch ein bißchen zufriedener aus als gewöhnlich.
     
    Sie waren noch im Wohnzimmer, als David nach Hause kam. Er hatte die Tür aufgemacht und gesagt: «Ich wollte euch nur Bescheid sagen, daß ich wieder da bin. Ich gehe jetzt ins Bett.»
    Er wirkte angespannt und verlegen. Aber das war begreiflich. Ein Junge von seiner Mentalität konnte nicht gelassen einem Erwachsenen gegenübertreten, den er kurz vorher mit seinem Trotz herausgefordert hatte. «Gute Nacht, alter Knabe», sagte Jocelyn freundlich und wandte sich wieder seinem Buch zu. May wollte sich versöhnlich zeigen, lächelte freundlich und sagte: «Welchen Weg bist du denn gegangen? »
    «Den unten am Fluß entlang bis zum Wehr.»
    «Mich wundert bloß, daß du keine Gespenster siehst», lachte sie. «Ich würde bestimmt welche sehen.»
    Er lächelte pflichtschuldig. «Gute Nacht», sagte er, blieb aber stehen und ließ verlegen die Tür hin und her schwingen, unfähig, zu sagen, was er sagen wollte, und unfähig, zu gehen, ohne es gesagt zu haben.
    «Was ist denn, David?» sagte May freundlich. Wenn ich nicht nachhelfe, bleibt er die ganze Nacht da stehen, dachte sie.
    Er schluckte. «Es tut mir leid. Das war ungezogen vorhin, Tante May.»
    Nun, das klang ja ganz zerknirscht. Und May konnte nicht nachtragend sein. «Du warst nicht ungezogen», sagte sie. «Wir waren verschiedener Meinung, das war alles. Du bist halt deinem Kopf gefolgt, nicht meinem.»
    «Ja», sagte er. «Es tut mir leid.»
    «Das braucht dir nicht leid zu tun. Aber

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