Wenn Werwolf-Pranken streicheln
öffnen. Das tat sie auch.
Der Fremde schaute für einen Moment auf den Koffer. Eine innere Stimme warnte Brenda, sie packte den Griff, hob den Koffer trotz seiner Schwere mit einem Ruck an und schleuderte ihn über die Rückenlehne des zweiten Sitzes hinweg in den Fond.
»Noch nicht«, sagte sie dabei und wunderte sich, woher sie den Mut zu dieser Bemerkung nahm.
Der Araber lachte nur. Schlangengleich wand er sich in den Wagen und hämmerte die Tür zu. »Fahr los!« drängte er in seinem harten Dialekt und schnallte sich an.
»Wohin?«
»Geradeaus!«
Brenda gab Gas. Himmel, jetzt stieg wieder die Furcht in ihr hoch. Sie wollte das Zittern unterdrücken, aber sie schaffte es einfach nicht. Auf ihrem Körper lag eine Gänsehaut, und ihre Augen hatten einen starren Glanz bekommen. Sie tat alles automatisch, ohne nachzudenken. Der Mann neben ihr roch nach fremden Gewürzen. Sie waren so scharf, daß Brenda nur flach atmete.
Die lange Mauer des Friedhofs huschte vorbei. Hin und wieder war sie durch Eingangstore unterbrochen. Über die Mauerkrone hinweg schauten die hohen Baumkronen, wo der Wind die frischen Blätter bewegte.
»Werden wir verfolgt?« fragte der Araber.
»Ich habe nichts bemerkt.«
»Hoffentlich nicht«, sagte er und lächelte grausam. »Es wäre für dich und das Kind schade.«
Brendas Herz klopfte schneller. Sie dachte an den Polizisten. >Wenn er sich nur an die Abmachung hält, ist schon viel gewonnenen.<
»Lebt Gwen noch?« fragte sie mit kratziger Stimme. Es hatte sie Überwindung gekostet, diesen Satz auszusprechen. Ihr Begleiter hob nur die Schultern.
»Ich habe aber das Geld.«
»Das weiß ich.« Er schaute zurück und legte dabei seine Stirn in Falten. Aber hinter ihnen befanden sich die Scheinwerfer zahlreicher Fahrzeuge, ohne daß ein bestimmtes davon aufgefallen wäre.
Nach einer Weile meinte der Fahrgast. »Wir werden nicht über die Themse fahren. Kennst du die Polo Grounds?«
»Ich habe davon gehört.«
»Dort fahren wir hin.«
Sie nickte nur. Natürlich kannte sie das große Areal der Polo Grounds. Dort fanden die Wettkämpfe statt, an denen sogar Mitglieder der Königsfamilie teilnahmen. Wer Polo spielte, gehörte nicht zu den Armen. Die Gegend dort konnte man als exklusiv bezeichnen. Sie nahmen nicht den direkten Weg. Chicane ließ das Mädchen einige Umwege fahren, weil sein Mißtrauen nach wie vor nicht verschwunden war und er mit Verfolgern rechnete.
Die Polo Grounds waren ein künstliches Stück Natur. Im Süden grenzte das Gebiet direkt an die Themse, zu den einzelnen Feldern führten Stichstraßen.
Die Gegend war um diese Zeit mehr als einsam. Brenda bekam das Gefühl, durch einen Tunnel zu fahren. Nicht eine Straßenlaterne warf ihr Licht auf die Zufahrt.
Die ersten Hinweisschilder erschienen wie bleiche Flecken rechts und links. Sie wiesen auf die verschiedenen Spielflächen hin. Brenda aber mußte weiterfahren, bis rechterhand ein Lichtpunkt erschien, der sich sehr schnell drehte.
Dort gab jemand ein Signal mit einer Taschenlampe.
»Langsamer fahren!« befahl Chicane.
Brenda ging mit dem Tempo herunter. Sie spürte, daß bald etwas geschehen mußte. Lange würde sie nicht mehr zu warten brauchen. Aber konnte sie Gwen auch dann in ihre Arme schließen?
Das Signal befand sich mitten auf der Fahrbahn. Der BMW rollte näher. Im hellen Teppich des Scheinwerferlichts erschien eine schmale Gestalt. Brenda hatte sie schon gesehen, als sie das erstemal angehalten worden war. Der Mann mußte eine Abkürzung genommen haben. Sie stoppte.
Neben ihr kurbelte Chicane die Scheibe nach unten. »Alles klar, Skinny?«
»Sicher. Ich habe niemanden entdeckt.«
»Das ist gut. Fahr weiter und den nächsten Weg rechts rein. Verstanden, Süße?«
Brenda nickte nur. Mit dieser Bewegung steigerte sich ihre Furcht. Sie dachte an die Romane, die sie oft genug gelesen hatte. Wenn die Stories sich mit Kidnapping beschäftigten und die Gangster sich ihren Opfern zeigten und sich sogar mit Namen ansprachen, dann sahen die Chancen für Zeugen zumeist schlecht aus.
Aber daran wollte sie jetzt nicht denken, sonst drehte sie noch vor dem Ziel durch.
Die Abzweigung war schmaler. Ein hoher Baum markierte sie an der rechten Seite. Brenda ließ den BMW über den asphaltierten Pfad rollen und sah auch das Schild. Es wies auf ein Clubhaus hin. Der Wagen rollte fast über eine kleine Allee, weil rechts und links Bäume standen. Auf Brenda wirkten sie wie starre Greifer. Vor dem Clubhaus
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