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Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft

Titel: Wenn süss das Mondlicht auf den Hügeln schläft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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Kulissen der Bäume David. Nun waren Mummi und Paps da, David, der sich den Staub vom Anzug klopfte, ein Polizeiwagen mit zuckendem Blaulicht, zwei Polizisten. Und der Bär hatte sich in einen zerlumpten alten Mann in einem langen braunen Mantel verwandelt.
    Einer der Polizisten trat zu ihnen. «Wie geht es ihm?» erkundigte er sich.
    «Anscheinend gut», sagte Mummi unsicher. «Aber ich habe keine Ruhe, ehe ihn nicht ein Arzt gesehen hat.»
    «Das glaube ich Ihnen gern. Ich werde Sie rasch nach Hause fahren. Wilson kann solange hierbleiben und warten.» Er wandte sich an David. «Würden Sie bitte auch hierblieben, mein Herr? Sie könnten noch ein paar offene Fragen klären helfen. Ich hole Sie nachher hier ab.»
    Gaylord durfte im Polizeiwagen mit blinkendem Blaulicht nach Hause fahren, und so wurde ihm unversehens einer seiner heißesten Kinderwünsche erfüllt. Der Hals tat ihm ein wenig weh, aber das war es wert. Als sie vor dem Haus ankamen, hoben Mummi und Paps ihn wie einen Kranken aus dem Wagen. Gaylord hätte es zwar durchaus allein geschafft, doch da er stets dafür war, eine Situation bis zur Neige auszukosten, kehrte er ins Haus zurück mit der Miene des leidenden Ritters.
     
    Eine wütende Stimme scholl ihnen entgegen. «Wo zum Henker treibt ihr euch alle herum?»
    Opa stand in Morgenrock und Pantoffeln breitbeinig vor dem Kamin in der Diele.
    Mummi hatte es eilig. «Jocelyn wird dir alles erklären, Schwiegervater», sagte sie. «Ich muß erst einmal Gaylord zu Bett bringen.»
    «Kann ich nicht aufbleiben und es Opa selbst erzählen?» fragte Gaylord. In seinem Eifer vergaß er für einen Augenblick, daß er an der Schwelle des Todes gestanden hatte.
    «Nein, Liebling!» Mummi führte ihn sanft nach oben.
    Gaylord war ausgesprochen verärgert. Schließlich gab es für ihn nichts Schöneres, als hochdramatische Geschichten zu erzählen, in die er selbst verwickelt war. Und was konnte es Dramatischeres geben, als erwürgt zu werden? Aber er hatte seinen Trumpf zu früh aus der Hand gegeben. Er hätte sich die Sterbe-Pantomime besser für einen späteren Zeitpunkt auf heben sollen.
    «Ich bin erwürgt worden, Opa», rief er fröhlich von der Treppe herunter.
    «Du wirst es wohl verdient haben»> sagte Opa. Opa konnte um Mitternacht noch grober sein als in den Morgenstunden, und das wollte allerhand heißen.
    «Nein, Vater, wirklich», sagte Jocelyn. «Es stimmt.»
    «Guter Gott», sagte Opa entsetzt. «Du meinst, dieser Kerl?»
    «Ja. Es ist ein alter Landstreicher.» Jocelyn hockte sich auf die Eichenbank. «Ach, Vater, ich glaube, mit mir stimmt etwas nicht. Er hat meinen eigenen Sohn überfallen. Ich müßte ihn doch nun mit diesen meinen Händen erwürgen wollen.»
    Er saß mit gespreizten Beinen, die Ellbogen auf die Knie gestützt. Er schlug die Hände zusammen, daß es klatschte. «Und doch habe ich noch nie in meinem ganzen Leben mit einem Menschen solches Mitleid gehabt.»
    Opa äußerte sich nicht dazu. «Aber wie ist das denn gekommen? Wir haben doch alle friedlich im Bett gelegen. Und dann höre ich auf einmal, wie ihr alle durch die Gegend rennt, daß Gaylord überfallen worden ist und...»Er brach ab. «Wieso ist er davongekommen?»
    «Ich weiß es noch nicht genau. Aber ich glaube, David hat ihn gerettet.»
    «Allmächtiger Gott! Der war auch draußen?»
    «Gottlob! Wir kamen zugleich mit der Polizei an. Und dann stand er da - dieser arme alte Mann, halb verhungert und völlig schwachsinnig... und rechts und links von ihm zwei große, stämmig Polizisten. Es schien so unfair.»
    Opa sagte für seine Verhältnisse sehr sanft: «Eines Tages hätte er tatsächlich jemanden umgebracht. Nach allem, was du sagst, hätte er um ein Haar Gaylord umgebracht.»
    «Ja, ich weiß. Er ist widerlich und dreckig und gefährlich. Und trotzdem... ich verdanke es nur der Gnade Gottes, daß es nicht Jocelyn Pentecost ist.»
    Opa sah seinen Sohn an. «Mein lieber Junge, es gibt Augenblicke -sie sind selten, muß ich zugeben -, in denen ich eigentlich ganz stolz auf dich bin. Gute Nacht», sagte er abrupt und schickte sich an, die Treppe hinaufzugehen. Auf dem Weg stützte er sich einen Moment lang auf die Schulter seines Sohnes.
     
    Es war zwei Uhr nachts, als David zurückkam. May und Jocelyn hatten auf ihn gewartet. Im Kamin flackerte ein munteres Feuer, der Kaffee summte fröhlich in der Maschine, daneben stand eine Platte mit dickbelegten Schinkenbröten. Leicht schwankend kam David ins Zimmer.

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