Wenn Tote schwarze Füße tragen
Kopf gehen zu lassen.
Ich gehe zu meinem Wagen, setze mich
hinters Steuer und fahre zum Littoral zurück.
* * *
Der Page Gérard hat heute abend wieder
Dienst. Gähnend kommt er auf mich zu. Offensichtlich hat er noch mit den Folgen
des gestrigen Besäufnisses zu kämpfen.
„Ein Monsieur Delmas möchte zu Ihnen,
M’sieur“, sagt er und weist auf einen Winkel der Hotelhalle, wo ein großer,
hell gekleideter Mann wartet, den Hut auf dem Hinterkopf, selbstsicher wie kein
zweiter, und einen Fotoapparat umgehängt. „Monsieur Delmas ist Reporter vom Echo
du Languedoc,
„Gerüchte verbreiten sich hier wie ein
Lauffeuer, was?“ lache ich. „Wo ist mein Freund Bruyèras?“
„Er hat Bescheid gesagt, daß er heute
nicht zur Arbeit kommen kann. Ich bin bei ihm zu Hause vorbeigegangen, um zu
sehen, was mit ihm los ist. Gestern haben wir ganz schön gebechert, erinnern
Sie sich?“
Er zwinkert mir komplizenhaft zu. Dann
faßt er sich mit gespreizten, runden Fingern, so als hielte er ein Ei in der
Hand, an sein rechtes Auge.
„ Caramba ! Der hat vielleicht
ein Auge! Muß sich wohl an einer Tür gestoßen haben.“
„Hat man ihm nicht vielleicht eher
eins aufs Auge verpaßt?“ wende ich ein.
„Glaub ich nicht. Wo sollte er sich
denn was gefangen haben?“
Fast hätte ich geantwortet: ,In meiner
Nähe’. Aber ich verkneife mir die Bemerkung. Ist auch nur so eine Idee von mir.
Wenn ich ihr auf den Grund gehen werde, dann mit Bruyèras persönlich, unter
vier Augen. Erst einmal will ich mich jedoch dem Reporter vom Echo du
Languedoc widmen. Wir gehen aufeinander zu.
„Ich bin Nestor Burma“, sage ich. „Sie
wollten mich sprechen?“
„Wenn es Ihnen recht ist...“
Wir schütteln uns die Hand. Er macht
einen sympathischen, pfiffigen Eindruck.
„Mein Name ist Gabriel Delmas. Ich
komme vom Echo du Languedoc.“
„Dem Blatt wahrscheinlich, dem nichts
entgeht?“
Er lächelt.
„Warum sagen Sie das? Weil ich hier
auf Sie gewartet habe? Wissen Sie, wir sehen immer die Gästelisten der großen
Hotels durch, auf der Suche nach irgendwelchen Berühmtheiten auf Reisen.
Manchmal bekommen wir auch einen Tip von den Hotelangestellten. Auf diese Weise
haben wir zum Beispiel erfahren, daß Sie hier abgestiegen sind.“
„Von Gérard vielleicht?“
„Ja, aber wir hätten’s sowieso
rausgekriegt. Na ja, Privatdetektiv Nestor Burma“, das ist schon nicht
schlecht. Und dazu auch noch ein Sohn der Stadt! Unser Chefredakteur meinte,
ich solle ein Interview mit Ihnen machen.“
Sein Lächeln wird breiter.
„Wenn Sie mich jetzt zum Teufel jagen
wollen, dann erschießen Sie mich bitte! So wäre meine Journalistenehre
gerettet.“
„Ach, Sie haben das Ding bemerkt?“
Lachend streiche ich mein Jackett
glatt.
„Sie schielen wohl gerne in fremde
Dekolletés, egal in was für eins, hm? Na schön, gehen wir nach oben und
plaudern wir ein wenig bei einem Aperitif.“
Oben dann, mit einem Glas in der Hand,
liefere ich Delmas alles, was er für seinen Artikel braucht. Er stenographiert
mit.
„Und jetzt noch eine letzte Frage,
Monsieur Burma“, sagt er und schiebt sich seinen Hut noch weiter auf den
Hinterkopf. „Sind Sie beruflich hier, oder machen Sie Urlaub?“
„Ich mache Urlaub. Familienbesuche und
so. Nichts Berufliches.“
„Aha! Und warum dann der Revolver?“
„Reine Gewohnheit. Es kommt sogar
manchmal vor, daß ich damit dusche.“
„Schreiben wir also: auf Urlaub.“
„Genau das.“
Er mustert mich.
„Was haben Sie denn da an der
Nasenwurzel, direkt zwischen den Augen?“ fragt er grinsend. „Man könnte meinen,
einen... Sonnenbrand?“
„Ja, das ist ein Sonnenbrand. Wir
Pariser... Ich bin zwar hier geboren, aber inzwischen bin ich hauptsächlich
Pariser... Wir Pariser, wissen Sie, haben eine äußerst empfindliche Haut.“
„Ja, ja. Schreiben wir also: auf Urlaub.“
„Ganz genau. Auf Urlaub. Hab’s
vergessen, Ihnen zu sagen.“
„Was denn?“
„Daß ich auf Urlaub bin. Werden Sie
sich’s merken können?“
„Hab’s notiert. Gestatten Sie, daß ich
ein Foto von Ihnen mache? Das wird den Artikel auflockern.“
Er macht sein Foto, mit Blitzlicht.
„Also dann, vielen Dank“, sagt er.
„Ich flitze jetzt schnell in die Redaktion und schreib’s runter, dann kann der
Artikel morgen früh erscheinen. Sieht man sich noch?“
„Wenn Sie heute abend Zeit haben und
sich in meiner Gesellschaft nicht langweilen... Ihr Gesicht gefällt mir,
Delmas. Ich bin hier geboren,
Weitere Kostenlose Bücher