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Wenn Tote schwarze Füße tragen

Wenn Tote schwarze Füße tragen

Titel: Wenn Tote schwarze Füße tragen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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wie gesagt, aber das ist schon so lange her, daß
ich mich wie ein Fremder fühle. Hab gehört, es gibt jetzt Nachtclubs in
Montpellier. Vielleicht könnten Sie mir den einen oder andern zeigen?“
    „Ah! Aber... Prima! Prima! Ich... Das
ist zuviel der Ehre! Um zehn bin ich mit dem Artikel fertig, dann hab ich frei.
Geht das?“
    „Das geht. Holen Sie mich auf der
Terrasse des Café Riche ab. Ich hab schließlich Urlaub, das muß ich
ausnutzen.“
    Der Junge ist ganz und gar nicht auf
den Kopf gefallen. Morgen, wenn sein Artikel erscheint, werde ich wissen, ob
ich ihm vertrauen kann... falls es nötig wird.

Das Doppelleben der Agnès Dacosta
     
     
     
    Ich kann. Sein Artikel ist frei von
hinterhältigen Anspielungen und Unterstellungen. Nichts läßt darauf schließen,
daß Gabriel Delmas sich eine eigene Meinung über Nestor Burmas Urlaub gebildet
hat. „...der berühmte Sohn unserer Stadt... der brillante Privatdetektiv Nestor
Burma...“ usw. Nicht dumm, dieser Delmas. Übrigens konnte ich mich schon heute
nacht auf unserer bescheidenen Tour durch die Nachtclubs der Stadt davon
überzeugen. Er hat mich nicht wie eine Jahrmarktsattraktion herumgezeigt. Solch
ein Verhalten muß belohnt werden. Ich lasse mich von der Telefonistin des Littoral mit dem jungen Journalisten verbinden. Er hat mir für alle Fälle seine Nummer
gegeben.
    „Ah, Monsieur Burma!“ ruft er, nachdem
ich mich gemeldet habe. „Na, haben Sie meinen Artikel gelesen? Das Foto ist
nicht besonders gelungen, nicht wahr?“
    „Macht nichts, dafür ist der Artikel
sehr gut. Und Sie auch.“
    „Ach! Ich bin sehr gut?“
    „Ja.“
    „Na ja, sehr gut.“
    „Eben. Und was ich Ihnen auch noch
sagen wollte... Man weiß ja nie... Ich mache Urlaub, was ich nicht oft genug
betonen kann, aber... Stellen Sie sich zum Beispiel einmal vor, daß ein
Schulfreund von mir mich um Hilfe bitten würde, mich, den Privatflic... Ich
könnte doch wohl kaum ablehnen, oder? Stellen Sie sich weiterhin vor, daß diese
Hilfe zu einem spektakulären Fall auswachsen würde... Können Sie mir folgen?“
    „Sehr gut sogar.“
    „Sie würden als erster davon erfahren.
Nicht gratis, damit wir uns richtig verstehen! Ich würde sicherlich eine
Gegenleistung von Ihnen verlangen. Einen intelligenten Kopf kann ich nämlich
immer gut gebrauchen.“
    „Großer Gott, das ist ja... Dann
bedanke ich mich schon mal im voraus.“
    „Reden Sie keinen Quatsch! Noch ist ja
nichts passiert. Wollte mich nur vergewissern, ob wir uns verstehen. So, das
wär’s. Bis demnächst dann, vielleicht.“
    Ich lege auf.
    Es ist Donnerstag, der 12. Mai,
vormittags. In den vierunddreißig Stunden, die ich mich nun hier in Montpellier
aufhalte, herbeigerufen, um das Geheimnis um das Verschwinden der kleinen
Dacosta k.o. zu schlagen, habe ich noch nichts Gescheites zustande gebracht.
Einen K.-o.-Schlag habe ich kassiert, die Schenkel einer rätselhaften Blondine
durfte ich bewundern und eine aufgeknüpfte, halbnackte Friseuse mit
zweifelhaften, todbringenden Besuchern entdecken. Was den Mord an der Brünetten
betrifft, so schweigen sich die Lokalzeitungen darüber aus. Die Tote wird wohl
immer noch einsam an ihrem Kronleuchter hängen, nur von Fliegen umgeben. Und
ich habe nicht vor, die Flics auf den Leichnam zu stoßen, bevor ich nicht mit
Agnès’ Bekannten, deren Namenslisten Dorville mir gegeben hat, und der
Direktorin ihrer Schule gesprochen habe. Schlußfolgerung: Es wird Zeit, daß ich
mich um diesen Personenkreis kümmere!
    Als ich in die Dauphine einsteige,
fällt mir die Banknote mit den Buchstaben O A S wieder ein, die 10 000 alten
Francs, die man mir so schnell wieder abgenommen hat. Auch darum sollte ich
mich kümmern. Aber auch wenn der Umschlag mit dem Geldschein in
Saint-Jean-de-Jacou eingeworfen wurde, so glaube ich doch nicht, daß eine
Spritztour in das Nest sich lohnt.
    Plötzlich läuft es mir eiskalt den
Rücken hinunter. Der Kerl, der die Banknote geklaut hat — sicher nicht
Bruyèras, trotz seines blauen Veilchens — , der Kerl, der meinem Adreßbuch die
Telefonnummern von Laura Lambert und Jean Dorville entnommen hat, muß auch die
Liste mit den Namen von Agnès’ Bekannten gesehen haben. Ich kann mir
ausrechnen, daß er auch zu ihnen Kontakt aufgenommen hat oder aufnehmen wird.
Kontakt zu... Verdammt! Ich mit meinen Medizinkenntnissen! Was hat mich auf den
Gedanken gebracht, daß Christine Crouzait bereits mehrere Tage tot sein müsse?
Was weiß ich denn? Was spricht

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