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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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daß wir nicht genug Verständnis für dich aufgebracht haben.» Leise fügte sie hinzu: «Du hast uns beschämt, David. Kannst du uns... verzeihen?»
    Sie schaute ihm ins Gesicht. Eine ganze Weile sah er sie ausdruckslos an. Und dann, nach einer Ewigkeit, wie es ihr schien, zuckte es in seinem Gesicht, als wolle er weinen. Aber er weinte nicht. Er lächelte, und alles, was er sagte, war: «Ich glaube fast, ich bin nach Hause gekommen, Tante May.»
     

23
     
    Fünf Stunden später betrat Constable Harris das Polizeirevier. Gestern war sein freier Tag gewesen. Er hatte ihn damit verbracht, in der Umgebung nach Spuren und Hinweisen zu suchen und in Shepherd’s Warning Nachforschungen anzustellen, alles ohne Ergebnis. Er war tief enttäuscht. Na schön, er konnte ja mal fragen, ob man hier während seiner Abwesenheit einen Schritt weitergekommen war. Eine müßige Frage zwar, aber er wollte nichts unversucht lassen.
    «Sind Sie inzwischen mit dem Würger weitergekommen?» fragte er kühl.
    Der Sergeant lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück. Sehr entspannt. Er lächelte seinen Untergebenen freundlich an.
    «Aber freilich doch. Wir haben ihn, Constable.»
    Harris hielt den Atem an. «Was? Sie haben ihn?»
    «Er sitzt bereits in der Zelle», sagte der Sergeant.
    «Tod und Hölle», flüsterte Constable Harris. Er rang mit sich. «Woher wissen Sie, daß er es ist?» fragte er heiser.
    «Wir haben ihn auf frischer Tat ertappt, als er gerade den kleinen Pentecost würgte», sagte der Sergeant.
    Constable Harris schoß der flüchtige Gedanke durch den Kopf, daß wohl jeder sich versucht fühlen würde, den kleinen Pentecost zu erwürgen. «Wer ist es?» fragte er ruhig.
    «Ein alter Landstreicher. Soundso. Ist hier zugelaufen, nehme ich an. Warum er sich allerdings gerade uns ausgesucht hat...»
    Constable Harris schwieg. Wenn das so weitergeht, dachte er deprimiert, bin ich mit vierzig Jahren ein verbitterter, enttäuschter alter Mann.
     
    In dieser Nacht brachte der Wind den Regen. Damit war der Sommer zu Ende. Die Feldwege waren aufgeweicht, die windzerzausten Hecken braun und naß, die Blätter der Weiden, die wie ein Regen von blanken Kupfermünzen herabfielen, rasch in den nassen Lehm hineingetreten. Der Sommer war zu Ende, die Kioske schlossen einer nach dem anderen. Bald würde es Zeit sein, die bunten Ferienhäuschen winterfest zu machen.
    Die Gäste waren fort. May und Jocelyn hatten sie zum Zug gebracht. Ein wenig erleichtert - gewiß. Doch auch mit leisem Bedauern. Jenny und Jocelyn waren auf dem Bahnsteig auf und ab
    gegangen, und sie hatte gesagt: «Du brauchst dir keine Sorgen mehr um mich zu machen, Onkel Jocelyn. Ich bin erwachsen geworden. Und nun kommt Indien!» Sie lächelte. «Mag sein, daß es nicht nett von mir ist, aber England ist tatsächlich für mich schon Vergangenheit.»
    «Das freut mich für dich», sagte er und lächelte zurück. Er fühlte sich ein wenig verlassen und war ein wenig eifersüchtig auf all die jungen Leute in Indien, die sich in sie verlieben würden.
    Am anderen Ende des Bahnsteigs sagte David: «Ich glaube, es hat mir gutgetan, daß ich hier bei euch war, Tante May. Ich bin nicht mehr so nervös und - empfindlich wie früher.»
    Bestimmt nicht, dachte sie und erinnerte sich an den verschlossenen, in sich gekehrten Jungen, den sie vor ein paar Monaten auf diesem Bahnsteig in Empfang genommen hatte. «Das freut mich von Herzen», sagte sie liebevoll. «Ich fürchte, ich bin kein guter Mutterersatz für dich gewesen, aber...» Sie lachte verlegen, «... du hast mich ja auch nicht gerade dazu ermutigt, oder?»
     
    Und nun waren sie fort. Im Haus war es still geworden. Jocelyn schrieb eine bittersüße kleine Geschichte von einem dreißigjährigen Mann, der sich in ein Mädchen von zwanzig verliebt. Mummi hatte die Stickarbeit vorgeholt, die sie im Frühjahr weggelegt hatte.
    Jocelyn war mit seiner Geschichte fertig. Nun hatte er sich Jenny von der Seele geschrieben. Er legte den Federhalter hin und lehnte sich in seinem Sessel zurück. «Es wird langsam Winter», sagte er zufrieden. «Die Tage werden immer kürzer. Und die Familie ist wieder ganz die alte.»
    «Nicht ganz, Jocelyn», entgegnete sie ernst. «Wir sind nicht ganz so, wie wir vorher waren. Wir sind doch daran erinnert worden, daß es neben unserem ländlichen Frieden noch eine andere Welt gibt, in der... sich schreckliche Dinge ereignen und immer wieder ereignen werden.» Sie legte die Handarbeit in den Schoß

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